Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten. Hunter S. Thompson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hunter S. Thompson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783862871568
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      AN WILLIAM KENNEDY, SAN JUAN STAR:

       Das ist der Beginn einer Korrespondenz, die fast vierzig Jahre andauert.

      10. September 1959

      2437 Ransdell Ave.

      Louisville 4, Kentucky

      Mein Freundchen! Sie wollen also sagen, die Sache mit der Bronzetafel hat Sie genervt? Teufel, ich dachte, das wäre der beschwingteste Absatz, den ich seit Jahren geschrieben hätte. Mann, ich meine: Das war doch plas­tisch!

      So viel dazu. Ich kann es nicht anders sagen, Freund Kennedy, Ihr Brief hat mir Spaß gemacht. Das ist eine verrückte kleine Korrespondenz, die wir hier am Laufen haben, mein Lieber, und ich weiß nicht, ob ich lieber lachen oder weinen soll. Sogar Ihr erster Brief hat mir gefallen, und es war mir ein großes Vergnügen, eine Antwort darauf zu liefern. Es sind Verbindungen wie diese, die unser kurzes Leben ausmachen.

      Ihr arrogantes Angebot jedoch stimmt mich nachdenklich. Wenn Sie es ernst meinen – und das heißt ernst genug, um zu glauben, ich würde einen definitiven Essay zum Thema »Der Niedergang der amerikanischen Presse« auf drei doppelspaltigen Seiten in Angriff nehmen –, dann muss ich davon ausgehen, dass Ihr hoffnungsloser Optimismus nur noch übertroffen wird von der erschreckenden Unfähigkeit, den Umfang oder wahlweise die Tragweite des Themas zu erkennen, das ich abhandeln soll. Sie sind sich mit Sicherheit bewusst, dass der »Niedergang« der Presse seine Wurzeln in der psychopathisch anmutenden Selbstgefälligkeit der amerikanischen Öffentlichkeit hat … wofür nahezu ausnahmslos die unangemessenen Einrichtungen für Bildung und Erziehung die Schuld tragen … wofür wiederum maßgeblich die Presse verantwortlich ist … und worunter sie jetzt selbst leidet, da aus Zeitungsleuten eine Brut unbrauchbarer Schreiberlinge und Klatschreporter geworden ist … und immer so weiter in diesem allzu vertrauten Teufelskreis, der letztlich nur durchbrochen werden kann, wenn zugleich das größte und hoffnungsvollste politische Experiment in der Geschichte der Menschheit scheitert …

      So, nachdem ich das losgeworden bin und davon ausgehe, dass die Presse von heute mit »abstrakten Verallgemeinerungen« nichts anzufangen weiß, kann ich es noch einmal anders versuchen und nehme an, dass Ihr Angebot auf Ihren nicht zu leugnenden Sinn für Humor gründet; und dass Sie in der ersten Ausgabe nur einen plappernden Beatnik in die Mangel nehmen wollen, der die lächerliche Frechheit besitzt, vor allem nach einer Arbeit zu suchen, bei einem ganz heißen neuen Blatt wie dem San Juan Star.

      Glücklicherweise spielen in diesem Fall Ihre Motive für mich keine große Rolle. Ich würde diesen Artikel gerne schreiben, egal ob Sie ihn nehmen oder nicht, und ich würde es auf einen Versuch ankommen lassen. Wenn ich Zeit finde und ich die Geschichte zu meinem eigenen Vergnügen schreiben kann, schick ich Ihnen den Artikel noch vor dem 1. Oktober. Was Sie dann damit machen, ist Ihre Sache. Und wegen meiner Briefe – ich habe, sollte ich den Artikel schreiben, keine Einwände, dass sie erscheinen. Auf jeden Fall werde ich mich in naher Zukunft wieder bei Ihnen melden, entweder um den Artikel zu schicken oder Ihnen mitzuteilen, warum ich es nicht tue.

      Bis dahin verbleibe ich

      kontrovers,

      Hunter S. Thompson

      AN WILLIAM KENNEDY, SAN JUAN STAR:

      Während er sich in seinem alten Zimmer verschanzt, um an Prince Jellyfish zu feilen, nimmt sich Thompson die Zeit, für Kennedy einen Einakter zur Publikation im San Juan Star zu schreiben.

      1. Oktober 1959

      2437 Ransdell Ave.

      Louisville 4, Kentucky

      Mein lieber Schreiberling,

      hier ist Ihr Stück, Kumpel, und ich bin der Erste, der seine Beat-Generation-Kappe ablegt, wenn Sie den Mumm haben, es zu veröffentlichen.

      Es ist nicht exakt das – so hoffe ich –, worum Sie mich gebeten, was Sie erwartet hatten. Sie wissen genau wie ich, dass dieses Thema nicht auf »ungefähr drei zweispaltigen Seiten« abgehandelt werden kann. Und deshalb habe ich mir überlegt, dass dies die beste Form dafür ist: ein grobschlächtiges Drama der niederen Art. Natürlich ist es eine Farce, wenn auch eine, die es in sich hat; und ich denke, der Text spricht für sich. Sie sagten mir, ich könne so kontrovers sein wie ich möchte, und ich habe Sie beim Wort genommen.

      Sie könnten die Ironie, die da drinsteckt, noch befördern, indem Sie mein Drama verhackstücken, damit es in eine Raumkapsel passt. Es würde mich kein bisschen wundern, wenn Sie das täten, also sage ich Ihnen hiermit: Wenn Sie es nicht so bringen wollen, wie es ist, dann schicken Sie es mir wieder. Und seien Sie sich darüber im Klaren, dass Sie mich in diesem Fall nicht nur in meiner Skepsis, sondern auch in meiner Kritik bestärken würden.

      Wenn Sie sich aber entscheiden, es zu veröffentlichen, würde ich mich sehr freuen, wenn Sie mir fünf Belegexemplare zusenden. Die Kosten können Sie mit dem Scheck für das Drama verrechnen. Machen Sie das ruhig so, die Unkosten nehme ich gerne in Kauf.

      Sie haben meine Genehmigung, jeden der Briefe oder auch alle zusammen zu verwenden. Von Ihnen als einem kompetenten Journalisten erwarte ich, dass Sie meine Zitate aus dem Zusammenhang reißen, meine Arbeit verhöhnen, mich auf jede erdenkliche Art beleidigen und mich überhaupt im Namen des Unterhaltungsanspruchs der Zeitung ans Kreuz nageln. Mir ist es absolut egal, was Sie mit den Briefen anstellen – Sie dürfen sie sogar umschreiben –, aber wenn Sie an dem Theaterstück herummachen, etwas streichen oder hinzufügen oder auf irgendeine andere Weise den Wortlaut verändern, dann werde ich dafür sorgen, dass Sie Ihre Indiskretion bereuen.

      Genau genommen hat mich Ihr letzter Brief überrascht, und vielleicht schulde ich Ihnen über kurz oder lang eine Entschuldigung für all meine Ausfälligkeiten. Das hoffe ich, aber ich denke, es ist besser, mir zunächst einmal diese erste Ausgabe anzusehen, ehe ich meinen Dolch beiseite lege.

      Und denken Sie an die fünf Exemplare. Bis ich diese bekomme oder Sie das Stück zurückschicken, verbleibe ich

      Misstrauisch

      Hunter S. Thompson

      VON WILLIAM KENNEDY, SAN JUAN STAR:

      In Abstimmung mit William Dorvillier, dem Verleger des San Juan Star, lehnt Kennedy den Einakter von Thompson rundheraus ab. Kennedy – der Thompson in späteren Jahren als kritischer Leser beim Schreiben zur Seite steht – rät ihm, bei der Literatur zu bleiben.

      22. Oktober 1959

      San Juan

      Puerto Rico

      Freund Hunter:

      Ich schicke Ihnen das Stück zurück.

      Sie haben mich enttäuscht. Ich habe einen ernsthaften Essay zu einem ernsthaften Thema erwartet. Doch Sie haben einen Packen aufgewärmter Klischees mit internen Anspielungen abgeliefert. Sie werfen Fragen auf, nur um dann abzudriften und in verrückten Dummheiten zu enden.

      Es würde keinen Mumm brauchen, um dieses Stück zu veröffentlichen. Höchstens Dummheit.

      Das Theaterstück hat seine guten Momente. Wie etwa der Teil über Lincoln. Hier zeigt sich, dass Sie als Autor dann gut sind, sobald Sie auf etwas Neues gestoßen sind, das sich zu erzählen lohnt.

      Ich wünsche Ihnen ganz ehrlich alles Gute für Ihr Buch. Wenn es Ihnen ernst damit ist, tun Sie gut daran, sich vom Journalismus zu verabschieden.

      Nur einen Rat will ich Ihnen noch geben: hören Sie damit auf abzuschreiben. Und schauen Sie mal bei Gelegenheit hier vorbei. Wir könnten uns gegenseitig bei einer Flasche Rum beschimpfen.

      Adios, Katze

      William J. Kennedy

      Geschäftsführender Redakteur

      AN WILLIAM KENNEDY, SAN JUAN STAR:

      Aufgebracht darüber, dass jemand vom San Juan Star seinen Einakter als »angeberisches Gefasel« bezeichnet hat, holt