Mit der Zeit fand sich Tom Walker mit dem Verlust seiner Frau und der Wertsachen ab. Ja er begann langsam so etwas wie Dankbarkeit für den schwarzen Mann aus dem Wald zu empfinden, der ihn von seiner zänkischen Alten erlöst hatte. Das; gab ihm schließlich den Wunsch ein, den Teufel doch wieder einmal zu treffen, aber was immer er auch tat, der schwarze Mann ließ sich nicht mehr sehen. Denn man muss wissen, auch der Teufel macht sich gern rar. Es ist nicht so leicht, ihn zu beschwören, und er weiß sehr genau, wann er seine Karten ausspielen muss, um ein Spiel zu gewinnen.
Endlich, als Tom schon jede Hoffnung aufgegeben hatte, den Schatz doch noch zu gewinnen, traf er den schwarzen Mann, der die Kleidung eines Holzfällers trug und ein Lied pfiff, auf einer. Waldlichtung. Er schien sich wenig um Tom zu scheren und wollte pfeifend weitergehen, und erst als Walker lange vergeblich auf ihn eingeredet hatte, ließ er sich dazu herab, stehen zu bleiben, um noch einmal über den Seeräuberschatz zu verhandeln. Über die eine Bedingung braucht hier kein Wort verloren zu werden, denn sie ist aus allen Verträgen, die der Teufel je einem menschlichen Wesen vorgeschlagen hat, nur zu wohl bekannt. Doch in diesem Fall bestand der Böse noch auf einer zweiten Klausel. Er forderte von Tom Walker, dass alles Geld und Gold wiederum in einem teuflischen Unternehmen angelegt werden müsse. Mit anderen Worten, er schlug Tom Walker vor, Sklavenhändler zu werden. Das lehnte Tom ab. Er war ein böser Mensch, ohne Zweifel, das war er. Aber selbst der Teufel konnte ihn nicht dazu verleiten, sich am Sklavenhandel zu beteiligen.
Als der Teufel merkte, dass Tom in diesem Punkt auf keinen Fall mit sich reden ließ, machte er einen anderen Vorschlag. Er verlangte, Tom solle seinen neu gewonnenen Reichtum im Geldleihgeschäft anlegen.
Hiergegen hatte Tom nichts einzuwenden, denn es war ein Geschäftszweig, in dem er sich schon immer zu arbeiten gewünscht hatte.
»Du wirst also nächsten Monat in Boston eine Geldleihe eröffnen«, sagte der schwarze Mann.
»Schon morgen, wenn du willst«, sagte Tom Walker.
»Du wirst das Geld mit zwei Prozent im Monat ausleihen.«
»Ich schlage vor, ich nehme vier Prozent.«
»Du wirst viele Kaufleute in den Bankrott treiben!«
»Ich werde sie dem Teufel in die Hölle schicken«, schrie Tom Walker eifrig.
»Du wirst mein Wucherer werden«, sagte der Schwarze freudig, »wann soll ich dir den Schatz geben?«
»Noch heute Nacht.«
»Abgemacht«, sagte der Teufel.
»Abgemacht«, sagte Tom Walker. Sie schüttelten sich die Hände und besiegelten den Vertrag. Schon ein paar Tage später saß Tom Walker hinter dem Schalter einer Geldverleihe in Boston. Sein Ruf verbreitete sich schnell. Er konnte immer Geld beschaffen. Und man wird sich erinnern, dass damals zur Amtszeit von Gouverneur Belcher das Bargeld knapp war. Es war die Zeit der Kredite, die nur auf dem Papier standen. Das Land war überschwemmt mit Schuldverschreibungen der Regierung. Die berühmte Bodenbank war soeben gegründet worden. Jedermann spekulierte. Die Leute verloren den Kopf über den gewagtesten Plänen mit neuen Siedlungen in der Wildnis. Überall wiesen Bodenspekulanten Landkarten vor, auf denen sagenhafte Bodenschätze verzeichnet standen.
Zu dieser Zeit und unter diesen Umständen wird es verständlich erscheinen, dass Tom Walkers Geschäft blühte. Die Kunden rannten ihm die Türen ein. Arme kamen, die Abenteuerlustigen kamen. Die hochspielenden Glücksritter, die Bodenspekulanten und die ruinierten Geschäftsleute blieben nicht aus. Sie alle liefen zu Tom Walker. Und scheinbar war er für alle der gute Helfer in der Not. Jedoch nur, um sie am Ende desto erbarmungsloser und grausamer auszubeuten oder sie ganz und gar zu vernichten.
Auf diese Art brachte er es zu großem Reichtum. Er baute sich ein großes Haus, schaffte sich schöne Karossen an und trieb großen Aufwand mit seiner Kleidung.
Als Tom alt und grau wurde; kamen ihm ganz andere Gedanken. Alles, was diese Welt zu bieten hatte, besaß er, aber wie würde er in jener anderen Welt einmal dastehen? Mit Bedauern dachte er an den Vertrag, den er einst im Sumpfwald mit dem schwarzen Mann geschlossen hatte, und er sann darauf, den Teufel um seinen Lohn zu betrügen. Plötzlich wurde er ein eifriger Kirchgänger. Er betete laut und viel, ja er setzte sich sogar dafür ein, dass Quäker und Wiedertäufer nicht verfolgt werden sollten. Trotz alledem konnte er die Angst nicht loswerden, dass der Böse doch eines Tages unbarmherzig von ihm die Schulden eintreiben werde, die auf jenem alten Vertrag verzeichnet standen. Der Teufel, so dachte er sich, solle ihn nicht unvorbereitet überraschen, und deshalb lag auf dem Tresen seiner Geldausleihe stets eine Foliobibel, in der er las, wenn er gerade einmal keinen Kunden bediente.
Auch erzählt man sich, Tom Walker sei auf seine alten Tage etwas seltsam geworden. So habe er seine Pferde mit umgekehrten Hufen beschlagen lassen und ihnen auch den Sattel auf den Bauch gebunden, weil er gelesen hatte, dass am Tag des Jüngsten Gerichts alles von oben nach unten gekehrt.werden würde. Doch muss der Erzähler hier einfügen, dass er solche Verrücktheiten einfach nicht glauben will und es den alten Weibern überlässt, sie für bare Münze zu nehmen.
An einem heißen Sommernachmittag in den Hundstagen war es, als in Boston eine schwarze Gewitterwand am Himmel aufzog. Tom saß in seinem Geschäft. Er trug eine weiße Leinenkappe und einen Morgenmantel aus indischer Seide. Er war gerade damit beschäftigt, die Schulden eines Bodenspekulanten zu berechnen, für den er angeblich immer große Freundschaft empfunden hatte, und den diese Abrechnung nun endgültig ruinieren musste. Sein Gläubiger stand bei ihm und bat um ein paar Tage Aufschub.
»Wenn du auf der Stelle das Geld von mir forderst, bin ich bankrott, und du bringst meine Familie ans Hungertuch«, jammerte der Mann.
»Nächstenliebe beginnt im eigenen Haus«, antwortete Tom, »in schweren Zeiten ist sich jeder selbst der Nächste.«
»Du hast doch soviel Geld mit mir verdient«, sagte der Spekulant, »bitte, hab doch wenigstens diesmal ein Einsehen!«
»Der Teufel soll mich holen«, schrie ihm Walker ins Gesicht, »wenn ich auch nur einen Pfennig an dir verdient habe.«
In diesem Augenblick klopfte jemand laut an der Eingangstür. Tom ging hin, um zu öffnen. Und wen sah er da? Draußen stand ein schwarzer Mann, der am Halfter ein schwarzes Pferd hielt, das ungeduldig mit den Hufen stampfte.
»Tom«, sagte der schwarze Mann mit finsterer Stimme, »ich komme dich holen.«
Tom sprang zurück. Aber es war zu spät. Nichts half ihm die kleine Bibel, die er immer in der Westentasche bei sich trug. Nichts half ihm die große Foliobibel, die auf dem Tresen lag. Der schwarze Mann packte ihn im Nacken, hob ihn auf das Pferd, sprang selbst hinter Tom auf und jagte mit ihm durch den Gewitterregen davon. Der Morgenrock flatterte im Wind, und bei jedem Schritt sprangen Funken unter den Hufen des Pferdes hervor. Im Nu waren die beiden Reiter verschwunden.
Tom Walker kehrte nie zurück, um jene Schuldenberechnung abzuschließen. Ein Landmann aber will an diesem Tag die beiden Reiter auf einem Pferd gesehen haben, wie sie in die Sümpfe hineingaloppierten. Dann soll ein Blitzschlag zur Erde gezuckt sein, so stark und mächtig, dass er ein ganzes Waldstück in Brand steckte. Die guten Leute von Boston schüttelten ihre Köpfe und zuckten die Schultern, aber sie waren so vertraut mit Hexen, Gespenstern und mit den Gewohnheiten des Teufels, dass sie sich über all diese seltsamen Vorkommnisse weniger ängstigten, als man annehmen sollte.
Jonny Appleseed
oder: der Wanderer, der Gutes tat
Ah einem schönen Frühlingstag des Jahres 1806 beobachteten Siedler in Jefferson County, Ohio, ein seltsames Fahrzeug mit. einem sonderbaren Mann und einer ungewöhnlichen Ladung.
Mit zwei aneinandergebundenen Kanus transportierte er eine Ladung Apfelkerne nach dem Westen. Er fuhr den Ohio hinunter