Games | Game Design | Game Studies. Gundolf S. Freyermuth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gundolf S. Freyermuth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783862871766
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v. Chr.) oder das KÖNIGLICHE SPIEL VON UR (Sumer, 2600 v. Chr.). Im fünften Jahrhundert vor Christus beschrieb der griechische Historiker Herodot gar, wie es angeblich 700 Jahre zuvor die kleinasiatischen Lyder, denen auch die Erfindung des Gelds zugeschrieben wird, durch Brett-, Würfel- und andere Spiele vermochten, eine langwährende Hungersnot erst über Jahre hinweg zu ertragen und dann mit einem letzten Spiel auch einer Lösung zuzuführen, die dem Überleben des Gemeinwesens diente.6 Die Game-Design-Theoretikerin Jane McGonigal vermutet in dieser historischen Funktion analoger Spiele auch die Zukunft digitaler:

      PRIMÄRE, SEKUNDÄRE UND TERTIÄRE MEDIALITÄT

       zum einen im Bereich der Schrift durch den Buchdruck, der erstmals eine standardisierte Vervielfältigung in zudem höheren Stückzahlen ermöglichte;

       zum zweiten im Bereich des Bildes durch die mathematisch basierte Perspektivtechnik, die zu einem zuvor unbekannten visuellen Realismus führte;

       zum dritten im Bereich audiovisueller Darstellung durch die Akkumulation einer Vielzahl mechanischer Techniken in eigens errichteten Theaterbauten – u.a. perspektivisch gezeichnete und perspektivisch arrangierte Kulissen, Hebebühnen, Vorhänge, Zurichtung des Blicks durch die Sistierung des Publikums –, aus denen in der Summe ein neuer audiovisueller Realismus resultierte.

      Als Gegenstück zum Kirchenschiff, dem zentralen fantasmatischen und öffentlichen Sakralraum der agrarischen Epoche, bildeten das Theater und seine Guckkastenbühne am Ende der von allmählicher Säkularisierung geprägten mechanischen Epoche den zentralen fantasmatischen und öffentlichen Profanraum individueller Sammlung, Erziehung und Selbstverständigung. Der neue Horizont, den die realistische audiovisuelle Nachahmung des Lebens eröffnete, ließ die Bühne zum Leitmedium werden:

      Zur gleichen Zeit durchlebten Spiele sekundärer Medialität – insbesondere Brett- und Kartenspiele wie SCHACH oder BLACKJACK – durchlebten einen kontinuierlichen Prozess der Standardisierung. Er gelang in Parallele zu der Fertigung der Spiele durch Druck und andere mechanische Verfahren und der Durchsetzung ihrer lokalen, regionalen, nationalen und schließlich internationalen Distribution. Vor allem in der industriellen Epoche kam es dann auch zur Erfindung einer Vielzahl neuer Spiele sekundärer Medialität – von dem sehr preußischen KRIEGSSPIEL (1824) über das sehr amerikanische MONOPOLY (seit 1933) bis zu DUNGEONS AND DRAGONS (1974). Die meisten dieser Neuschöpfungen waren zwar deutlich als Ausdruck spezifischer nationaler (Sub-) Kulturen zu erkennen, fanden aber massenhafte und interkulturelle Verbreitung.

      Einige dieser Radio- und TV-Shows versuchten nicht nur die Studiogäste zu involvieren, sondern auch einzelnen Repräsentanten des ›abwesenden‹ und passiv gestellten Radio- und Fernsehpublikums medial vermittelte Partizipation zu ermöglichen. Ein besonders interessantes Beispiel gab etwa in der Bundesrepublik die Spielshow DER GOLDENE SCHUSS (1964-1970). In ihr konnten Anrufer durch Sprachkommandos eine Apparatur, die eine Kamera und eine Armbrust verband, fernsteuern und schließlich zum Abschuss bringen. Die innovative Kombination von visueller Perspektive und Interaktivität lässt sich heute als eigentümliche Antizipation