Reform oder Blockade. Andreas Zumach. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andreas Zumach
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783858699121
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sechs bis zehn nachfolgenden Länder Großbritannien, Frankreich, Italien, Brasilien, Kanada und Russland kommen für weitere 20 Prozent auf. Die Schweiz steht mit einem Anteil von 1,05 Prozent auf Platz siebzehn der Beitragsskala.

       Budget für die UNO-Friedensoperationen

      Zusätzlich zum regulären Haushalt der Vereinten Nationen leisten die Mitgliedstaaten Pflichtbeiträge zur Finanzierung der Friedensoperationen mit bewaffneten Blauhelmsoldaten oder unbewaffneten Militärbeobachtern (Blaumützen). Für diese Friedensoperationen gilt ein modifizierter Verteilungsschlüssel, der die Mitgliedstaaten in zehn verschiedene Ländergruppen einteilt und Entwicklungsländern mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen zusätzliche Abschläge einräumt. Deren Kosten werden von den fünf ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats als Zuschlag auf deren Basisbeitragssätze getragen. Darin kommt auch die besondere politische Verantwortung der ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats für die Erhaltung von Frieden und Sicherheit zum Ausdruck.

      Für die USA galt auch hier ursprünglich ein fester Beitragsanteil in Höhe von 30 Prozent. In den neunziger Jahren setzte Washington zunächst eine Absenkung auf 25 Prozent durch, die unter der Obama-Administration zeitweise auf über 27,8 Prozent erhöht wurde. Die Trump-Adminsitration senkte den Beitrag wieder auf 25 Prozent. Auch die andern vier ständigen Ratsmitglieder Frankreich, Großbritannien, China und Russland entrichten prozentual höhere Pflichtbeiträge an dieses Budget als an den regulären UNO-Haushalt. Da Anzahl und Dauer der Friedensoperationen schwanken und derartige Einsätze nicht langfristig planbar sind, variieren das Budget und die von den Mitgliedstaaten zu entrichtenden Beiträge stärker als der reguläre UNO-Haushalt und dessen prozentuale Pflichtanteile. Aus diesem Grund wird das Budget für die Friedensmissionen auch immer nur für ein Jahr beschlossen.

       Budgets der Strafgerichtshöfe für Ex-Jugoslawien und Ruanda

      Über je eigene reguläre Haushalte verfügten die vom Sicherheitsrat 1993/94 etablierten Internationalen Strafgerichtshöfe für Ruanda und für das ehemalige Jugoslawien, die ihre Arbeit 2014 beziehungsweise Ende 2017 beendeten. Die Beitragszahlungen wurden je zur Hälfte nach der Skala für den regulären UNO-Haushalt und derjenigen für Friedensoperationen erhoben.

       Haushalte der Sonderorganisationen und der Spezialprogramme des UNO-Systems

      Die achtzehn Sonderorganisationen des UNO-Systems sind rechtlich, organisatorisch und finanziell selbständige internationale Organisationen, die gemäß Artikel 63 der UNO-Charta durch völkerrechtliche Verträge mit der UNO verbunden sind. Die Zusammenarbeit dieser Organisationen mit den Vereinten Nationen und auch untereinander wird durch den Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) koordiniert. Daher finanzieren sich diese Sonderorganisationen auch autonom von der UNO durch Pflichtbeiträge und freiwillige Zahlungen ihrer jeweiligen Mitgliedstaaten, die auch den jährlichen oder zweijährlichen Haushalt der Organisationen beschließen.

       Die achtzehn Sonderorganisationen des UNO-Systems

       a) Technische Organisationen

      –Weltpostverein (WPV, engl. UPU) in Bern (Schweiz)

      –Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in Genf (Schweiz)

      –Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) in Montréal (Kanada)

      –Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) in London (Großbritannien)

      –Internationale Fernmeldeunion (ITU) in Genf (Schweiz)

       b) Sozialer, kultureller und humanitärer Bereich

      –Internationale Arbeitsorganisation (IAO, engl. ILO) in Genf (Schweiz)

      –Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf (Schweiz)

      –Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) in Paris (Frankreich)

      –Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) in Wien (Österreich)

      –Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in Rom (Italien)

      –Weltorganisation für Tourismus (UNWTO) in Madrid (Spanien)

      –Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf (Schweiz)

       c) Finanzorganisationen

      –Internationaler Währungsfonds (IWF) in Washington D.C. (USA)

      –Weltbank-Gruppe in Washington D.C. (USA)

      –Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD)

      –Internationale Entwicklungsorganisation (IDA)

      –Internationale Finanz-Corporation (IFC)

      –Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) in Rom (Italien)

      Bei allen achtzehn Sonderorganisationen machen die freiwilligen Zahlungen der Mitgliedstaaten einen weit größeren Anteil der Finanzierung aus als die Pflichtbeiträge.

      Dasselbe gilt für die dreizehn Spezialprogramme und Fonds der Vereinten Nationen wie das Umweltprogramm (UNEP), das Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR), das Kinderhilfswerk (UNICEF) und das Welternährungsprogramm (WFP) und das Entwicklungsprogramm (UNDP). Diese Spezialprogramme und Fonds sind im Unterschied zu den achtzehn Sonderorganisationen zwar nicht rechtlich unabhängig von der UNO, doch ihre Arbeit wird nur zu einem sehr geringen Teil aus dem regulären UNO-Haushalt finanziert und ist zu über 90 Prozent abhängig von freiwilligen Beiträgen der 193 UNO-Mitgliedsländer.

      Von den insgesamt rund 53 Milliarden US-Dollar, die für die Finanzierung aller Aktivitäten des weltweiten UNO-Systems 2019 budgetiert wurden, sollten lediglich knapp 40 Prozent durch völkerrechtlich verbindliche Pflichtbeiträge erbracht werden. Der größere Anteil von 60 Prozent war abhängig von freiwilligen Beiträgen der Mitgliedstaaten. Dieses Verhältnis hat sich in den dreißig Jahren seit Ende des Kalten Krieges, in denen sich die Gesamtkosten des UNO-Systems wegen der ständig gestiegenen Anforderungen von 10 auf 53 Milliarden Dollar erhöhten, immer stärker zuungunsten der Pflichtbeiträge verschoben. Das ist eine sehr unsolide Finanzierungsstruktur. Denn sie führt zu immer größerer Abhängigkeit des UNO-Systems von kurzfristigen Interessen und Entscheidungen der Mitgliedsländer und macht eine verlässliche längerfristige Planung immer weniger möglich.

       Notwendige Reformen der Finanzierung des UNO-Systems

      Voraussetzung für eine grundlegende Reform der Finanzierung des UNO-Systems, die seine Handlungsfähigkeit und Wirksamkeit garantiert, wäre die Bereitschaft der Mitgliedstaaten, ihre Beiträge an die Weltorganisation deutlich aufzustocken und einen möglichst großen Anteil dieser Beiträge nicht freiwillig, sondern auf einer völkerrechtlich verpflichtenden Basis zu leisten.

      Eine Möglichkeit wäre es, die UNO-Beiträge nach einem festen Prozentsatz des weltweiten Bruttoinlandproduktes (BIP) zu bestimmen. 0,06 Prozent des globalen BIP im Jahr 2019 in Höhe von 87,55 Billionen US-Dollar, aufgebracht durch verbindliche Pflichtzahlungen der Mitgliedsländer in Höhe von 0,06 Prozent ihres jeweiligen nationalen BIP, hätten verlässliche Finanzmittel für das UNO-System in Höhe von 52,5 Milliarden US-Dollar erbracht statt der unverbindlich budgetierten, zu 80 Prozent in Form freiwilliger Beiträge zugesagten 53 Milliarden.

      Möglich wäre die verlässliche und ausreichende Finanzierung des UNO-Systems auch durch eigens zu diesem Zweck erhobene Steuern. Das könnten ausdrücklich »UNO-Steuern« sein, die jeder UNO-Mitgliedstaat von allen steuerpflichtigen Bürgern erhebt. Denkbar wäre auch, eine künftig international erhobene Finanztransaktionssteuer für die Finanzierung des UNO-Systems zu nutzen oder auch eine Treibhausgassteuer, mit der gleichzeitig weltweit die