Malik lächelt bei der Vorstellung und nickt. Stumm fordert er mich auf, alles zu erzählen, denn ich habe seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
„Gern würde ich behaupten, dass Averys Geburt ein freudiges Ereignis voller Glück war, aber das war es nicht. Ich war so furchtbar traurig, dass Jimmy nicht da war. Ehrlich gesagt, wollte ich sie nach der Geburt nicht einmal in den Arm nehmen. Es bringt mich fast um, das zuzugeben.“
„Verständlich“, sagt Malik.
Ich nicke. „Ja. Irgendwann habe ich das verstanden. Meine Mom ließ mir aber keine Wahl. Sie trat an Jimmys Stelle. Sie hat Avery als Erste gehalten. Und sie hat Avery auf meine Brust gelegt. Mich gezwungen, sie zu halten. Und … Malik, es war, als ob sich ein Ventil geöffnet hätte, als ich sie schließlich angesehen habe. Ich hatte erwartet, in diesem magischen Augenblick in eine Kopie von Jimmys Gesicht zu sehen, aber seien wir mal ehrlich … alle Babys sehen gleich aus mit ihren verbeulten Gesichtern.“
Malik lacht auf. „Total.“
Ich grinse und die Schwere ist gewichen. „Aber als ich sie dann angesehen habe, war es Liebe auf den ersten Blick. In dem Moment wusste ich, dass ich um Jimmy trauern konnte und trotzdem voller Hoffnung, Liebe und Glück für Avery sein. Dass es in Ordnung ist, glücklich zu sein. Es war ein Moment der Klarheit. Meine Tochter startete meinen Heilungsprozess. Jeden Tag macht sie mich immer froher.“
Er blickt mich an und denkt über meine Worte nach. „Es braucht Zeit, nicht wahr?“
Malik stellt diese Frage nicht, als ob das eine Theorie zu meiner Trauer ist. Er fragt für sich selbst.
Ohne nachzudenken, strecke ich die Hand aus und lege sie auf seine. Er zuckt nicht zusammen oder registriert meine Berührung irgendwie, doch er zieht seine Hand auch nicht weg. „Ja. Es braucht Zeit.“
Zu meiner Überraschung dreht er seine Hand, bis er seine Finger um meine legen kann. Er sieht mich so durchdringend an, wie ich noch nie angesehen wurde.
„Es tut mir unsagbar leid, dass Jimmy gestorben ist. Ich hätte sofort mit ihm getauscht, wenn das möglich wäre.“
„Das würde ich nie von dir verlangen.“ Ich drücke seine Hand. „Ich glaube, dass Gott seine Pläne mit uns hat. Ich versuche nicht, so zu tun, als ob ich sie verstehen würde. Aber es wirkt heilend, zu akzeptieren, dass es außerhalb unserer Kontrolle liegt. Das Beste, was wir tun können, ist mit dieser Akzeptanz ein gutes Leben zu leben.“
„Tapfere Worte“, sagt er leise.
Er drückt mich noch einmal und zieht seine Hand fort. Vielleicht, weil der Kontakt seltsam erscheinen mag, doch wie es aussieht, ist er nur hungrig. Er nimmt sein Sandwich auf und beißt ab.
„Noch eine Sache“, sage ich, während er kaut. Er hebt die Augenbrauen als Zeichen, dass er zuhört, egal was für einen weisen Ratschlag ich noch auf Lager habe. Ich beuge mich vor und sehe ihn ernst an. „Gib Corinne eine Chance. Nach Jimmys Tod war ich ein paarmal bei ihr, und es war ein riesiger Unterschied, wie ich mit meinen Gefühlen auf gesunde Art fertig werden konnte. Ich bin auch immer für dich da, zum Reden, aber Corinne ist ein Profi und sehr gut in ihrem Fach.“
Malik kann seine Mimik nicht verbergen, die zeigt, dass er gegen die Therapie ist. Doch später wird er mir danken, wenn er der Sache auch nur den Hauch einer Chance gibt. Er hat schwere Traumata zu überwinden, nicht nur, weil er seine Freunde verloren hat. Er musste Folter und Isolation ertragen. Ich hoffe, dass er versteht, dass es für sein späteres Glück wichtig ist, alles auf sichere Art zu verarbeiten und zu lernen, es zu akzeptieren. Ich bin entschlossen, ihm dabei zu helfen.
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