Auf der gegenüberliegenden Seite des Hauptschiffs befindet sich die Kapelle des hl. Januarius (Cappella del Tesoro di San Gennaro) mit der berühmten Phiole, die bei der jährlichen Blutwunder-Zeremonie ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt (→ Kasten). Die auch für neapolitanische Verhältnisse ungewöhnlich üppige Ausstattung finanzierte das städtische Bürgertum nach dem glücklichen Ende einer Pestepidemie. Für die Kunstwerke verpflichtete man die damalige Crème de la Crème und scheute dabei keinerlei Kosten. Herausragend sind die Fresken aus dem 17. Jh. von Domenichino und Giovanni Lanfranco und der Hochaltar von Francesco Solimena.
Übrigens: Wenn über Mittag der Dom geschlossen hat, ist die Kapelle weiter über die Domschatzkammer (→ unten) zugänglich.
♦ Dom: Mo−Sa 8.30−13.30 und 14.30−19.30, So 8−13 und 16.30−19.30 Uhr. Baptisterium: 9.30−12 und 16.30−19, So 8−12 Uhr. 1,50 €.
Duomo San Gennaro: Blutwunder oder Scharlatanerie?
San Gennaro, um 305 n. Chr. verstorbener Bischof und Märtyrer, ist gleichzeitig Patron der Kathedrale sowie Schutzheiliger der Stadt Neapel. Rationalisten mokieren sich in schönster Regelmäßigkeit über einen seltsamen Hype, der zwei- bis dreimal im Jahr veranstaltet wird und sich um den Heiligen als Hauptperson dreht. Besser gesagt: um ein paar Phiolen mit einer rostrot-braunen Substanz. Die Neapolitaner glauben, dass die sorgsam in einer Seitenkapelle des Doms verwahrten Ampullen das (eingetrocknete) Blut des hl. Januarius enthalten. Geht es der Stadt und den Bewohnern gut, dann verflüssigt sich das Blut im Zuge eines Kirchenrituals, das alljährlich am ersten Maiwochenende und am 19. September, dem Namenstag des Heiligen, stattfindet. Schwierig wird es dann, wenn das Wunder seine Schuldigkeit versagt und sich das Blut nicht verflüssigt. Jeder Neapolitaner weiß von Katastrophen zu berichten, bei denen dies geschah: Beim Erdbeben im Jahr 1980 starben über 2000 Menschen. Und wurde nicht 1988, inmitten der goldenen Jahre, der Fußballverein SSC Neapel nur Zweiter − hinter dem ungeliebten Rivalen Inter Mailand? Andererseits ist bei Neapolitanern das Schicksalsjahr 1631 fest im Gedächtnis verankert, als lediglich die auratische Kraft − und das Blut − des Heiligen die große Pestkatastrophe als Folge eines Vesuvausbruchs zu verhindern half. An das Ereignis gedenkt u. a. die Guglia di San Gennaro auf der Piazza Riario Sforza.
Im Zeitalter der heraufziehenden Naturwissenschaften haben immer wieder Menschen den Miracolo di San Gennaro als Scharlatanerie bezeichnet. Ein Chemiker verwies z. B. auf das Phänomen der Thixotropie, der zufolge feste Stoffe bei der Berührung mit bestimmten Substanzen ihre „Fließeigenschaft“ schlagartig verändern.
Museo del Tesoro di San Gennaro
Die Domschatzkammer birgt einige Highlights, u. a. das prächtige Juwelenkollier des hl. Januarius (Collana di San Gennaro), das 1679 der Künstler Michele Dato fertigte. Ein Blickfang ist auch die Bischofsmütze aus dem Jahr 1713 (Mitra Gemmata), die mit 198 Smaragden, 168 Rubinen sowie 3328 Diamanten bestückt ist. Der Museumsrundgang schließt auch den Besuch der Sakristei ein, außerdem ist die barocke Seitenkappelle des Doms mit der Blutphiole zugänglich.
♦ Mo−Fr 9−16.30, Sa/So bis 17.30 Uhr. 8 €. Via Duomo 149, www.museosangennaro.it.
Schatzkammer des hl. Januarius: Blick in die prächtige Kuppel
Complesso Monumentale Donnaregina (Museo Diocesano)
Zum versteckt hinter dem Dom gelegenen Sakralkomplex gehören zwei Kirchen: eine prächtig ausgestattete Kirche im Stil des Barocks (Donnaregina Nuova) sowie dahinter das ältere Gotteshaus im gotischen Stil mit Wandfresken, die zu den am besten erhaltenen in der ganzen Region zählen (Donnaregina Vecchia).
Die beiden Kirchen gehörten zu einem frühmittelalterlichen Nonnenkloster, das bei einem schweren Erdbeben 1293 zerstört und danach im gotischen Stil wieder aufgebaut wurde. Königin Maria d’Ungheria, Ehegattin Karls von Anjou, steuerte die finanziellen Mittel bei − ihr Grabmal zählt zu den künstlerisch hochwertigsten Marmorwerken aus der gotischen Epoche und befindet sich im Hauptschiff an der rechten Seitenwand. Ebenfalls sehenswert sind die Fresken aus dem 14 Jh. in der Cappella Loffredo. Diese befindet sich schräg gegenüber in der Nähe des Eingangs zur Linken. Vom einstigen Kreuzgang führt eine Treppe zur Chorempore mit weiteren Fresken (ebenfalls 14. Jh.), die bei einem Brand des Dachstuhls 1390 schwer beschädigt wurden. Dargestellt werden u. a. Szenen aus dem Jüngsten Gericht und aus der Passion Christi.
Der barocke „Neubau“ des Komplexes wurde 1617 begonnen und präsentiert sich heute im typischen Überschwang neapolitanischen Barocks. Namhafte Künstler wie Francesco Solimena oder Luca Giordano steuerten Werke zur Ausstattung bei. Den schönsten Blick auf den Innenraum genießt man oben von den Emporen, die gleichzeitig die wichtigen Kirchenschätze präsentieren (Museo Diocesano).
♦ Tägl. außer Di 9.30−16.30, So bis 14 Uhr. 6 €. Largo Donnaregina, www.museodiocesanonapoli.it.
Museo d’Arte Contemporanea Donna Regina (MADRE)
Das große Museum für Gegenwartskunst befindet sich unweit des Doms am Altstadtrand im Palazzo Donna Regina. Nach einer umfangreichen Kernsanierung präsentiert das Haus seit 2005 auf 8000 m2 Gemälde und Skulpturen ausgewählter Künstler der Moderne. Besondere Schwerpunkte sind die Konzeptkunst, die Avantgarde und die Arte Povera − eine in den 1960er- und 1970er-Jahren in Norditalien beheimatete Kunstrichtung, die für Installationen bevorzugt Alltagsmaterialien verwendete. Der erste Sammlungsbereich widmet sich Künstlern mit biografischem Bezug zur Stadt Neapel. Vorgestellt werden u. a. Arbeiten von Mimmo Paladino, Anish Kapoor, Sol LeWitt, Rebecca Horn und Jeff Koons. Ein zweiter Sammlungsbereich stellt Werke bekannter Künstler seit den 1950er-Jahren vor, z. B. von Gerhard Richter, Roy Lichtenstein und Andy Warhol. Angeschlossen sind ein Café, eine Mediathek sowie eine Kunstbuchhandlung.
♦ Tägl. außer Di 10−19.30, So bis 20 Uhr. 8 €, erm. 4 €. Via Settembrini 79, www.madrenapoli.it.
Sehenswertes in der Altstadt
Das mittelalterlich geprägte Stadtviertel zwischen Via Duomo und Piazza Dante bzw. zwischen Corso Umberto I und dem Archäologischen Nationalmuseum ist einerseits kompakt, andererseits ein komplexer Kosmos, der althergebrachte Seh- und Denkgewohnheiten zuweilen stark strapaziert. Letzteres macht den spezifischen Reiz der neapolitanischen Altstadt aus. Schnurgerade verlaufende