Löwenfisch. Rudolf Trink. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rudolf Trink
Издательство: Bookwire
Серия: Löwenfisch - Eine Rumpler Rosamunde Krimi
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960743781
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natürlich große Zweifel gehabt, weil technisch war er ja nicht so ganz auf der Höhe. Das hat er mir wohl auch angesehen. Er hat mir dann das Ganze erklärt. Der verschlüsselte Text hat nur zur Ablenkung von eventuellen Hackern gedient. Er war angeblich reiner Nonsens, eine willkürliche Aneinanderreihung von Zeichen, ohne jede Bedeutung.“

      „Aber warum wollte er dann überhaupt einen Schutz für seinen PC, wenn dieses vermeintliche Dokument ohnehin nicht zu entschlüsseln ist?“

      „Da ist es ihm eher um seinen elektronischen Kalender gegangen, damit niemand sieht, wann er sich wo und mit wem trifft, und natürlich auch um seine E-Mails. Die wirklich brisante Information in seiner derzeitigen Recherche hätte er gar nicht verschlüsselt, sondern außerhalb seiner Wohnung versteckt, in einem Zwischenlager, wie er gesagt hat. Da stehen Namen drin, im Klartext, hat er gesagt. Das ist eine Bombe. Das Versteck hat angeblich mit seinem Sternzeichen was zu tun. Mehr wollt er mir aber nicht dazu sagen. Es wär besser für mich, wenn ich nichts darüber wüsste. Er hätte vor, das Dokument mit der Information möglichst bald aus dem Versteck zu holen und bis zum Abschluss seiner Recherchen bei einem Anwalt zu hinterlegen, damit es veröffentlicht wird, für den Fall, dass ihm etwas zustoßen sollte. Während meiner Arbeit hat er erwähnt, dass die Sache, an der er dran ist, vor allem deshalb so heikel ist, weil dabei auch jemand von der Polizei die Finger im Spiel hat. Der Anton hat behauptet, er hätte über einen Informanten, einen gewissen Reinhard Pritzler, herausgefunden, dass Drogen, die von der Polizei beschlagnahmt wurden und später vernichtet werden sollten, wieder in Umlauf gebracht werden.“

      „Hm. Hat er außer Pritzler sonst noch Namen genannt?“

      „Nein.“

      „Und du hast dann auf eigene Faust noch ein bissel recherchiert?“

      Sie blickte kurz auf und lachte entwaffnet. „Ja, hab ich. Kennst mich eh.“

      „Warst vorsichtig? Das kann heikel sein.“

      „Ja, klar. Ich bin ganz sicher, dass ich keine Spuren hinterlassen hab.“

      „Und hast du irgendwas Interessantes gefunden?“

      „Auf seinem PC nicht. Ich hab aber auf seinem Schreibtisch einen handgeschriebenen Zettel gesehen, auf dem ganz oben Info Pritzler gestanden ist. Darauf war ein Dreieck gezeichnet, mit X, Y und Z als Eckpunkten. Bei jedem der drei Buchstaben war ein kurzer Text und in der Mitte eine komische Zeichnung, die ich nicht verstanden hab.“

      „Gut, dass es von diesem Zettel eine Kopie gibt.“

      Sie drohte ihm lachend mit dem Finger. „Du kennst mich wirklich in- und auswendig. Du hast natürlich recht. Der Zettel ist mir im Zusammenhang mit seiner Geschichte interessant vorgekommen. Ich hab den Anton also um einen Espresso gebeten, er ist in die Küche gegangen und ich hab inzwischen ein Foto von der Zeichnung gemacht.“

      „Könntest du mir einen Ausdruck davon machen?“

      „Ja, klar.“ Sie verband ihr Mobiltelefon mit seinem Laptop. Nach wenigen Augenblicken lag das Blatt vor ihm, das er später noch gründlich unter die Lupe nehmen würde.

      „Vielen Dank. Hast du vielleicht etwas im Zusammenhang mit seinem Sternzeichen gefunden?“

      „Ja, schon. Er hat sich ungefähr zwei Monate vor unserem Treffen ein Horoskop machen lassen, richtig aufwendig, mit allem Drum und Dran. Sein Sternzeichen sind die Fische. Er hat das auch bei unserem Gespräch erwähnt, er sei im Zeichen der Fische geboren. Oder eigentlich im Zeichen der Raubfische, wie er gesagt hat. Auf meine Frage, wie er das meint, hat er nur gelacht. Wahrscheinlich hat er sich als Journalist wie ein Hecht im Karpfenteich gefühlt oder so was Ähnliches. Von dem Horoskop hat er auch noch erzählt, dass ihm schon bald ein ganz großer Schritt vorwärts bevorsteht, was sicher mit der von ihm geplanten großen Enthüllung zusammenhängt.“

      „Das klingt eigentlich alles ziemlich harmlos.“

      Sonja nickte bestätigend.

      „Wie ist er so seinem Wesen nach?“

      „Sehr zerfahren und sprunghaft. Er kommt oft vom Hundertsten ins Tausendste. Eine einzige Sache gibt es, bei der er immer schon ziemlich gut und kompetent war, auch in der Schule, und zwar Schachspielen. Auch beim normalen Reden hat er schon früher immer wieder Schachausdrücke verwendet. Bei unserem Gespräch hat er zum Beispiel gesagt, dass beim Endspiel die Türme wichtig werden. Zweimal hat er mir das gesagt, ohne jeden Zusammenhang, aber er war merkwürdig eindrücklich dabei.“

      „Und obwohl das alles etwas seltsam, aber eigentlich harmlos ist, bist du trotzdem beunruhigt.“

      „Irgendwie schon. Das ist nur so ein Gefühl. Da sind zwei Sachen, die mich irritieren. Das eine ist nur eine Kleinigkeit – er hat alle seine Termine, also auch den mit mir, in Klartext in seinem Kalender eingetragen. Wenn ihn also tatsächlich jemand bereits ausspioniert haben sollte, dann weiß der, dass ich involviert bin. Das muss nichts bedeuten, aber es ist doch irgendwie unangenehm. Und das zweite ist wirklich seltsam. Der Anton Zargl ist verschwunden.“

      „Wie meinst du das – verschwunden?“

      „Ich hab vor zwei Tagen das letzte Mal Kontakt mit ihm gehabt und wollt ihn gestern anrufen. Er hat nicht abgehoben. Per E-Mail hab ich ihn auch nicht erreicht.“

      Für sich genommen war das nicht ungewöhnlich, aber in Verbindung mit Sonjas Gefühl doch. Sie hatte ein unglaublich feines Sensorium, das ihr offensichtlich eine Warnung zugeschickt hatte, und das nahm Rumpler ernst. „Hat er irgendwas erwähnt, was er für die nächste Zeit vorhat?“

      „Ja, er hat gesagt, dass er dringend einen Ausgleich für seine Arbeit braucht und endlich wieder einmal hinaus ins Freie muss, wandern gehen. In einer Mail hat er mir dann noch geschrieben, dass er auf die Rax geht, den Weg über Teufels Badstuben.“

      Die Rax ist ein besonders bei den Wienern beliebtes Ausflugsziel, mit nicht zu langer Anfahrt und spektakulären, schroffen Felsformationen. Es gibt dort einige schöne Wanderwege und leichte Klettersteige, die aber nicht ganz ungefährlich sind. Rumpler kannte den Weg über Teufels Badstuben noch aus seiner Jugendzeit, als er selbst viele Wanderungen und Touren unternommen hatte.

      „Kennst du wen, der mit ihm näheren Kontakt hat?“

      „Nein, nicht wirklich. Ich glaub, er hat allein gelebt.“

      Sonja sprach plötzlich nicht weiter und zuckte unwillkürlich mit den Schultern, als wollte sie etwas abschütteln.

      „Ich hab das grad so formuliert, als wär ihm etwas zugestoßen und dabei hab ich überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür.“ Wesentlich leiser fuhr sie fort: „Ich weiß, das muss jetzt verrückt für dich klingen, aber ich fürcht, er ist tot.“

      „Das sollt sich rasch klären lassen. Es kommt nicht so oft vor, dass jemand spurlos verschwindet.“

      „Wahrscheinlich ist ja auch gar nichts dahinter und ich bild mir nur was ein.“

      „Schau ma mal.“

      Rumpler ließ sich von ihr auf seinem Laptop einige Fotos des Verschwundenen ausdrucken. Sie zeigten einen Mann von etwa vierzig Jahren mit dunklem, wirrem Haar. Das Gesicht wirkte zerfahren, von einer inneren Unruhe durchdrungen.

      „Ich werd den Alois Moser fragen, ob er dazu was weiß. Ich meld mich bei dir, sobald ich etwas herausgefunden hab.“

      „Super. Danke für den herrlichen Salat. Das ist eine tolle Mischung, die Oliven mit den Granatapfelkernen. Muss ich mir merken.“

      „Ich mag ihn auch sehr gern. Pass gut auf dich auf, Sonja.“

      „Ich bin eh vorsichtig. Und danke für deine Hilfe. Übrigens – was ist das für ein komischer Anschlag bei euch unten am Schwarzen Brett? Wird euer Haus renoviert?“

      „Ich fürchte, ja. Die bisherigen Eigentümer waren so angenehme Hausherren, schon ältere Herrschaften, und ich hab geglaubt, die hätten eigentlich nie einen Hausverkauf vorgehabt. Vielleicht ist ihnen die