Fitness fürs Immunsystem. Ralf Kerkeling. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ralf Kerkeling
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783667122001
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in Form bleibt. Oder besser noch: gestärkt wird. Wie das funktioniert, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.

       WAS IST DAS IMMUNSYSTEM?

      Wir Menschen lieben es übersichtlich, aber unser Immunsystem erfüllt uns diesen Wunsch nicht. Es lässt sich keinem einzelnen Organ oder Gewebe zuordnen, sondern bildet ein vielschichtiges Netzwerk, in dem verschiedene Organe, Zellen, Moleküle und Mikroorganismen zusammenwirken. Neben mechanischen und chemischen Barrieren setzt die körpereigene Security gröbere und spezifische »Geschütze« gegen ungebetene Gäste aus dem Reich der Viren, Pilze und Bakterien ein. Aber das ist längst nicht alles. Auch die Aufgabe, beim Sport »verbrauchte« Muskelstrukturen zu entsorgen und damit die Grundlage für effektives Regenerieren zu schaffen, gehört in den Zuständigkeitsbereich des Immunsystems. So viel Abwehrund Erholungsarbeit bedarf der ständigen Energiezufuhr, die nicht durch dauernde Überbelastung gekappt werden sollte.

      Versuchen wir ein wenig Ordnung in das unübersichtliche Gesamtgefüge zu bringen. Experten mögen die nachfolgende vereinfachte Darstellung verzeihen. Aber es soll für alle verständlich und kein Lehrbuch für Medizinprofis sein.

       ORDNUNG IM SPIND

      Zum leichteren Verständnis des komplexen Immungeschehens bieten sich drei Ordnungskriterien an. Das wären die Unterscheidungen zwischen:

      •angeborenen und erworbenen Immunkompetenzen

      •allgemeiner (unspezifischer) und zielgerichteter (spezifischer) Abwehr

      •zellulärer (durch spezielle Immunzellen) und humoraler (durch Enzyme und Antikörper in Blut und Lymphe) Immunantwort

       ANGEBOREN UNSPEZIFISCH

      Mit unserer Haut, ihrem Säurefilm und den sie besiedelnden Mikroorganismen (Hautmikrobiom) kommen wir bereits mit einem wirkungsvollen Schutzmantel auf die Welt. Die Haut fungiert nicht nur als unspezifische Barriere für viele schädliche Außeneinflüsse, sondern ist auch für die Ausscheidung von Abfallprodukten des Stoffwechsels von Bedeutung. Das innere Pendant dieser äußeren Firewall stellen die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raums, der oberen Atemwege bis zur Lunge und des Verdauungstraktes von der Mundhöhle bis in die Darmgefilde dar. Teilweise mit einem »Staubfänger« in Form eines Saumes von Flimmerhärchen (Nase, Bronchien) ausgestattet, filtern sie Schmutz- und Schadstoffpartikel aus der Atemluft beziehungsweise aus der Nahrung heraus. Enzyme im Speichel und die aggressive Magensäure machen einigen gefährlicheren Keimen den Garaus.

      Damit nicht genug: Auch werden wir qua Geburt durch Fresszellen, darunter sogenannte Makrophagen, und durch weiße Blutkörperchen sowie im Blut gelöste Eiweiße (Antikörper) geschützt. Über chemische Botenstoffe werden die Abwehrzellen dorthin gelotst, wo sie benötigt werden, etwa an eine beim Sturz erworbene Schürfwunde. All diese angeborenen Mechanismen werden als »unspezifische Abwehr« bezeichnet, da sie sich auf alle Fremdlinge stürzen, von denen Gefahr für Leib und Leben droht.

       GELERNTE SPEZIFITÄT

      »Was gut ist, kommt wieder« lehrt uns ein Sprichwort. Was schlecht ist, aber auch! Um schnell und wirksam auf wiederkehrende Bedrohungen wie saisonale Krankheitserreger reagieren zu können, hat uns die Natur mit der Fähigkeit ausgestattet, spezifische Abwehrmaßnahmen gegen solche Wiederholungstäter zu entwickeln. Diese erworbene Immunantwort wird vor allem durch eine bestimmte Variante von weißen Blutkörperchen, die sogenannten B-Lymphozyten, getragen. Sie werden vom Knochenmark hergestellt und in Lymphknoten sowie der Milz gespeichert. Beim Kontakt mit einem Keim oder Schadstoff produzieren die B-Lymphozyten mit hoher Spezifität sogenannte Antikörper. Das sind besondere Proteine (Immunglobuline), die wie ein Schlüssel zum Schloss zu der einzelnen Keim-/Schadstoffart passen und sich daran binden. Dieser Komplex aus Erreger und spezifischem Antikörper wird rasch von speziellen Fresszellen erkannt und unschädlich gemacht.

      Der besondere Wert dieser spezifischen Abwehr ergibt sich aus einem Memoryeffekt. Von jeder erfolgreich bekämpften Infektion behält das Immunsystem einige der spezifische Antikörper herstellenden B-Lymphozyten als Gedächtnisszellen zurück, sodass bei einer neuerlichen Infektion mit dem gleichen Erreger die passenden Antikörper flugs nachproduziert werden können. Genau das ist gemeint, wenn vom immunologischen Gedächtnis die Rede ist.

      Diese spezifische Abwehrvariante ist sehr wirkungsvoll, aber sie muss eben bei jedem Erstkontakt mit einem neuen Erreger »erlernt« werden. Was das bedeutet, wird der Welt seit dem Übertritt des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 auf den Menschen deutlich vor Augen geführt. Nach der Bildung spezifischer Antikörper bleibt der Schutz durch das immunologische Gedächtnis gewöhnlich über viele Monate bis Jahre bestehen. Ob das bei der Corona Virus Disease 2019 (Covid-19) genauso sein wird, lässt sich bei Redaktionsschluss dieses Buches noch nicht abschätzen.

       DIE WICHTIGEN KOMPONENTEN DES IMMUNSYSTEMS

      •mechanische Barriere: Haut, Schleimhäute (Atemwege, Nase-Rachen-Raum, Darm), zum Teil mit Flimmerhärchen als »Staubfängern« (Luftröhre, Bronchien, Lunge)

      •Lymphsystem: Lymphknoten (Schadstofffilter), Lymphe und Lymphgefäße (Transport von Schadstoffen und Stoffwechselprodukten sowie von Abwehrzellen und Antikörpern)

      •Knochenmark: Produktion und Reifung von Abwehrzellen (weiße Blutkörperchen/Leukozyten)

      •Thymus: Reifung bestimmter Abwehrzellen (T-Lymphozyten)

      •Milz: Depot für Abwehrzellen

      •Mandeln: enthalten ebenfalls Abwehrzellen, die Antikörper bilden können.

      •weiße Blutkörperchen (Leukozyten) = verschiedene Arten von Abwehrzellen (Granulozyten, Monozyten, Makrophagen, B- und T-Lymphozyten)

      •Darm: Schleimhaut mit Immunzellen und Mikroorganismen des Mikrobioms (Darmflora)

      •Wurmfortsatz des Blinddarms: Mikrobiom-Reservoir für »gute« Darmbakterien

       LEUKOZYTEN – DIE WAFFEN DES IMMUNSYSTEMS

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      FRAGILES GEBILDE – DAS IMMUNSYSTEM IM WANDEL DES LEBENS

      Unser Immunsystem ist ein sich über die Jahre entwickelnder Schutzschild. Bei der Geburt sind wir mit einem Grundschutz ausgestattet, der sich bis etwa zum zehnten Lebensjahr ausdifferenziert, aber zeitlebens ein sich veränderndes, wandelbares System bleibt. Frisch »geschlüpft«, schützen den Säugling mütterliche Antikörper, mit denen jeder Fötus im Mutterleib über die Plazenta versorgt wird. Das ist der berühmte Nestschutz, der den Säugling in den ersten Lebensmonaten vor Infektionskrankheiten schützt, die seine Mutter selbst durchgemacht hat oder gegen die sie geimpft wurde. Stillkinder erhalten mit der Vor- und Muttermilch einen weiteren Pool an Abwehrstoffen, die den Schutz ausbauen. »Gleich nach der Geburt beeinflusst die Muttermilch die Bakterienbesiedelung im Darm, schützt vor Infektionen und unterstützt die Entwicklung des Immunsystems«, bestätigt Professor Thierry Hennet, Humanbiologe und Muttermilchforscher an der Universität Zürich. Durch diese passive Immunisierung gewappnet, kann das Kind Schritt für Schritt sein eigenes Abwehrnetzwerk aufbauen. Und dabei spielt ein körperlich aktiver Lebensstil eine große Rolle.

       SCHWÄCHELNDE ANTIKÖRPERBILDUNG