„Ah, wenn das nicht Miss Okay ist.“
Ich hebe den Kopf und sehe Danny Moreno, der neben mir steht und mich spöttisch anlächelt. Jetzt lässt er sich ungefragt auf den freien Stuhl fallen und streckt seine langen Beine aus. Ich spüre, wie die Blicke einiger Mädchen vom Nebentisch sich an ihm festsaugen. Sie tuscheln nicht, tun so, als seien sie vollkommen cool, lassen ihn aber nicht aus den Augen.
„Hier ist besetzt“, sage ich, doch er grinst nur.
„Stimmt, ich sitze hier.“
Ich kneife die Augen zusammen.
„Das ist Jakes Platz. Du musst dich woanders hinsetzen, tut mir leid.“
Er beugt sich vor und mustert mich. Ich sehe ihn unsicher an. Der Kerl müsste ja einen Waffenschein haben für dieses unverschämt gute Aussehen. Das tiefdunkle Braun seiner Augen ist zugegebenermaßen wunderschön.
„Echt jetzt? Du und Bloomfield? Hätte ich dem Kleinen gar nicht zugetraut. So ein langweiliger Knabe und so eine bildhübsche Miss Okay?“
Er grinst wieder, und ich merke, wie ich ärgerlich werde. Wie redet der über Jake? Hält sich wohl für unwiderstehlich, was? Solche Typen habe ich ja gerne.
„Wie kommst du darauf, dass Jake langweilig wäre? Ist er nicht, mach dir darüber keine Sorgen.“
Ich versuche, so schnippisch wie möglich zu klingen, was nicht ganz so einfach ist unter dem Blick aus diesen dunklen Schokoaugen.
„Oh, ich mache mir keine Sorgen um Jake. Dazu ist er mir wirklich nicht wichtig genug. Aber du? Hm, ich glaube, du brauchst eine andere Herausforderung. Jemanden, der in deiner Liga spielt.“
Ich mustere ihn mit zusammengekniffenen Augen. Vermutlich meint er sich selbst. Glaubt, er könne mich mit seinem blöden Grinsen und seinen Schokoladenaugen in seinen Bann ziehen. Na, ganz bestimmt.
„Und du denkst, du spielst in meiner Liga?“
Er lacht leise.
„Darauf kannst du wetten.“
Ich verdrehe die Augen. Was für ein Idiot.
„Wenn du meinst. Wärst du jetzt so nett und würdest dich woanders hinsetzen? Jake ist dran, er wird gleich hier sein. Wir würden wirklich gerne in Ruhe zu Mittag essen.“
Er grinst.
„Oh, Pärchennachmittag?“
Ich zucke mit den Schultern. Ich werde dem Kerl sicher nicht auf die Nase binden, dass Jake nicht mein Freund ist. Zu meiner Überraschung sagt er: „Na gut, ich will ja nicht so sein. Ich verschwinde.“
Er lehnt sich wieder zu mir und sein Duft steigt in meine Nase. Verflixt, er riecht gut.
„Eine Bedingung habe ich aber.“
Bedingung? Geht’s noch?
„Du stellst mir eine Bedingung, damit du einen Platz räumst, der nicht dir gehört?“
Er nickt. Lässig. Selbstbewusst. Ich knirsche mit den Zähnen. Habe keine Lust auf eine Diskussion zwischen ihm und Jake.
„Und die wäre?“
„Du verrätst mir deinen richtigen Namen, kleine Miss Okay. Und du gehst morgen mit mir Mittagessen.“
Ich schnappe nach Luft. Der spinnt wohl. Seine Augen blitzen unverschämt und ich funkele ihn wütend an. Jake ist inzwischen mit einem Tablett in den Händen auf dem Weg zu unserem Tisch.
Ich würde Moreno so gerne eine passende Antwort geben, aber ich will keinen Streit.
„Na schön. Wann?“
„Gleiche Zeit, gleicher Ort.“ Er lehnt sich zurück. „Da fehlt noch was.“
Sein Blick taucht tief in meinen, und es macht mich wahnsinnig, dass ich ihn trotz seiner unverschämten Art und den blöden Sprüchen nicht so abstoßend finde, wie ich sollte. Wie ich müsste.
„Summer. Ich heiße Summer.“
Ein Lächeln gleitet über sein Gesicht. Es sieht echt aus, und zu meinem Ärger merke ich, dass mir dieses Lächeln unter die Haut geht.
„Das klingt schön. Passt zu dir. Viel besser als Okay.“
Er zwinkert mir zu, erhebt sich dann mit einer geschmeidigen Bewegung.
„Bis morgen, Summer.“
Er schlendert davon und ich sehe ihm fassungslos nach. Hat er mich gerade wirklich genötigt, mich mit ihm zu verabreden? Das darf doch nicht wahr sein. Jake taucht auf und sieht in Morenos Richtung.
„Was wollte der denn?“
„Nichts.“ Ich schiele auf das Tablett. „Was hast du mitgebracht? Ich sterbe vor Hunger.“
Jake setzt sich und sieht mich misstrauisch an.
„Thunfisch für dich. Den magst du doch.“
Er schiebt mir meinen Teller herüber. Das Sandwich sieht fantastisch aus.
„Moreno hat sich zu dir gesetzt und wollte nichts? Nie im Leben, der will immer was. Summer, glaub mir, halte dich fern von ihm. Er ist der größte Aufreißer hier am College. Er hat ständig eine andere am Start. Er meint es nie ernst. Ehrlich, lass dich nicht einwickeln von ihm.“
Er sieht wütend aus.
„Warum sollte ich mich einwickeln lassen? Denkst du, ich bin blöd?“
Mit einem schlechten Gewissen beiße ich in mein Sandwich und denke an meine Verabredung am nächsten Tag. Warum ich Jake nicht einfach davon erzähle, weiß ich selbst nicht.
2
DANNY
Während ich in der Schlange an der Verkaufstheke des Cafés stehe, beobachte ich, wie Bloomfield sich an den Tisch setzt. Ich muss grinsen, denn die Neugier steht ihm ins Gesicht geschrieben. Vermutlich platzt er gerade, weil er nicht weiß, was ich mit seiner Kleinen besprochen habe. Oh Mann, schon witzig. Okay, für ihn vermutlich nicht. Aber ich muss zugeben, die kleine Miss Okay ist wirklich niedlich. Hat ein hübsches Gesicht, eine zierliche Figur, mit genau den richtigen Rundungen. Total schöne, lange, hellbraune Haare. Grünbraune Bambiaugen mit langen, dunklen Wimpern. Ein Mädchen mit Klasse, das erkennt mein geschultes Auge sofort. Aber ich fürchte, die Kleine wird nicht ganz so einfach zu knacken sein. Sie hat eine ziemlich stachelige Aura, die ganz deutlich sagt: Halt Abstand von mir.
Mein Blick sucht nach ihr, als sie sich mit Jake unterhält - ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihn richtet. Es gefällt mir nicht besonders. Aber warte, Summer, morgen werde ich dafür sorgen, dass deine volle Aufmerksamkeit mir gilt. Das wäre ja gelacht. Jetzt hebt sie den Kopf und ihre Augen irren suchend durch den Raum. Sie sieht zu mir her, ihr Blick trifft auf meinen und sie schaut schnell wieder weg. Ah, sieh an, so ganz kalt lasse ich sie offenbar doch nicht. Das gefällt mir schon besser. Meine Laune hebt sich merklich. Endlich bin ich an der Reihe, kaufe meinen Latte macchiato und einen Donut und verziehe mich nach draußen. Die Luft hat sich erwärmt, es ist ein schöner Tag. Ich betrachte den Donut in meiner Hand und habe eine Idee. Das wird die unterkühlte Miss Okay sicher auf Spur bringen. Und zwar auf meine.
Ich schlendere langsam hinüber zum See und finde eine freie Bank. Ein leichter Wind weht über das Wasser. Mir ist nie aufgefallen, wie schön es hier ist. Dabei ist das schon mein drittes Studienjahr. Eigenartig. Vielleicht werde ich doch allmählich erwachsen. Ich verziehe das Gesicht. Ja, klar doch. Aus den Augenwinkeln sehe ich zwei Mädchen aus meiner Clique auftauchen. Sie quatschen unaufhörlich miteinander, kichern dabei. Jetzt erblicken sie mich und über ihre Gesichter huscht ein Strahlen. Ich lächele breit zurück