Bei der schweren Arbeit in dem ungewohnten Klima rann mir der Schweiß wie Wasser von der Stirn, aber ich gab mir alle Mühe, meine Erschöpfung nicht merken zu lassen. Die gelben Arbeiter amüsierten sich dabei über mein gebrochenes Englisch.
Als wir inzwischen einmal nach dem Warenhaus zurückkehrten, erblickte ich dort jenen Engländer, der Kapitän Pommer einmal auf der »Elli« besucht hatte. Er kannte mich aber anscheinend nicht mehr.
Gegen Mittag, als die Glut ihren Höhepunkt erreichte, überfiel mich während der Arbeit eine Ohnmacht, doch kam ich bald wieder zu mir. Neben dem Schuppen befand sich eine ganz moderne Eismaschine. Von dort brachte man mir etwas künstlichen Schnee und Eiswasser. Das war eine Erfrischung in der Tropenhitze.
Nicht minder gut schmeckte mir das Frühstück, das ich mit John gemeinsam einnahm. Es bestand aus einem Teller turtle mit Reis. Nachdem wir dann noch in einem Laden bei einem Glas Bier politisiert hatten – John war als ehemaliger englischer Soldat für, ich gegen England –, gingen wir wieder an unsere Arbeit.
Es galt Kisten in verschiedene Häuser zu fahren. Im Galopp rasselte unser ungefederter Karren durch die Straßen.
Um ein Uhr erhielt ich von Mr. Brody 25 Cents.
Am Nachmittag sah ich, wie zwei Polizisten einen Negerjungen abführten. John erklärte mir, daß der kleine Schwarze ein Mörder sei, nach dem man schon lange gefahndet habe. Er solle am nächsten Tage gehenkt werden. John fügte hinzu, daß dergleichen Fälle in Belize nichts Außergewöhnliches seien. – Es gab nun nicht mehr viel zu tun. Um nicht ganz unbeschäftigt dazustehen, half ich John beim Ausfegen des Pferdestalles, hob einige umherliegende Papiere auf und war eigentlich mit meinem Tagewerk fertig, als ich noch den Auftrag bekam, mit John ein Faß Abfälle an den Strand zu fahren.
Als wir aus dem Hof von Brody bogen, gewahrte ich dicht vor mir meine ehemaligen Schiffskollegen Gustav und Willy. Wahrscheinlich hatten sie wie gewöhnlich den Kapitän an Land gebracht und waren nun auf dem Ausguck nach einer Kneipe. Ich duckte mich erschreckt hinter die große Tonne und kam auch ungesehen an den beiden vorüber.
Im Strandwasser wimmelte es von Kattfischen, welche die Abfälle, die wir aus dem Faß schütteten, gierig verschlangen.
Bevor ich nach Hause ging, trank ich mit John eine Limonade und einen Rum. Ein Arbeiter versprach, mir am nächsten Montag einige Schlangen und Skorpione mitzubringen. In Brodys Hof hatte ich auch einen Gürteltierpanzer und ein Haifischgebiß erbeutet. Alles für meinen Bruder.
Da ich zu Geschäftsschluß außerdem noch zwei Schillinge erhielt, glaubte ich mir etwas Besonderes leisten zu können. Ich erstand Seife, Ananas, sehr gute Zigarren (drei Stück für 5 Cents) sowie ein weißes Hemd für 40 Cents.
In meiner Villa angekommen, wurde ich zum alten Klark gerufen. Ich sollte mich mit ihm und der Frau ein wenig unterhalten. Wir sprachen über den Burenkrieg. Auch Klark war englischer Soldat gewesen und nahm daher selbstverständlich für seine Fahne Partei, während ich mit Feuer für die Buren sprach.
Ein alter, weißhaariger Engländer gesellte sich dazu und mischte sich in das Gespräch ein. Er schien von guter Bildung zu sein. Er berichtete dem unbelesenen Klark von Krügers Reise nach Europa und sprach sehr klar und verständnisvoll über Lord Roberts und Kitchener.
Der alte Graukopf schüttelte mir während des Gesprächs mehrmals die Hand und sagte, er freue sich, daß ich so warm für meine Stammverwandten eintrete. Ich ging mit Klarks Jungen zum Baden an den Strand und später in den Busch.
Der folgende Tag war ein Sonntag. Da ich nicht ins Geschäft mußte, trieb ich mich den ganzen Tag am Strand herum. Dort standen einige Bäume, die kokosnußähnliche Früchte trugen. Ich kletterte auf solch eine Palme, um mir von den vermeintlichen Nüssen zu holen, und merkte dann erst den Irrtum. Die Nüsse hatten eine weiche Schale und weißes Fleisch von bitterem Geschmack. Ihren Namen erfuhr ich nicht. Große schwarze Geier hockten am Wasser und blieben ruhig sitzen, als wir näher kamen. Sie waren in Belize als Abfallsvertilger gern gesehen und beschützt.
Auch eine Art Schwimmbassin befand sich dort. Man hatte ziemlich weit draußen im Meer durch Pfähle ein kreisförmiges Stück abgesteckt. Ein Brettersteg führte vom Land aus nach dieser Badestelle. Badehosen waren unbekannt.
Man hatte mich davor gewarnt, beim Baden den Pfählen zu nahe zu kommen, da dieselben ziemlich weit auseinander standen und es schon vorgekommen war, daß Haifische durch die Zwischenräume Badende gepackt hatten.
Ach, herrlich war es in dem Wasser! Dann und wann streckte ich mich wieder ein wenig in den Sand und ließ mich von der Sonne anbrüten, um mich dann wieder in den frischen, ziemlich bewegten Wellen zu tummeln.
So schwelgte ich den ganzen Tag über in süßem Nichtstun. Durch das lange Baden waren meine Kräfte zuletzt so erschöpft, daß ich mich kaum bis zu meiner Wohnung schleppen konnte und dort dann wie ein Toter schlief.
Am Montagmorgen, als ich bei James Brody mit dem Ausladen von Kuhhäuten beschäftigt war, fragte mich Mr. Steen, ob ich Lust hätte, auf ein mexikanisches Kriegsschiff zu gehen. Als ich bejahte, wurde ich dem Kommandanten des Schiffes vorgestellt, der mit Brody befreundet schien. Er war eine höchst interessante, graziöse und aristokratische Erscheinung. Da er nur Spanisch verstand, vermittelte Mr. Brody das Gespräch zwischen uns beiden. Ich wurde zunächst gefragt, was ich zuletzt für Heuer erhalten hätte. Fünfzehn Mark, log ich und bedauerte gleich darauf, daß ich nicht noch mehr gesagt hatte.
Ob ich mit acht Dollar den Monat zufrieden wäre.
Ich sagte zu. Dann sollte ich meine Sachen holen und um neun Uhr wieder zurück sein.
Ich lief in sehr glücklicher Stimmung nach Hause. Das mexikanische Schiff hatte ich schon von der »Elli« aus oft beobachtet. Es lag mit zwei Schwesterschiffen in unserer Nähe. Seiner Bestimmung nach war es ein Transportschiff und fuhr regelmäßig zwischen New Orleans und Belize. Die Aussicht auf das interessante Leben unter den temperamentvollen Mexikanern und die hohe Heuer freuten mich so sehr, daß ich die ganze Welt hätte umarmen können. Da ich aber zunächst nur eine junge, hübsche Negerfrau unterwegs traf, umarmte ich die. Die schwarze Schöne ging auf meinen Scherz ein und fragte mich, ob ich sie nicht mitnehmen wolle. Ich versprach ihr, daß ich sie heiraten werde, wenn ich von New Orleans zurückkäme.
Die guten Klarks nahmen an meiner Freude aufrichtigen Anteil. Der Abschied von ihnen fiel mir schwer. Ich packte meine Siebensachen wieder in den Bananensack, dankte den braven Kreolen herzlich für alle erwiesenen Freundlichkeiten, schüttelte jedem die Hand und zog grüßend ab.
Auf halbem Weg zu James Brody – das Geschäft lag ziemlich weit ab – bemerkte ich plötzlich, daß ich mein Tagebuch im Schreibtisch hatte liegen lassen. Ich kehrte um und holte das Buch, das die beiden Kreolenjungen inzwischen gefunden hatten und neugierig durchblätterten.
Der mexikanische Kapitän wartete bereits auf mich. In seiner Begleitung befanden sich zwei nachlässig gekleidete Mexikaner, von denen der eine der Zimmermann und Dolmetscher, der andere ein bildschöner, aber sehr zerlumpter Bursche war, der mit mir angemustert werden sollte. Man fragte mich, auf wie lange Zeit ich mich auf das Schiff verpflichten wollte. – Sechs Monate. – Das erschien dem Kommandanten zu wenig. Ein Jahr. Auch noch zu wenig. Ob ich mit zwei Jahren einverstanden wäre. Ich sagte zu, aber mir stiegen dabei doch Bedenken auf. Zwei Jahre waren eine lange Zeit, und die sollte ich nun unter den wilden, jähzornigen Mexikanern zubringen. Ich faßte wenigstens den Mut zu der Erklärung, daß für diese lange Zeit acht Dollar Heuer zu wenig seien. Der Zimmermann bedeutete mir daraufhin, daß ich mit der Zeit avancieren würde. Als er mich beruhigt sah, zog er vier lange Verträge in spanischer Sprache hervor, in die er meinen und meiner Eltern Namen, Heimat, Geburtsdaten usw. eintrug.
Die Verträge