»le 27 Mai
Chère Madame
je vous écris ces mots et j'espère qu'elle vous fera plaisir, je vous souhaite une bonne santé ainsi que monsieur. Je suis comme votre fils, c'est la première fois que j'ai été en mer. Aussi chère Madame j'ai eu le plaisir dans mon voyage de trouver comme ami votre fils: Et j'en remercie Dieu car s'en cela pendant tout le voyage j'aurai été toujours triste. Le hasard a amené, plusieurs fois que nous travaillons ensemble, aussi nous étions joyeux, et l'amitié entre nous s'augmentait de plus en plus, j'espère chère Madame que vous retrouverez votre fils en bonne et parfaite santé, j'espère aussi vous n'oublierait pas de m'écrire je serai si content de recevoir de vos nouvelles, en attendant chère Madame je termine ma lettre en souhaitant encore à tous une bonne et parfaite santé.
Je vous salue respectueusement
votre tout devoué
Paul Phené«
Dann folgen zwei total verschmierte und bekleckste Seiten, auf denen ich in liederlichster Schrift hinzugeschrieben habe:
»Das ist der Brief des kleinen aber fetten französischen Kajütsjungen (ich bin schon seit langer Zeit Decksjunge). Wir haben sehr viel Mahagoni, Zedern und Blauholz, daß wir schon jetzt sehr tief liegen. Wir werden also sehr viele Wasser an Bord bekommen. Ich kann nun also lange Zeit nicht schreiben, werde das aber vom Bestimmungsort sofort thun. Ich glaube, daß wir schon nächsten Montag die Anker lichten.«
Nach den Feiertagen gab es einen wolkenbruchartigen Regen. Wir benutzten diese willkommene Süßwassergelegenheit zu einem gründlichen Deckscheuerfest. Das war ein Schrubben, Scheuern, Spritzen, Spülen; das ganze Deck schwamm in einer Flut. Jahn und Willy machten sich den Scherz, mir eine Pütz voll Wasser über den Kopf zu gießen, so daß ich bis auf die Haut durchnäßt wurde. –
Hinter uns tauchte eine Bark auf, die den gleichen Kurs wie wir nahm. Wir fingen auch einen Vogel an diesem Tag. Das Tier hatte sich auf einer Rahe niedergelassen. Der Alte hielt es seiner gelben Brust wegen für einen Zeisig und setzte ihm hintereinander Schinken, Kartoffeln, Bisquit, Reis, Kakerlaken und schließlich Pfeffer zum Fressen vor, was es aber alles verschmähte.
Am Horizont zeigte sich ein schmaler Streifen Land. Das war Jamaika. Die Hitze war enorm gestiegen, und wir waren ganz in Schweiß aufgelöst, wenn wir das Pumpenrad stundenlang gedreht hatten. Aber diese Arbeit war nötig.
Die gesichtete Bark überholte uns. Wir grüßten sie beim Passieren nach Seemannsbrauch durch Auf- und Niederziehen der Flagge und winkten außerdem mit den Taschentüchern hinüber. Ich bereitete mir aus Essig, Sirup und Wasser ein höchst erfrischendes Getränk, fand aber bald heraus, daß es den Körper nur schlapp machte. Wiederum hatte sich ein Vogel, diesmal ein sehr großes Tier, auf dem Schiff niedergelassen. Die Erfahrenen unter uns erkannten in ihm einen sogenannten Döskopp. Diesen Namen legen ihm die Seeleute zu, weil er so menschenfremd ist, daß er sich ohne weiteres mit der Hand greifen läßt. Er hatte sich im Vortopp auf die höchste Mastspitze gesetzt, flog aber wieder davon, ehe Jahn und ich hochklettern konnten.
Wir waren nun nicht mehr weit von unserem Ziele und trafen umfangreiche Vorbereitungen, um die »Elli« den Bewohnern der Neuen Welt in recht schmuckem Kleid zu zeigen. Gründlich abgescheuert war ja schon alles, und nun ging's ans Malen. Sämtliche Holz- und Eisengerätschaften wurden, soweit sie nicht poliert waren, mit einem grellbunten Anstrich versehen. Besonders weiße Farbe wurde angebracht, wo sie sich nur anbringen ließ. Es war eine Beschäftigung, der wir uns mit großer Lust hingaben, und selbst der Alte beteiligte sich an den feineren Arbeiten. Er war fast ein Kunstmaler und verstand es zum Beispiel meisterhaft, mit einem kammförmig ausgezackten Stück Holz auf dem Gläserspind eine Holzmaserung zu imitieren. Ebenso talentvoll wußte er eine lange schwarze Linie längs der Reling schnurgerade zu ziehen. Mir selbst fiel die Aufgabe zu, breitere Flächen mittels eines dicken Pinsels und diverser Dosen Kohlteer mit schwarzem Glanz zu überziehen. Der Malerei folgte das weniger beliebte Messingputzen. Mit Sand und Petroleum mußten alle an Bord befindlichen Messingteile, Gitterstäbe und so weiter, die durch das Meerwasser sehr gelitten hatten, blitzblank gerieben werden. Da gab's manchmal blutige Finger.
Ich weiß nicht wie es kam; ob der Bootsmann vermutete, ich würde seinetwegen in Amerika das Schiff verlassen, oder ob Kapitän Pommer mit ihm gesprochen hatte, genug, er behandelte mich auf einmal mit auffallender Freundlichkeit. Dasselbe galt vom Steuermann. Dieser erzählte mit jetzt mitunter von seiner Heimatstadt Oldersum, die auch der Heimathafen des Schiffes war. Er plauderte von der Reederei, daß derselben im vergangenen Jahr drei Schiffe spurlos verschollen seien, worunter sich auch ein ganz neues befunden habe. Er zeigte mir auch mit nicht geringem Stolz seine schriftlichen Arbeiten von der Steuermannsschule, war aber etwas verblüfft, als ich ihm bei einer leichten geometrischen Aufgabe einen Fehler nachweisen konnte. Kurz, er war sonderbar liebenswürdig auf einmal, aber ich traute dem Frieden nicht.
Am Sonntag, dem z. Juni mittags, sichteten wir während fortgesetzter Segelmanöver verschiedene Inseln. Ich zählte von der Bramrahe an Backbord drei und an Steuerbord eine. Der Kapitän ließ die Lotsenflagge hissen. Gegen sechs Uhr abends steuerte ein Fischerboot auf uns zu, in dem wir bald vier Mulatten erkennen konnten, die nur mit Hose und Hemd bekleidet waren. Wir drehten bei und warfen den Fischern, die in einer mir unverständlichen Sprache laut zu uns herüberschrien, eine Leine zu, mit deren Hilfe sie nun längsseits unseres Schiffes kamen. Es waren wunderschöne Gestalten. Einer von ihnen klomm die von uns über Bord gehängte Falltreppe empor und verhandelte an Deck sehr lebhaft mit dem Kapitän in englischer Sprache. Ich konnte nur einzelne Worte davon verstehen, aber Hermann verdolmetschte mir den Sinn seiner Rede. Der Mulatte erklärte, daß er Fischer wäre und uns für fünfzehn Dollar nach Belize bringen wollte. Allright! Der Alte willigte ein, und der Gelbe blieb bei uns als Lotse an Bord, während seine Begleiter im Boot wieder davonfuhren. Dieser Lotse war nicht größer als ich. Er entledigte sich zunächst an der Kajütstreppe seiner durchnäßten Kleider und zog dafür eine nicht ganz saubere Hose mit sehr guter Ventilation an. Das Frühstück, das ihm der Alte anbot, wies er bescheiden zurück und nahm nur etwas Tee an. Seinen breitkrempigen Strohhut legte er vorher unter den Tisch.
Ich war ganz aufgeregt. Hatte mich schon der vorangegangene Akt der Lotsenaufnahme in hohem Grade interessiert, so lauschte ich jetzt, während ich mir am Gläserspind zu schaffen machte, mit höchster Spannung auf das, was der Fischer von Belize erzählte. Freilich konnte ich bei seiner raschen Sprechweise nur wenig übersetzen, aber ich verstand zum Beispiel, daß Trinkwasser in Belize sehr teuer wäre und Früchte sehr billig, daß nur wenig große Schiffe dorthin kämen, dagegen aber viele kleinere. – Bei den westindischen Inseln ist ein gefährliches Fahrwasser. Wir wurden alle Minuten an Deck zum Segelbrassen gerufen. »Bout ship!« hieß das Kommando, und wehe mir und Paul, wenn wir nicht gleich an Deck flogen. Ich mußte überhaupt jetzt bei allen Arbeiten mit zufassen und half sogar beim Festmachen des Groß-Segels. Da gab's heiße Arbeit, aber wir verrichteten sie mit größtem Eifer.
5. Kapitel: Ankunft in Belize
Einmal wären wir fast auf ein Felsenriff gelaufen. Der Lotse hatte es im letzten Moment noch an der Brandung erkannt. Wir fuhren jetzt so dicht an den Inselgruppen vorbei, daß wir die Palmenwälder darauf mit bloßem Auge sehen konnten. Wir verspürten deutlich einen Landgeruch.
Der Steuermann setzte, wohl dem Lotsen zu Ehren, seine beste Mütze auf. Sie fiel ihm aber über Bord. Darüber verstimmt geriet er wieder mit dem Bootsmann in Streit, weil der den außenbords am Heck hängenden Rettungsring schon wegnahm.
Abends wurde der Anker klar gemacht. Diese Nacht gab's wenig Schlaf. Fortwährend wurden wir zum Brassen herausgerufen, und wenn wir uns danach eben todmüde in Kleidern in die Kojen geworfen hatten, schreckte uns schon wieder das gellende »Bout ship!«