Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027207022
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wenn die Kugeln flogen und Schwerdter klangen. Du kannst Dich auch nicht einmal verändert haben; das merkt' ich Dir wohl in der vergangnen Nacht an.

      Und doch! antwortete Alwin seufzend. Ich sehe nicht ab, warum ich Dir verbergen sollte, was eigentlich in mir vorgeht. Es ist nichts Böses, und daß ich brav bin, habe ich hin und wieder vor Deinen Augen bewiesen. Aber ich habe wirklich immer nur die rechte Lust des Gefechtes erkannt, indem ich dabei an irgend ein schönes Weib dachte, die mir wohl wollte. Wenn die Trompeten schmetterten, fiel mir's ein, wie ich mit ihr getanzt hatte, oder irgend durch eine andre Gedankenverbindung standen ihre freundliche Worte und Winke vor mir; ich rief im begeisterten Muthe: Vorwärts! und jagte eigentlich nur ihrem süßen Lächeln nach, wenn ich gegen den Feind ansprengte. Nun ist das Alles anders geworden. Ich ließ mir damals einreden, daß ich von hübschen Frauen geliebt sei, nun weiß ich, daß ich's nicht bin, und würde jetzt ohne Leben fechten, und eigentlich zu gar nichts taugen.

      Bilde Dir doch kein dummes Zeug ein, sagte Warbrecht. Du würdest Dich so gut schlagen, wie vorher; Courage bleibt die Hauptsache.

      Wenn ich nur wüßte, daß mich gleich die erste Kugel träfe! rief Alwin, indem er sich unter einen Baum niederwarf.

      Da wüßtest Du auch was Rechts, antwortete Warbrecht, sich neben ihn setzend. Drauf und dran, Roß und Mann! So riefst Du ja sonst gern den Reitern zu. Es geht nun einmal nicht anders, als traurig und lustig wechselsweis durch die Welt hin, und der Soldat kommt immer am Besten fort. Wer aber zu längst lebt, beerbt die Uebrigen.

      Ich möchte freilich auch wieder besser jetzt zum Soldaten passen, als sonst, sagte Alwin. Damals konnte ich an Thränen denken, die man über mich weinen würde: nun fühl' ich mich dieser Sorge enthoben, und weiß, daß ich gestorben und vergessen zugleich bin. Auch hab' ich nichts sonderliches mehr auf der Welt zu verlieren, und sollte Dir also nur folgen, wilder Nachtvogel. Sage mir, wofür es eigentlich gilt. Ich möchte mich doch gern für etwas schlagen.

      Nun, immerfort für den evangelischen Glauben, erwiederte Warbrecht.

      Als ob nicht die Mehrsten von Euch ihren Sold aus den Kammern einer Catholischen Macht empfingen! sagte Alwin. Und was schlimmer ist, man hat es mit fremden, undeutschen Alliirten zu thun, die uns als ein Anhängsel zu ihren Planen betrachten. Da soll man denn mit Lust und Freudigkeit Krieg führen!

      Pah! fiel Warbrecht ein, das sind Politika. Wir Soldaten haben damit nichts zu schaffen. Werden wir bezahlt, so ist's gut. Unser Feldgeschrei und Feldzeichen bleibt doch immer dasselbe. Ueberhaupt, was kümmert's Dich? Du hast dem, was Du Dein Unglück nennst, bisher mit der Zither ein Wiegenliedchen gesungen; sing's ihm einmal mit Schwerdtgeklirr und Kanonendonner. Was gilt's – es schläft noch fester ein!

      Schneller wenigstens könnte Alles so zu Ende gehn, sprach Alwin zu sich selbst, und hatte schon die Hand gehoben, um einzuschlagen, da sagte Jemand dicht neben den Beiden:

      Thut nicht so übel, junger Gesell.

      Sie fuhren auf, und sahen sich um. Die Worte waren aus dem Munde eines einfachgekleideten, fast ältlichen Mannes gekommen, der einige Schritte von ihnen im Grase saß.

      Wo führt Ihn denn der Teufel so mit einem Male her? schrie Warbrecht.

      Ich bin auf Gottes Wegen, antwortete der Fremde. Aber hier sitz' ich schon lange; Ihr habt nur nicht Acht auf mich gegeben.

      Und wer heißt Ihn, sich in unser Gespräch mischen? fuhr Warbrecht fort.

      Liebe Herren, sagte der Fremde, Ihr redetet ja nicht heimlich, und was ein Menschenkind aus dem Herzen spricht, muß jedem frommen Gemüthe zu Herzen gehn. Ich denke, wir Alle sind da, einander auf den rechten Weg zu helfen nach unsern besten Kräften. Nun dünkt mich, wollte der junge Gesell dort eben einen falschen einschlagen, und da hab' ich meine Stimme erhoben, daß ich ihm leuchten wollte, mit meinem wohlbekannten Licht.

      Betbruder! rief Warbrecht, und wandte sich lachend ab.

      Ihr meint, Ihr hättet mich gescholten, sagte der Fremde, und habt mich dennoch gar hoch geehrt. Möchten wir doch Alle Brüder im Gebete sein! Da ständ' es gut um die Welt. Man spräche einander freundlich zu, und es brauchte nicht Eurer sündlichen Kriege. Versteht mich wohl! Nicht, daß ich den Kriegsmann richten und verdammen wollte, der sein Schwerdt aus der Scheide zieht, weil es ihm die Obrigkeit gebietet, und weil er die Schwachen und Unmündigen vertheidigen will. Nein! Das ist ein Kampf aus Gottes Geist. Der Fechter wird ein Blitz im Zorn, ohne daß er ihn aufregt in sich selbst. Aber wehe dem, der nach Beute auszieht oder Zeitvertreib, und Menschen bluten läßt unter seinem Schwerdte! Sehe sich ein Jeder vor was er thut. Es ist ein bedenklich Ding um's Kriegführen. An jeder Siegerkrone sitzen viel der heißen Schmerzensthränen, und hast Du nicht auf innern Ruf gefochten, sondern um Eigen-Ehr, so fallen sie Dir brennend heiß auf die Seele. Du wirst nicht schlafen um Mitternacht! Dein Pfüel, und sei er aus Schwanendaunen, wird Dir ein stechender Mahner und grimmiger Feind!

      Was hör' ich denn dem Schwätzer immer fort zu? rief Warbrecht. Man hat dergleichen schon tausendmal hergeplappert, ohne daß ich nur dessen recht inne geworden wär'.

      Man hat's vielleicht nicht aus dem rechten Herzen gethan, sagte der Fremde. Die Worte aber waren doch immer aller Ehren werth. Zu Euch red' ich auch eigentlich nicht; vielmehr zu dem jungen edlen Zweige dort, von dem ich wohl bessre Blüthen erwarten möchte, als blutreitzende Dornen. Hat er deren früher getragen, um so süßer wird die duftende Himmelsrose aus ihm erwachsen.

      Nun schweigt und geht, sagte Warbrecht, die Hand an's Schwerdt legend.

      Der Fremde fuhr, ohne nach ihm hinzublicken gegen Alwin fort: wen könntest Du denn treffen, edler junger Held, der nicht Dein Blut wär' und Dein Fleisch? Was haben wir Brüder und Schwestern mit einander zu hadern, um einen bunten Rock, der Morgen unscheinbar wird?

      Deiner soll blutig werden, schrie Warbrecht, und holte gegen den Fremden aus. Alwin rief, dazwischen tretend, das sollst Du nicht, so lang ich noch den Arm regen kann. Zurück!

      Nicht so gebietrisch, sagte Warbrecht lachend. Du hast keine Waffe bei Dir, und ich könnte Dich leichtlich zusammt Deinem Schützling in Stücken hauen.

      Alwin sprang zur nächsten Eiche, um einen Ast zu brechen, während der Fremde Warbrechten näher schritt, und sagte: ich glaube zwar nicht, daß es Gottes Wille sei, mich und den jungen Mann hier in Eure blutigen Hände zu liefern. Welch Kind aber kann sagen, was der Vater mit ihm vorhat? Soll es also sein, so haut nur zu. Es mag auch wohl dermaleinst Eurer Buße dienen, und das Gericht in Euerm Innern zu heilsamen Schrecken anregen. In Gottes Namen! Darauf trat er noch einen Schritt näher, und sah Warbrechten freundlich in's Gesicht.

      Dieser aber floh mit einem Ausruf des Entsetzens durch den Wald.

       Inhaltsverzeichnis

      Was kam ihm denn an, daß er so plötzlich davon lief? sagte Alwin.

      Laß uns Gott danken, daß wir es nicht wissen, antwortete der Fremde. Wenn man ein gottesfürchtiges Wort spricht, zündet es die reine Liebesflamme im Herzen der Getreuen an, aber wo abtrünnige Gemüther sind, bleibt es auch nicht ohne Wirkung, nur geht es schlimm damit, wie als die Engel nach Sodom kamen. Das Böse sieht sich selbst im reinen Spiegel verspottet, nach all seiner Häßlichkeit. Es bläht sich, trozt, und erzittert im eignen Zorn, bis es das Feuer im Himmel erweckt, und auf sich herabruft.

      Er sagte nachher, daß er mit Alwin gehn wolle, wenn dessen Weg sich etwa nach dem Forsthause richte, denn dort pflege er gern Besuche abzustatten, und sei nur durch den strengen Winter so lange davon entfernt gehalten.

      Wie sie unter den hohen Bäumen hingingen, blickte Alwin mit einem heimlichen Schauder auf seinen Gefährten, eben weil dieser so gar nichts auszeichnendes hatte, nicht in Kleidung, Gang noch Miene. Es war, als sei die äußre Form nur so zufällig um den reinen Geist geworfen, und als könne er sie in jedem Augenblick abstreifen, um in andrer Gestalt, auf das ihm Verwandte zu würken.

      Sie