Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027207022
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Menschen Worte geloben? Oder wollt Ihr ihn heimlicher Weise bedingen? Meineidiger alsdann!

      Und es sind doch viele fromme, herrliche, gottgetreue Gemüther aus dem Schooße des Katholischen Glaubens hervorgegangen, und gehn noch täglich daraus hervor, erwiederte Alwin. Warum soll denn nur mir der Pfad verschlossen sein?

      Weil Ihr eben nicht zu ihnen gehört, sagte Walter. Wer schläft sündigt nicht, ja er kann in herrlichen Träumen Gottes Offenbarungen empfangen, und, des Wachens unbewußt, in den Himmel hinübergehn. Aber öffne nur erst für eine halbe Sekunde die Augen, und es ist mit Deinem Schlafe vorbei. Wenn Du Dich auch noch einmal wieder einwiegst, was kann Dir's helfen? Das Tageslicht hat nun einmal Besitz von Deinen Blicken genommen, und wie Du die Augen auch zudrückst, der fremde Gast wohnt drinn, und stemmt sich feindseelig gegen Deine Träume an. Möchtest Du Opium nehmen, um Dich noch länger im Taumel zu erhalten, und späterhin dumpfer, zerstörter zu erwachen? Frisch lieber dem Schlaf, dem lieben, dem seeligen, da er doch einmal angegriffen ist, ein freundlich Lebewohl gesagt, und dreist dem Tageslicht entgegen geschaut. Wenn wir einmal ahnen; was besser ist; nicht zu wissen, müssen wir's ganz wissen. Alles andere ist vom Uebel. Mache Dir's nur klar, daß von Dir selbst, ganz und gar von Dir selbst die Rede ist, daß Tod und Leben beide in Dir wohnen, und daß Alles, was Dir diese sichre Ansicht verdunkeln oder verkleiden möchte, vom Lügenvater herkommt, und eine kurze Gaukelei ist, um uns die sichre Hölle zu verkleiden. Sieh Allem dreist entgegen, was Dich schreckt, aber fühle, daß all Deine Freude, sonder all Dein Zuthun von oben her dem demüthigen Sinne beschieden wird. Es soll ein tapfres Volk auf Erden gegeben haben, welches den Sinnspruch führte:

      Des Unterworfnen schon', den Frechen schlag darnieder.

      So meint es auch der Tod. Ergieb Dich ihm, und Du wirst seine Süßigkeit erkennen.

      Es geschah nach Walters Worten. Je länger und fruchtloser Alwin gegen die Schrecken des unvermeidlichen Feindes rang, je stiller ergab er sich drein, und sank endlich wie ein unrettbares Opfer schweigend in die dunkeln Fluthen hinab. Da ward's ihm leicht und licht. Was ihm ehemals den Abscheu vor Dunkel und Sterben im tiefsten Herzen erweckt hatte, schloß sich nun eine funkensprühende Blüthe auf. Eben daß Du den Tod fürchtest, rief es in ihm empor, bürgt Dir das ewige Leben. Mich, Dein liebstes, heiligstes Dasein wolltest Du bewahren, und ich lasse Dich auch nicht, obgleich die Würmer an Dir nagen werden, und die Erdschollen Dich einschließen in's feuchte Grab. Ich bin die ewige Liebe, in Dir zu einem Menschen gestaltet, und wandle mit Dir durch Moder und Staub, und lasse Dich nicht aus meinen Armen, wofern Du nicht selber Dich losreist. Der Tod ist unser Brautführer, unser bester Freund, aber er wird böse, und nimmt eine schreckende Larve vor, wenn man nicht das Herz hat, ihm, dem ernsten Gestalter, in's Antlitz zu schauen. Vor mir aber verklärt er sich zum himmlischen Geleiter. Liebe, und Du wirst leben!

      Alwin's freudiges Aussehn, seine stille, fromme Reden verkündeten Waltern bald, was vorgegangen war, so daß dieser folgende Verse zu ihm sagte:

      Das Blümlein ist aus wilder Erden,

       Der Tag erwachsen aus der Nacht.

       Nun Heil den drohenden Beschwerden,

       Die aufgeschlossen solche Pracht!

       Inhaltsverzeichnis

      Wenn das Licht in Alwin's Geiste durch Nebelwolken auf Stunden und Tage wieder verdeckt ward, redete ihm Walter freundlich zu, und brachte ihm den steten Kampf in Erinnrung, welchen Himmel und Erde um unsern Besitz mit einander bestehn.

      Was wär't Ihr nur für ein Rittersmann, pflegte er alsdann zu sagen, wenn sich Euer Feind nie zur Wehr setzte. Die stille Flur giebt wackern Kämpfern keine Freude, wohl aber das ersiegte Feld. Nur immer kühner, immer zerstörender in Eures Feindes Mitte gedrungen, in Eure Laster und Lüste, so wird's Euch auch immer heller, und Ihr fühlt das edle Siegskränzlein immer näher ob Euerm Haupte wehn. Sollte es einmal ganz still in Euch werden, dann seid besorgt, dann untersucht's genau, welche Kraft eigentlich in Euch bezwungen sei, ob die rechte, ob die schlechte. Bis dahin guten Muth im Kampf. Kann der Feind die Liebe in Euch angreifen, so ist sie auch in Euch da.

      Alwin dichtete in dieser Zeit folgendes Lied.

      Es wird mir noch gelingen,

       Zu Dir mich aufzuschwingen,

       Du ew'ges Liebeslicht.

       Dem schwächsten Deiner Sprossen

       Bliebst Du ja nie verschlossen,

       Auch mir verschlossen nicht.

      Du willst Dich gern gestalten,

       Gern neu in Zweigen walten,

       In neuer Blüthen Pracht.

       Nimm hin mich! Treib' und dränge,

       Was Dir gefällt! Versenge

       Was mishagt Deiner Macht.

      Wenn's um mich spielt und wandelt,

       In mir von Thorheit handelt,

       Du bleibst getreu und rein,

       Durchstrahlst jedwedes Bildniß,

       Schaffst Gärten aus der Wildniß,

       Aus Nächten Sonnenschein.

      Kein Leben ist begonnen,

       Wo Tod nicht erst gesponnen

       Umher sein Trauerhaus.

       Nie hat man Freud' erfunden

       Als ringsum erst gebunden

       Von wunderlichem Graus.

      Halt mich nur fest, du Schrecken!

       Du Tod, magst nur mich necken!

       Faß mich, Du Erdenschlund!

       Willkommen doch wird heißen

       Der Gärtner bald mein Gleissen,

       Mich Blümlein schön und bunt.

      Eines Abends war Alwin tief in den Wald hinein gegangen, und konnte den Rückweg nicht wieder finden. Er stand am Fuß einer ziemlich steilen Höhe, von wo aus, meinte er, die Gegend sich besser übersehn lassen würde, weshalb er auch seine Kräfte sammelte, und erneuten Muthes hinan stieg. Durch die Zweige sah es ihm wie Gemäuer entgegen, und in der Hoffnung, auf einen menschlichen Wohnplatz zu treffen, achtete er des Grausens nicht, das von den Buchenzweigen hernieder schwebte, nicht der wachsenden Dunkelheit, und des ununterbrochnen Schweigens umher. Als er oben stand, war die Nacht völlig hereingebrochen, viele Sterne blinkten, und reichten ihm eben Licht genug, die Umrisse einer alten Ritterburg zu erkennen. Drinn war Alles still, und er schritt (eine Brücke konnte er nicht finden,) in den trocknen Graben hinein, den hohen Wall hinauf, über die zerbrochne Mauer fort, bis er auf einem geräumigen Burghofe stand. Hier verkündete das hohe, feuchte Gras die Verödung der einst besuchten Hallen, Nebelgewölke zogen am Himmel herauf, – Alwin hätte gern den Rückweg gesucht, aber, er konnte sich selbst es nicht mehr bergen, der Gang über den öden Wall, das Dunkel im tiefen Graben schreckte ihn zurück. Was er je von schauerlichen Geschichten vernommen hatte, kam jetzt in sein Gemüth, als ständen all die gräßlichen Gestalten hinter ihm, und warteten nur auf sein Umwenden, um ihm höhnisch in's Gesicht zu lachen. Er ging daher lieber angestrengten Muthes vorwärts, und bemerkte, daß ihm ein wunderlicher Glanz entgegenleuchtete. Erst hielt er's für eine Lampe, endlich erkannte er einen reichen Haufen Goldes aus der Tiefe heraufblitzend, weil drüber ein Karfunkel hing, der die blanke Masse mit seinem Scheine bestrahlte. Manchmal war es, als säße eine häßliche, rauhe Gestalt neben dem Schatz, manchmal, als komme das nur von der seltsamen Beleuchtung, und es stehe Niemand bei dem Golde, als er, in dessen Belieben Nehmen und Liegenlassen gestellt sei. Er wollte fassen, er wollte fliehn, wie sich eben in ihm die Begier regte, oder ein unheimliches Gefühl. Da hörte er hinter sich sagen: laßt Euch nicht versuchen, und als er scheu umblickte, faßte ihn Walter freundlich bei der Hand, der Goldesschimmer verschwand, zugleich die unbekannten Schrecken, und er saß neben seinem Freunde auf dem thauigen Rasen, erquickende Nachtkühle um ihn her.