Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027207022
Скачать книгу
Spiele zu liefern, welches ich auf keine Weise umgehn konnte, und abkürzen nur mit der höchsten Mühe. Er kam endlich wieder in's Gleis, und erzählte, wie seltsam es sei, daß er sich nun wirklich in Spanien befinde, und ob ich ihm gleich einwandte, daß diese Seltsamkeit mehreren Millionen Menschen begegne, ließ er sich doch nicht weiter drauf ein, als daß er es auffallend fand, wie wir Beide selbst hierin zusammen träfen; der nämliche Zweifel necke auch ihn bisweilen, und doch erkenne er ihn immer als einen bloßen Spaß, wie auch ich ihn eben vorgebracht hätte. Dann erklärte er weiter, daß er noch nichts von Spanien kenne, als die kleine häßliche Stadt, worin er eben wohne, und das sei die unerhörteste Seltsamkeit seines unerhörten Lebens. Mein Vater, sagte er, ist doch gewiß ein kluger Mann. Ein ausserordentlicher kluger Mann. Nicht wahr? Ich machte eine höfliche Verbeugung. Nun seht, fuhr er fort, und dabei hat er eine so kuriose Aussenseite, daß ihn viele, ja die mehrsten Menschen für dumm halten. Das macht: er ist der Repräsentant des Nordens, ich des Südens. Drum ist er einengend, streng, karg, ich überströmend, weich, glühend, und wenn ich durch die Welt reisen möchte, giebt der Wunderbare mir nicht einen Maravedi, um auf's nächste Dorf zu gehn. (Es ist doch, beiläufig gesagt, ausserordentlich, daß ich jetzt nach diesen fremden Münzsorten rechne!) Endlich kam er damit heraus, wie er eine kleine, unabhängige Erbschaft gethan habe, und damit zu uns reisen wolle, zu uns, hierher, und hier bleiben, ja auch ein Stücker sechs Freunde mitbringen wolle, Landsleute und Handlungsdiener seines Vaters, die ihm selbst gleich sähen, wie ein weiß und gelbes Ey dem andern, vielleicht auch gar eine mütterliche Freundin, ein treffliches Weib, die aber noch im Städchen ein höchst wundervolles Leben führe; sie beherberge den Pilger für sein fremdes Gold, kurz sie sei eine Gastwirthin und zwar wie sichs ergab, die, aus meiner elenden Posada. Ich ward bleich vor Schrecken, ja, die Sprache fehlte mir, und als ich diese endlich wieder gewonnen hatte, bemühte ich mich, die allergemeinsten Dinge zu sagen und zu thun, damit ich unserm Candidaten seinen neubetretnen Weg verleiden, und ein so großes Uebel von Euch Allen abwenden möchte, Ihr holde Frauen, und Ihr verständige Männer! Aber er kehrte sich nicht daran; vielmehr fand er auch dieses wunderbar, und seltsam, und unerhört, und sagte endlich, wofern ich ihm nicht behülflich sein wolle, müsse er seinen Weg allein antreten, und werde mit dem morgenden Tage aufbrechen, um Euch eine angenehme Ueberraschung zu verschaffen. Sollte ich nun zugeben, daß Einer aus Euch thierisches Blut vergösse? Denn wirklich, es blieb doch nur ein Mord übrig, um solches lästigen Gesellen los zu werden. Weil es daher noch an der Zeit war, schlug ich den mildern Weg ein. Ich machte ihm weiß, wir überständen allesammt eine Prüfungszeit, von anderthalb Jahren wenigstens, binnen deren wir schwören müßten, auch nicht einen einzigen Vers zu machen, ja, nicht zu thun, als ob wir Poeten wären, um erst recht gewiß zu erfahren, ob wir die rechte, unverlöschliche Flamme in unserm Innern spürten. Ihm zu Liebe wolle ich jedoch die Probe abkürzen; ich werde schon früher wiederkommen, und er solle mir blos schwören, bis zu meiner Rückkehr die angeführten Bedingungen zu beobachten. Ich gestehe nämlich, daß ich fast so eine List im Sinne hatte, wie Lykurgus. Ich wollte mich freiwillig aus dem Rattennest verbannen, für ewige Zeiten, und ihn auf diese Weise nöthigen, dem Versemachen gänzlich zu entsagen. Er aber merkte Unrath, oder erwog doch mindestens die Unfälle, welche mich unterweges treffen könnten, und führte mir daher zu Gemüthe, wie ich es nicht wagen dürfte, die Welt auf ein Ungefähr hin, vielleicht seiner Gedichte gänzlich zu berauben. Auf der letzten Tagereise hatte ich einen tüchtigen Catalonischen Bauer gefunden, welcher etwa sechshundert Realen zu seiner Wirthschaft borgen wollte, und auch mehr für bessre Anordnungen brauchen konnte. In diese Realität nun wies ich meinen poetischen Freund hinein, und gab ihm auf, sein Geld dorten anzulegen, zugleich auch seine Probezeit in jenem Hause zu bestehn. Er ging es ein. Nur bis Morgen noch, sagte er, darf ich wohl der holden Poesie opfern? Ich gab es unbesonnen zu, denn nachdem ich schon zu Bette war, kratzte er noch immer auf der Guitarre, und störte mich im Schlafe, wobei auch ihn beständig ein überwältigendes Gähnen unterbrach. Zuletzt rief er aus: Nun zum kurzen Schlummer! zum kurzen nur und unruhigen! Darin hatte er sich jedoch glücklicher Weise verrechnet, denn er schnarchte augenblicklich, und schlief auch noch sehr fest, als ich am andern Morgen bei hellen Tage weiter zog.

      Ich kam zurück, und fand ihn mit der Catalonischen Bauerstochter verheirathet, wobei er seinen Bund mit einer Spanierin unaufhörlich bewunderte, aber hierher ziehn konnte er doch nicht, denn die Wirthschaft foderte seine Gegenwart, die gleichgesinnten Freunde waren zersprengt, das treffliche Weib hatte seine Posada näher an Madrid verlegt, kurz unser verderbliches Gewitter ist vertheilt, und nebenbei ein armer Landwirth zu Gelde gebracht, ein Narr zu beinah halbem Verstande, und ich zum Ende meiner Geschichte. Kränzt mich, Ihr hübschen Frauen, denn ich hab' es fürwahr um die ganze Gesellschaft verdient.

       Inhaltsverzeichnis

      Man fing nun an, sehr lebhaft zu streiten; einige gegen Florismartes Anspruch, andre dafür. Jene führten an: er habe eine Sünde begangen, indem er daran schuld sei, daß die Gesellschaft nun ihren besten Lustigmacher gar nicht zu sehn bekomme; ob er denn für weiser gelten wolle als der Schöpfer, der doch keine Dunkelheit verschmähe, um sein Licht desto leuchtender zu beschauen? Und wie man je zu einem rechten Lachen gelangen möge und drin beharren, wenn man die Wirklichkeit so von sich abstelle, und nur immer mit den Geschöpfen eigner Phantasie zu thun habe, da doch Niemand sich selbst zu kitzeln im Stande sei? Florismarte verdiene keinen Kranz; vielmehr müsse er als irrender Ritter in der Welt umher ziehen, bis er das verschleuderte Juweel wieder auffinde und zur Stelle bringe. Die Vertheidiger wandten dagegen ein: die Dummheit sei nur lustig, wenn man sie aus der gehörigen Entfernung beschaue; in der Nähe betrachtet werde sie wie ein grobes Gemälde zu häßlichen, formlosen Klaksen. Dazu sei es noch eine ganz andre Sache, sich einmal für allemal über dergleichen satt lachen, als den gemeinen Anblick täglich und unvermeidlich vor Augen haben. Bewähre ja doch die Erfahrung daß selbst schöne und prächtige Gegenstände von stätem Anschauen an ihrem Zauber verlöhren, was man denn von dem fortgesetzten Umgange eines sentimentalen Kaufmannsburschen erwarten solle? Noch ungerechnet, daß er mit einem stärkern Heere gedroht habe, mit den sechs bis sieben gleichgestimmten Seelen; das trefliche Weib, die Gastwirthin, nicht einmal gerechnet. Florismarte verdiene also auf alle Weise den Kranz. Die letztre Meinung behielt endlich die Oberhand, und es fragte sich nur, woraus man ihm seine Siegerkrone flechten solle.

      Nur nicht aus Rosen, sagte eine schöne Frau, wie mein sanfter, freundlicher Raimund eine erhalten hat. Warum nicht? erwiederte eine Andre; man müßte aber die Dornen nicht dran vergessen. Damit sie sich mir ins Fleisch drückten, fiel Florismarte ein. Dafür hab' ich daran ohnehin genug, und protestire förmlich dagegen. Nun gut, rief die zweite Sprecherin. Ich habe den rechten Ausweg gefunden. Kommt her, Ihr Gränzvertheidiger, Ihr wilder Jäger. Sie nahm einen kleinen goldnen Pfeil, den sie zwischen anderm Geschmeide in den schwarzen Locken trug, herunter, und zugleich eine rothe, goldgestrickte Schärpe von den Hüften, womit sie jene artige Waffe in Florismartes Haare festband. So seid Ihr bekränzt, wie's Euch gebührt, sagte sie; als ein wunderlicher Mensch, der mitunter heidnisch genug aussieht, und die Waffe blitzt aus dem Turban hervor. Alle riefen ihr Beifall zu; in der That sah Florismarte mit dem seltsamen Hauptschmucke vortrefflich aus, keck, fremdartig, so daß Viele behaupteten, er sei Zoroaster, oder irgend sonst ein orientalischer Magus, der unter dieser Gestalt seinen Spaß mit ihnen treibe.

      Wenn Ihr das meint, antwortete Florismarte, muß ich Euern Glauben wenigstens nicht ganz und gar zu Schande machen, sondern Euch vielmehr ein Fest auftischen, das ich für Euch Alle bereitet habe.

      Und bist kaum seit zwei oder drei Stunden hier? fragte man von mehrern Seiten.

      Ihr macht auch einen gar zu schlechten Zoroaster aus mir, sagte er. Ich könnte ja wohl meine Geister auf einige Tagereisen vorausgeschickt haben. Diesmal war es nun leichter mit meinen Dienern abzumachen. Aber was geht Euch dann das auch überhaupt an? Komme es, woher es wolle, das Fest steht bereit, die Nacht dunkelt herein und ist still, so daß es sich gut ausnehmen wird, und also mir nach!

      Er führte sie durch Gegenden des Thales, wo bald auch die geübtesten Herumstreifer unter ihnen sich als Fremdlinge vorkamen. Dabei sang er ihnen Lieder vor, die er aus den südlichern Ländern mitgebracht hatte, erzählte