Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Friedrich de La Motte Fouque
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027207022
Скачать книгу
allein.

      Da rauschte es neben ihm in den Zweigen. Ein schönes Mädchen, von zwei jungen Hirten begleitet, hatte sich aus dem Tanze zurückgezogen, und ließ sich, von dem Einen umschlungen, sehr behaglich in das schwellende Gras nieder. Der Andre stand betrübt vor ihnen. Laß Dich's nicht so anfechten, Antonio, sagte der Erste. Wie spröde Dein Mädchen thun mag, ist es doch damit nicht anders, als mit dem Gebirgsschnee, der vor den Sonnenstrahlen schmilzt, wenn nicht im März, doch gewiß im April. – Es bleibt auch vieler den ganzen Sommer lang oben liegen, antwortete Antonio, und weil es Dir glücklich gegangen ist, Lope, ist es noch nicht ausgemacht, daß es jedem Andern auch so gehn müße. – Ich hatte doch zwei Feinde zu bekämpfen, sagte Lope; Olalla's Sprödigkeit, und noch ausserdem die Luchsaugen ihres Vormundes. Die waren es leider hauptsächlich, fiel Olalla ein: meine Sprödigkeit war geschmolzner Schnee. Ich muß nun meine Thorheit schon bekennen, da es mit dem Läugnen nicht mehr gehn will. Glaube nur, Antonio, wir Mädchen stellen uns alle schlimmer an, als wir sind, und gegen den am schlimmsten, der uns am besten gefällt. So wird es wohl mit Deiner Therese auch sein. Vergiß nur nicht den Heiligen anzurufen. Ich habe es Heute recht inbrünstig gethan, sagte Antonio. Nun dann wird er Dir auch helfen, wie er uns geholfen hat, meinte Lope. Wie das zugegangen ist, fuhr er fort, läßt sich hübsch anhören. Ich dächte, Olalla, wir sängen ihm die Romanze vor, die wir Beide drauf gemacht haben, wenn Du, Antonio, es anders gern hören willst. Es wird mir ein rechter Trost sein, antwortete dieser, und sie fingen ihr Lied an.

      Lope.

       Wandelnd über schroffe Felsen,

       Dicht vorbei wo Schlünde drohen,

       Dreist auf morschen Brückenstegen,

       Die nachläss'ge Hand geworfen,

       Zieht ein Hirte, Lieder blasend,

       Lieder singend, weil dort oben,

       Oben auf der höchsten Alpe

       Liebchen Wohnung hält im Sommer.

       Gradaus darf er ja nicht hinziehn,

       Nicht mit seiner Werbung kommen,

       Denn der Oheim schilt und eifert,

       Will sein Mündel nicht verloben.

       Armer Hirt! Vergeblich Sehnen!

       Liebeschmeicheln unvernommen!

      Olalla.

       Einsam zwischen Rahm und Wocken,

       Schlimm bewacht von Oheims Listen,

       Muß ein armes Hirtenmädchen

       In der öden Wohnung sitzen.

       Andre gehn zu lust'gen Tänzen,

       Hören art'ge Liebesbitten,

       Können weigern und gewähren,

       Schmerzen steigern oder lindern,

       Alles wie's die lust'ge Laune,

       Wie's erweichter Sinn gebietet.

       Nur ich Mädchen, armes Mädchen,

       Bleib' allein im engen Zimmer!

       Oefters zieht vorbei der Alpe

       Jugendschlank ein schöner Hirte,

       Bläst und singt verliebte Töne,

       Die man gern ihm möcht' erwiedern.

       Aber, du mein böser Oheim,

       Läßt Dich immer wachsam finden!

      Lope.

       Heimlich blieb des Hirten Liebe,

       Höher trieb die innre Lohe;

       Ungeduld'gen Herzens wünscht' er

       Schon herauf den klaren Morgen,

       Wo zur Wallfahrt unsres Heil'gen

       Jeder kommt vom Thal gezogen.

       Ach, sie kamen, ach, sie wallten,

       Lieder klangen, Fahnen flogen,

       Und es blieb in all' dem Jubel

       Sein geliebtes Bild verborgen.

       Zürnend halb, und weinend halb,

       Trat er zu des Heil'gen Throne,

       Sagte: nicht 'mal Dir zur Feier

       Läßt der Oheim Thüren offen.

       Hilf uns Heil'ger! Hilf uns Beiden!

       Denn mich dünkt auch sie, die Holde,

       Ließe gern ihr Antlitz leuchten,

       Und wenn mich ihr Wink erkoren

       Soll's Dir nie an Lobgesängen

       Fehlen, und an andern Opfern.

       Sei uns günstig, lieber Heil'ger,

       Mach' den süssen Streit begonnen.

      Olalla.

       Als vorbei die Hirten zogen,

       Saß sie weinend hinter Gittern,

       Bat: o lieber, guter Heil'ger,

       Hilf mir, hilf! Ich will Dir bieten

       Alles was die Heerden schaffen,

       Alles was die Felder bringen,

       Denn ich bin ein reiches Mädchen,

       Habe Aecker, Seen und Wiesen,

       Nur daß Vormund geizig Haus hält,

       Gern mich stets in Windeln hielte.

       Bin doch schon so lang' erwachsen,

       Vierzehn Jahr schon aus der Wiege.

       Laß nur mal zu Deinem Feste

       Wandeln mich; da wird sichs finden.

      Beide.

       Und der Heil'ge sah hernieder,

       Wollte was die Beiden wollten,

       Denn wo Länder fernhin liegen

       Große Länder, reich an Golde,

       Dorthin zogen große Schiffe,

       Mit sich fort den Vormund lockend.

       Und beim nächsten Fest als Pilger

       Trafen sich die beiden Holden,

       Lachten, scherzten, küßten, liebten,

       Frei auf seinen Liebeswogen.

       Auch erfanden sie ein Liedchen

       Feiernd die ersehnte Wonne,

       Sangens oftmals, sangens wieder

       Eben jetzt vor Euern Ohren.

      Die drei gingen hierauf wieder vergnügt zum Tanze, und Alwin zur Kirche, wo er dem Heiligen sich selbst und sein ganzes Leben verlobte, für die Gewährung seiner glühenden, halb unverstandnen Sehnsucht.

       Inhaltsverzeichnis

      Es gab im Klostergebäude einen geräumigen Saal, worin man eine Bibliothek aufgestellt fand, theils wie sie beim Ankauf vorgefunden war, theils auch mit Büchern vermehrt, welche Einige aus der Gesellschaft dorthin gegeben hatten. Vor Allem gab es viele Hefte voll alter Sagen und Gedichte, daran sich Alwin außerordentlich ergötzte. Er brachte manchen Tag dabei zu, vom Eismeer bis zum Süden durch alle verschiednen Sprachen hinstreifend, obgleich er die nördlichen Gebilde mit ausgezeichneter Vorliebe umfaßte, und wenn alsdann ein linder Abend von den westlichen Bergen niederschwebte, brach er auf, nur von seinen alten Historien und Träumen begleitet. Durch die pfadlosesten Wälder ging sein Weg, hinab in die verwachsensten Thäler, zu den steilsten Felsen hinauf, so daß ihn oft die Nacht auf seiner Wanderung überraschte, und er einigemal erst mit anbrechendem Morgen zurück kam. Die Gesellschaft verfehlte nicht, ihn deshalb mit allerhand drolligen Namen zu belegen. Nachtwandler hieß er, Eule, Menschenscheu, Hexenmeister. Als man ihn einstmals darüber neckte, sagte Raimund: