Darkest Blackout. Justin C. Skylark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Justin C. Skylark
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960894315
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ihn in jungen Jahren mitgenommen hat. Er erzählt ja nichts freiwillig.»

      «Also gibt er sich auch dir gegenüber bedeckt?», wollte sie wissen.

      «Bedeckt ist geschmeichelt», antwortete er. «Will ich Informationen haben, muss ich darum betteln, und selbst dann lässt er mich oftmals im Regen stehen. Das ist nicht leicht.»

      Emma blätterte in den Unterlagen herum. «Es sind jetzt fast drei Monate, in denen er die Fußfessel trägt. Wie geht es ihm damit?»

      «Es geht ihm besser», erwiderte Dylan frei raus. «Wir hatten Sex.»

      «Oh!» Emma lachte. Sie hob die Schultern an. «Ist das ungewöhnlich? Ihr seid ein Paar.»

      «Na ja.» Dylan druckste herum. «Ich hatte doch erzählt, dass er sich nach dem Amerikatrip zurückgezogen hat – und das auf ganzer Linie. Die letzten Wochen lief überhaupt nichts mehr zwischen uns und er schob es auf die Fußfessel.» Entspannt stieß er einen Seufzer aus. «Aber seit ein paar Tagen ist der Knoten geplatzt.» Er grinste. «Wie du mitbekommen hast.»

      «Wie ist er denn als Liebhaber?», hakte Emma nach.

      Dylan stutzte. «Das willst du jetzt nicht wirklich wissen oder?»

      «Du musst keine Bedenken haben», erwiderte sie und deutete auf ihre Aufzeichnungen. «Das kommt nicht in den Bericht und du bist nicht verpflichtet, mir davon zu erzählen. Immerhin müsste ich eigentlich mit ihm darüber reden. Aber es gibt Fälle, bei denen sich die Angeklagten vorbildlich an ihre Auflagen halten, den Schein bewahren, dass alles korrekt läuft, und hinter unserem Rücken den Frust ablassen. Leidtragende sind oftmals Angehörige und Partner.» Sie verdeutlichte: «Je mehr du mir von seinem Alltag erzählst, desto besser bekomme ich ein Bild von ihm und desto positiver wird mein Bericht ausfallen – vorausgesetzt, du bestätigst, dass er sich unter Kontrolle hat.»

      Dylan nickte. «Verstehe.» Er leerte seine Tasse, beugte sich vor und dämpfte die Stimme. Niemand außer ihr sollte erfahren, was sich aus sexueller Sicht zwischen ihm und Thor abspielte. «Ich kann dich beruhigen: Er ist weder ein Schläger noch lässt er die Wut an mir aus. Im Gegenteil – wenn er sich Sorgen oder Gedanken macht, zieht er sich zurück, dann braucht er Ruhe. Das ist es, was für mich unerträglich ist. Dass er sich mir entzieht und mich nicht teilhaben lässt an seinen Gefühlen. Ansonsten harmonieren wir recht gut im Bett.» Mit einem verlegenen Lächeln schob er sich eine Haarsträhne hinter das Ohr.

      «Also kein Gewaltpotential», fasste Emma zusammen und kritzelte in die Unterlagen. «Keine sexuellen Übergriffe?»

      Dylan schüttelte den Kopf. Da senkte Emma den Stift und sah ihn tiefgründig an. «Was ist mit den Schlägereien, über die die Presse oftmals berichtet hatte? Du sagtest mal, es war eine Art Kräftemessen zwischen euch, etwas, das zu eurer Beziehung gehört?»

      «Das ist richtig», antwortete Dylan.

      «Aber mittlerweile gibt es keine Gewalt mehr zwischen euch?» Sie setzte den Stift auf das Papier, sichtlich in der Annahme, eine knappe Verneinung zu notieren, aber Dylan antwortete nicht sofort. Das machte sie stutzig. Sein Kopf war geneigt und er zupfte nervös an der Serviette herum. «Dylan? Alles okay?»

      «Ja, ich …» Er sah auf und blickte aus dem Fenster. «Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, aber in gewisser Weise spielt Gewalt schon eine Rolle zwischen uns.» Seine Stimme wurde noch einen Tick leiser. «Vor allem beim Sex.»

      «Okay …» Sie legte den Stift ab. «Möchtest du davon erzählen?»

      «Wenn es von Nutzen ist?» Er sah sie an und lächelte unschlüssig. Sie nickte, sodass er den Mut fasste, weiter in die Materie einzusteigen.

      «Zuerst habe ich nicht begriffen, was da vor sich geht. Eigentlich dachte ich, mein Sexualleben sei normal.» Ein schiefes Grinsen legte sich auf sein Gesicht. «Soweit man es als normal bezeichnen kann, dass ich als schwuler Sänger lediglich mit männlichen Groupies verkehrt hatte.» Er machte eine Pause. «Aber dann kam Thor und alles hat sich geändert.» Da sie nicht nachfragte, fuhr er ungeniert fort. «Meine Ärztin und auch mein Psychiater sagen, dass es an meiner Kindheit liegt, dass ich diesen Hang zur Gewalt habe. Während meiner Alkoholexzesse habe ich mich ständig mit den Leuten angelegt und dabei ist einiges zu Bruch gegangen. Manchmal hab ich mich dabei auch verletzt.» Er hob die Schulter an. «Mir war das nie bewusst gewesen, aber mein Verhalten war ein Aufschrei, der Wunsch nach Liebe und Anerkennung … Von meinen Eltern habe ich Derartiges nie erfahren. Stattdessen haben sie mich verdroschen.» Kurz schloss er die Augen. Lange hatte es gedauert, bis er die Zusammenhänge verstanden hatte. Nun, nach unzähligen Gesprächen und ohne die Sauferei, war es ihm endlich möglich, sein damaliges und auch heutiges Verhalten zu deuten.

      «Kinder suchen immer die Anerkennung ihrer Eltern», meinte Emma und er stimmte zu.

      «Zweifellos. Als Kind hab ich gelernt, dass man mich wahrnimmt, wenn ich Schmerzen spüre, denn dann war jemand da, der mich registriert hat. Dabei ist das falsch …» Nahezu erschrocken sah er sie an. «Ohne Alkohol bin ich gelassener geworden und meine Beziehung zu Thor hat dazu beigetragen, dass ich nicht mehr in die Vollen haue. Aber ab und zu bricht es in mir durch. Und ich empfinde es als extrem lustvoll, wenn man hart mit mir umspringt, wenn ich beim Sex an meine Grenzen gerate, wenn mich jemand mit Kraft und Stärke in die Knie zwingt. Erst dann hab ich das Gefühl, vollkommen akzeptiert zu werden.» Er nickte seine Worte ab. «Ab und zu passiert es dann auch, dass ich mich nach Gewalt sehne.»

      Plötzlich konnte er sie nicht mehr ansehen. Das Schweigen hatte er gebrochen und es tat gut, darüber zu reden. Aber ebenfalls hatte er das Gefühl, sie mit seinem Geständnis schockiert zu haben. Sie erwiderte seinen Blick mit geweiteten Augen. «Das ist schwere Kost», sagte sie lediglich. Dylan nickte still und rutschte vom Stuhl. «Du entschuldigst mich kurz?» Nahezu fluchtartig verließ er das Café, doch blieb er vor dem Eingang stehen. Mit zittrigen Fingern entfachte er eine Zigarette. Nach wenigen Zügen fühlte er sich geordnet, sodass er wieder an den Tisch zurückkehrte. «Sorry», entwich es ihm. «Aber du wolltest es wissen.»

      «Das ist okay», sagte sie. Mit den Fingern strich sie über seinen Handrücken. Mit der freien Hand griff sie sich an die Stirn. «Meine Güte, ich bin Bewährungshelferin, soll Thor bei seiner Wiedereingliederung von Nutzen sein, aber momentan habe ich das Gefühl, dass ihr von psychischen Problemen total überlagert seid. Hat Thor jemals Hilfe ersucht?»

      Dylan schüttelte den Kopf. «Nein, er macht alles mit sich aus. Und ich weiß, dass er es nicht leicht hat – auch nicht mit mir.» Er zeigte auf sich. «Ich meine, ich habe gelernt, darüber zu reden: mit Ärzten und Freunden. Aber er zeigt mir nur in Taten, dass er mich versteht – und ich kann wiederum nur erahnen, was in ihm vorgeht.»

      «Thor gibt dir die Stärke, die du brauchst», schlussfolgerte sie. «Dabei kommt es mitunter zu Gewalt, aber das ist für euch beide in Ordnung, verstehe ich das richtig?»

      «Er kann mich absolut dominieren und mir damit das geben, was ich will», erklärte Dylan. «Aber ich bin mir nicht immer sicher, ob es für ihn in Ordnung ist.»

      Auf Emmas Stirn bildete sich eine Falte. «Was führt dich zu der Annahme?»

      «Magnus, sein damaliger Freund, der sich umgebracht hat, war nekrophil», antwortete er wie aus der Pistole geschossen. Ebenso schlagartig sah er das Entsetzen in ihrem Gesicht. «Was?», zischte sie. «Er machte es … mit Leichen?»

      «Nein, nein!», wehrte Dylan sofort ab. Inzwischen war ihm warm geworden. Das Gespräch wühlte ihn auf. «Hast du noch Zeit? Dann erkläre ich es dir.»

      «Ja, natürlich!» Sie nickte eifrig. Daraufhin räumte er das Geschirr zusammen und brachte es an den Tresen, nachfolgend orderte er neuen Kaffee. Kaum saß er wieder, fuhr er mit seiner Erzählung fort:

      «Ich wollte dich nicht ängstigen, sondern dir nur erklären, was Thor erlebt hat.»

      «Okay.» Sie war blass um die Nase geworden. Dankbar nahm sie den frischen Kaffee entgegen und trank sofort einen Schluck.

      «Magnus hat den Tod verehrt», berichtete Dylan. «Sein Wunsch war es nicht,