Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2). Perry Rhodan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Perry Rhodan
Издательство: Bookwire
Серия: Perry Rhodan-Erstauflage
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783845353784
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längst im unheimlichen Visier der Aliens: nicht nur die Erde ganz allgemein, sondern der Redakteur des PERRY RHODAN-Journals im Besonderen – warum auch immer ...

      Das Große Erwachen

      Vielleicht haben außerirdische Superzivilisationen schon das Universum kolonisiert – und warten jetzt heimlich auf bessere Zeiten

      Von Rüdiger Vaas

      Weil das Universum immer kälter wird, sind in ferner Zukunft viel mehr Informationsverarbeitungsprozesse als heute möglich. Genau deshalb bleiben hoch entwickelte Zivilisationen gegenwärtig weitgehend inaktiv – besagt die Hypothese der kosmischen Ästivation (Sommerruhe).

      »Es wäre ihnen ein Leichtes, die Erde zu erobern, sie haben es aber bislang nicht versucht, weil dazu keine Notwendigkeit bestand. Sie lassen die Dinge lieber so, wie sie sind, und ersparen sich die Scherereien.«

      – H. P. Lovecraft: Tales of the Cthulhu Mythos

      Es ist nicht gerade alltäglich, dass in einem physikalisch-philosophischen Fachartikel ein Autor zitiert wird, der Horrorgeschichten schrieb – und das bereits im Titel. Doch Anders Sandberg, Stuart Armstrong und Milan M. Ćirković haben es mit Bedacht getan: »That is not dead which can eternal lie, / And with strange aeons even death may die«, reimte der amerikanische Schriftsteller Howard P. Lovecraft 1926. Tatsächlich geht es dem Forschertrio vom Future of Humanity Institute der University of Oxford in ihrem Artikel, den sie im Journal der British Interplanetary Society publiziert haben, um die Ewigkeit und die Hinauszögerung des Todes durch langes Liegen beziehungsweise Schlafen – soweit das die Naturgesetze zulassen. Mit einer kühnen Hypothese über wirklich seltsame Äonen verbinden die Wissenschaftler eine äußerst ferne Zukunft mit der Frage nach Superzivilisationen im All. Dabei steht der Ausgangspunkt durchaus fest auf den bekannten Gesetzen der Physik.

      Rechnen in der Kälte

      Alle Gedanken und Handlungen basieren letztlich auf der Verarbeitung und Speicherung von Informationen. Somit ist es vernünftig, diese Prozesse in ihrer Zahl und Dauer zu maximieren, falls man es kann. Aus der Thermodynamik folgt daraus mit unerbittlicher Konsequenz, dass man in die Kälte muss, denn die Rechenkosten sind proportional zur Temperatur.

      Mit Robert J. Bradbury hat Milan M. Ćirković schon 2006 argumentiert, dass viele sehr fortgeschrittene Zivilisationen ihre Ressourcen bestmöglich ausnutzen wollen, um ihre Informationsverarbeitung zu optimieren.

      Das kälteste bekannte natürliche Objekt ist Neptuns Riesenmond Triton; seine Oberflächentemperatur beträgt 38 Kelvin (minus 235 Grad Celsius). Das ist wenig, aber noch immer gut eine Größenordnung mehr als die Temperatur der Kosmischen Hintergrundstrahlung. Auch in größerer Distanz von der Sonne oder von typischen anderen Sternen wird es nicht wesentlich kälter. Das liegt daran, dass das galaktische Strahlenumfeld eine weitere Abkühlung verhindert. Es stammt hauptsächlich von heißen Riesensternen mit den Spektraltypen O, B und A. In der Sternenscheibe der Milchstraße herrschen daher typischerweise 10 bis 30 Kelvin.

      Bessere Temperaturbedingungen für effizientes Rechnen gibt es in den Außenbezirken der Milchstraße. Robert J. Bradburys Annahme zufolge sollten sich fortgeschrittene Zivilisationen deshalb am besten am Rand der Galaxien aufhalten (oder sogar im intergalaktischen Raum). Dort, weit entfernt von Sternentstehungsregionen, Supernovae und anderen Energieschleudern, ist es kühler.

      So gesehen ist es langfristig überhaupt nicht günstig, sich auf warmen Planeten bei heißen Sternen aufzuhalten oder in der Umgebung anderer Energiequellen. Fortgeschrittenen Zivilisationen eröffnen sich ganz andere Möglichkeiten. Sie sind vermutlich postbiologisch – unterwerfen sich also nicht länger den Bedingungen etwa von Kohlenstoff-Leben wie auf der Erde. Insofern müssten Außerirdische vielleicht gar nicht eines Tages dem Verlöschen beziehungsweise Explodieren ihres Heimatsterns entkommen, was je nach Sternmasse teils Jahrmilliarden Aufschub duldet – sondern wollen möglichst rasch weg.

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      Eine Galaxie unter Myriaden: M 81, rund 12 Millionen Lichtjahre entfernt im Sternbild Großer Bär. Mit 82.000 Lichtjahren Durchmesser und rund 200 Milliarden Sternen ist die imposante Galaxie etwas kleiner als die Milchstraße, hat aber ein massereicheres Schwarzes Loch im Zentrum (rund 70 Millionen Sonnenmassen). Die Aufnahme stammt vom Spitzer-Weltraumteleskop in infraroten Wellenlängen von 3,6 bis 25 Mikrometer, bei denen besonders der Staub in den Spiralarmen zum Vorschein kommt, der von der Ultraviolettstrahlung und dem sichtbaren Licht vieler heißer Sterne erwärmt wird. An den Rändern von Galaxien ist es kühler und ruhiger als weiter innen – hier siedeln sich außerirdische Superzivilisationen vielleicht bevorzugt an. [NASA/JPL-Caltech]

      Außerdem ist das Energiereservoir bei Sternenresten – besonders Neutronensternen und Schwarzen Löchern – viel größer als bei gewöhnlichen Sternen wie der Sonne, die weniger als ein Prozent ihrer Gesamtmasse in potenziell nutzbare Energie umwandeln. Weit entwickelte Zivilisationen halten sich daher womöglich gar nicht mehr bei Sternen auf, sondern siedeln entweder bei Schwarzen Löchern oder in den Randbezirken von Galaxien und Galaxienhaufen. Oder sie sind nicht sesshaft, sondern ewige Wanderer, um Supernovae und anderem Ungemach zu entgehen. Oder sie weichen nicht in den Raum aus, sondern in die Zeit ...

      Flucht in die Zukunft

      Ein solches Ausweichen in die Zeit, nämlich in die Zukunft, ist eine andere Option, um sich mit dem unerbittlichen Diktat der Thermodynamik zu arrangieren. Fortgeschrittene Superzivilisationen könnten folglich schlicht versuchen, die ungünstigeren Bedingungen jetzt auszusitzen, also zu überdauern. Denn thermodynamisch würde sich das Abwarten lohnen: Weil sich der Weltraum aufgrund seiner Ausdehnung seit dem Urknall ständig abkühlt, kann im Lauf der Zeit immer mehr für denselben Energiebetrag berechnet und gespeichert werden – bis zu einem Faktor 1030, schätzen Sandberg und seine Kollegen.

      Rechenoperationen sind also zehnmal effizienter, wenn es zehnmal kälter ist (gemessen in Kelvin) – das heißt, sie verbessern sich exponentiell bis in einige Billiarden Jahre. »Wenn man die Prozessierung maximieren will, sollte man es nicht heute tun, sondern auf die kalte Zukunft verlegen«, fasst es Sandberg zusammen. (Es würde übrigens nicht helfen, die Berechnungen einfach früher in einem großen Kühlschrank auszuführen, weil die Kühlung Energie verbraucht, Abwärme erzeugt und die thermodynamische Bilanz verschlechtert.) Kurzum: Ein Bedürfnisaufschub ist die beste Garantie für kosmische Langlebigkeit.

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      Kreative Köpfe (von links): Stuart Armstrong, Milan M. Ćirković und Anders Sandberg spekulieren über die Verbreitung extraterrestrischer Intelligenz.

      Hinter dieser Überlegung steckt die gut etablierte Physik der Informationsverarbeitung. Wie auch immer Information definiert wird – »ein Unterschied, der einen Unterschied macht«, wird zuweilen im Hinblick auf den Bedeutungsaspekt von Informationen und die entsprechenden Zustandsänderungen gesagt –, Information ist oder benötigt einen physikalischen Träger, etwa Materie oder Strahlung. Dabei lässt sich Information geistig, praktisch oder rein instrumentalistisch verstehen. Und weil Information eine physikalische Basis besitzt, kostet ihre Verarbeitung Energie.

      »Ohne unendliche Ressourcen kann nur eine endliche Zahl von Rechenschritten in der Zukunft jeder möglichen Zivilisation ausgeführt werden«, schreiben Sandberg und seine Kollegen lakonisch in ihrem Fachartikel.

      Das Landauer-Limit

      Die Informationsverarbeitung bei Rechenprozessen ist physikalisch gesehen zwar reversibel (umkehrbar) und erfordert daher im Prinzip keine Energie. Allerdings ist Energie nötig für das Speichern und Löschen sowie in der Regel für Fehlerkorrekturen, sonst wäre der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik verletzt. Das gilt nicht nur für klassische Computer, sondern auch für Quantencomputer.

      Das von dem Physiker Rolf Landauer entdeckte und nach ihm benannte Landauer-Limit ist ein thermodynamischer Grenzwert, der beschreibt, wie viel Energie mindestens notwendig