Da wir uns lieben. Marie Louise Fischer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Louise Fischer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711718445
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den Wasserhahn auf, an den der Schlauch angeschlossen war.

      Sabine unterbrach sich. »Aber, Knut … du mußt doch erst den Sprenger …«

      Knut ließ den Strahl in die Höhe steigen, so daß er einen hohen Bogen beschrieb, um dann hinter den Johannisbeerbüschen niederzupladdem. Sven, den die kalte Dusche auf den Kopf und den nackten, braungebrannten Rücken getroffen hatte, sprang hoch. Knut verfolgte ihn mit dem Wasserstrahl. »Nanu, wen haben wir denn da?« spottete er.

      »Das ist nicht fair!« Sven bemühte sich, sein Heftchen in Sicherheit zu bringen. »Mutti, sieh doch, was er tut! Sag ihm, er soll das lassen … Mutti, Mutti!«

      »Knut, bitte, hör auf damit!«

      Knut lachte. »Eine kalte Dusche ist genau das, was dem Kleinen gefehlt hat!«

      Sven änderte seine Taktik. Er warf sein Heft in hohem Bogen in die Loggia und begann unter dem Strahl herumzutanzen. »Ja, prima, genau richtig!« rief er. »Mach mit, Bienchen, du ahnst nicht, wie gut das tut!«

      »Ihr beiden Quatschköpfe!« sagte Sabine liebevoll. »Hört endlich auf mit dem Unsinn.« Sie stellte den Korb mit den Rosenblüten ab und drehte den Wasserhahn zu. »So, jetzt schließ den Sprenger an. Sven, hilf Knut!«

      Die Brüder schraubten das kleine Gerät an das Ende des Schlauches, Sabine drehte den Hahn wieder auf, und der Sprenger begann sich rhythmisch zu drehen. Er breitete Kaskaden von Wassertropfen aus und zauberte gleichzeitig den trügerischen Anschein sorglosen Wohlstands. Sven sprang noch ein paarmal durch den künstlichen Sprühregen, ein magerer, dunkeläugiger, schwarzhaariger Junge, zu dem der nordische Name nicht recht passen wollte. Als Säugling war er blond gewesen wie seine Brüder, und als es sich später herausstellte, daß er sich zu einem Zigeunertyp entwickeln würde, hatte die Familie sich schon so an den Namen gewöhnt, daß niemand daran dachte, ihn mit seinem zweiten Vornamen, Wolfgang, zu rufen.

      Sabine spürte selbst, daß ihr das Lächeln, mit dem sie ihm zusah, zu mutterstolz geriet; damit konnte sie ihrem Befehl gewiß nicht den nötigen Nachdruck verleihen.

      Erst als Knut ihn beim Genick gepackt und durchgeschüttelt hatte, verzog der Junge sich ins Haus, um sich eine trockene Hose anzuziehen. »Du läßt dir von dem Kleinen auf der Nase herumtanzen«, konstatierte Knut.

      »Ich weiß, daß ich euch gegenüber strenger war«, gab Sabine zu, »aber hat es etwas genutzt? Torsten gammelt … und Ilona treibt sich mit einem Playboy herum.«

      Er legte ihr die Hand unter das Kinn. »Um mich brauchst du dir wenigstens keine Sorgen zu machen, Bienchen!«

      »Nein. Aber ich halte es nicht meiner Erziehung zugute. Du bist nun mal ein … ein gesetzter Charakter.«

      »Ich weiß nicht, ob ich das als Kompliment auffassen soll.«

      »Ach so!« Jetzt lachte sie ihn aus. »Du angelst nach Komplimenten! Ja, hättest du mir das gleich gesagt!« Sie gab ihm einen raschen Kuß auf die Wange. »Aber halte mich jetzt, bitte, nicht länger auf, ich bin mit meinen Rosen noch nicht fertig. Wenn du dich mit mir unterhalten willst, kannst du mich ja begleiten.«

      »Mußt du denn nicht in die Küche?«

      Sabine schüttelte den Kopf. »Vati hat angerufen. Er kommt heute etwas später.«

      »Verdammt. Und ich wollte schwimmen fahren.«

      »Kannst du doch! Mach dir einfach ein Butterbrot.«

      »Aber ich brauche den Wagen. Ich kann doch nicht bei der Affenhitze bis zum See radeln. Und außerdem, wie sieht das aus?«

      Sabine hatte Knut die Sprühdose in die Hand gedrückt und sich wieder den Rosen zugewandt. »Ich verstehe«, sagte sie ohne Spott, »du mußt an dein Image denken.«

      »Na eben.« Knut hatte eine Laus entdeckt und ließ eine Dosis des tödlichen Pulvers auf sie niederrieseln. »Wenn ich nun warte … meinst du, daß er ihn mir wenigstens leihen wird?«

      »Du hast ihn das ganze Wochenende über gehabt.«

      »Na und? Andere haben schon längst ein eigenes Vehikel.«

      »Wenn es das ist, was du möchtest, hättest du eben nicht Medizin studieren dürfen … und dir andere Eltern aussuchen müssen!« Sabine ließ eine voll aufgeblühte Rose in ihren Korb fallen. »Das wär’s. Fertig. Dank dir für deine Hilfe, Knut.«

      Sie hoben beide gleichzeitig den Kopf, als ein Auto vorfuhr. »Das ist Vater!« sagte Sabine.

      Knut widersprach. »Schlechtes Gehör, Bienchen. Wenn du mich fragst … es ist ein Porsche!«

      »Oswald Zinner!«

      »Richtig. Falls sich Ilona nicht einen anderen Verehrer mit Porsche zugelegt hat!«

      »So unternehmungslustig ist sie nun doch wieder nicht.«

      »Sag lieber: soviel Porsches mit Besitzern, die für sie in Frage kämen, gibt es nicht in Riesberg und Umgebung.«

      »Du bist zynisch, Knut!«

      »Ja, so nennt man es gern, wenn jemand das beim Namen nennt, was andere tun! Mal sehen, ob er mich mitnehmen kann!« Knut ließ die Mutter stehen und lief um das Haus zum Vorgarten.

      Sabine brachte die Giftdose auf dem obersten Brett des kleinen Geräteschuppens, der sich an die Seitenwand des Hauses lehnte, in Sicherheit und legte die Rosenschere dazu. Als sie wieder herauskam, stürmte Ilona in den Garten, ein langbeiniges, schlankes Mädchen. Vom Vater hatte sie das schwarze Haar geerbt, das ihr in einer langen Mähne bis auf den Rücken hinunter lief, von der Mutter die sehr blauen Augen: Attribute, die sie, noch betont von einem geschickten Make-up, zu einer auffallenden Erscheinung machten.

      »Hallo, Bienchen!« rief sie. »Wieder mal bei deinen geliebten Läuschen?« Sie faßte die Mutter um die Taille und drückte ihr einen herzlichen Kuß auf die Wange. »Oswald hat mich nach Hause gebracht.«

      »Ich hab’s gehört«, sagte Sabine mit einem bewußten Unterton von Mißbilligung.

      Ilona ließ sich nicht die Laune verderben; sie lachte mit blitzenden Zähnen. »Ich will mich nur schnell frisch machen, dann bin ich schon auf und davon. Du brauchst zum Abendbrot nicht mit mir zu rechnen.«

      Es kostete Sabine Anstrengung, eine Frage zu unterdrücken. »Schon gut«, sagte sie nur.

      Ilona eilte dem Haus zu. »Ich muß mich beeilen, Oswald wartet nicht gern.« Vor der Loggia drehte sie sich noch einmal um. »Übrigens … daß ich es nicht vergesse … wir haben uns verlobt!«

      Diese unerwartete Mitteilung gab Sabine einen Schlag aufs Herz; sie wußte selbst nicht, was sie in dieser Sekunde empfand: Erleichterung, Freude, Unglauben, Mißtrauen oder sogar eine Spur von Neid.

      »Was sagst du da?« fragte sie und kam sich töricht vor.

      Ilona lachte. »Daß Oswald und ich uns verlobt haben. Du hast schon ganz richtig gehört!«

      »Also das ist ja …« Sabine suchte nach den passenden Worten »… ein … toller Gag! Und den verpaßt du mir so zwischen Tür und Angel?«

      »Na, gerade deshalb. Damit ihr nicht so ein widerliches Trara darum macht.«

      Sabine war ihrer Tochter nicht böse, nur ein bißchen befremdet. Trotzdem wurde sie durch die lieblose Ausdrucksweise verletzt. »Meinst du nicht, daß du es wenigstens auch Vater sagen müßtest?« fragte sie.

      »Aber sicher. Ich bin ja schon auf dem Weg zu ihm.«

      »Er kommt heute etwas später.«

      »Pech für ihn.« Ilona wirbelte davon.

      »Ilona!«

      Das junge Mädchen blieb stehen und wendete sich mit theatralischer Gequältheit um. »Was denn noch?«

      »Wenn ich dich nun bitte, zu warten, bis Vati nach Hause kommt? Es kann bestimmt nicht mehr sehr lange dauern.«

      »Aber