Black Heart - Die gesamte erste Staffel. Kim Leopold. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kim Leopold
Издательство: Bookwire
Серия: Black Heart - Die gesamte Staffel
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783958344129
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du vor mir keine Angst haben musst. Es ist mein Job, dir zu helfen und dich in Sicherheit zu bringen.«

      Sie betrachtet mich einen Moment. Dieses Mal wirkt es fast so, als würde sie mich wirklich sehen.

      »Okay.« Sie schließt die Augen und kriecht ins Bett, so dass ich die große Decke über ihr ausbreiten kann. Es dauert keine fünf Minuten, bis sie eingeschlafen ist.

      Ich rutsche den Sessel ein bisschen vom Fenster weg, um sie besser im Blick zu haben. Dann hole ich mein Tagebuch aus der Tasche.

      Was ich heute erlebt habe, muss ich auf jeden Fall niederschreiben.

      Düsseldorf, 2018

      Louisa von Stein

      ❤

      Ich sitze am Bettende, die Beine an den Körper gezogen und mit den Armen umschlungen, und beobachte ihn, während ich versuche, das Bild vor mir mit dem in Einklang zu bringen, was mir meine schwache Erinnerung vorgaukelt.

      Er sitzt in dem großen Ohrensessel, den Kopf gegen die Lehne gelehnt, aber trotzdem irgendwie wachsam. Seine braunen Haare stehen zerzaust in alle Richtungen ab, die vollen Lippen sind leicht geöffnet. Seine Brust hebt und senkt sich unter seinen schweren, unregelmäßigen Atemzügen. Die dünne Wolldecke auf seinem Schoß ist verrutscht und entblößt seine nackte Haut. Er hat Narben, mehrere davon, die sich als helle Streifen über Haare und Haut ziehen und davon zeugen, dass er regelmäßig kämpft. Auf seiner Brust funkelt ein schlichtes, silbernes Kreuz.

      Vor meinen Augen erscheint das Bild, wie er vor mir stand: groß und mächtig, mit einem Kopf in der Hand, einem Kopf ohne Körper.

      Hat er mich gerettet oder bin ich in Gefahr?

      Ich muss hier weg, bevor ich genauso ende. Mein Blick fällt auf die schwarze Reisetasche, und ich krieche unendlich langsam aus dem Bett, um ihn nicht zu wecken. Mein nackter Fuß berührt den warmen Teppich. Still schleiche ich zu seiner Tasche und gehe davor in die Hocke. Ein Blick über die Schulter zeigt mir, dass er immer noch schlecht träumt.

      Also halte ich den Atem an und öffne den Reißverschluss der Tasche Millimeter für Millimeter. In der Tasche finde ich ein paar neue Kleidungsstücke und zahlreiche Waffen.

      Wieso hat er so viele Waffen? Gute Menschen brauchen das nicht, oder?

      Meine Hände finden ein Messer, in dessen Griff ein rundes Emblem eingeschnitzt ist.

      Ich nehme es an mich. Dann richte ich mich wieder auf und schaue noch einmal zu Alex, der die Augen immer noch geschlossen hat.

      Mein Herz rast, während ich im Schneckentempo durch das Zimmer tapse. Ich halte den Atem anhalte und greife nach dem Türgriff. Wenn ich erst zurück zu Hause bin, bin ich in Sicherheit.

      »Das würde ich nicht tun.« Seine tiefe Stimme mit dem Hauch von einem Akzent lässt mich zusammenfahren. Blitzschnell drehe ich mich um, das Messer erhoben. Alex sitzt immer noch in dem Sessel, aber er betrachtet mich belustigt. »Glaubst du wirklich, du könntest dich mit diesem Messer vor dem beschützen, was da draußen ist?«

      Ich presse mich gegen die Tür und hebe das Messer ein Stück höher, um ihm zu signalisieren, dass er mir bloß nicht näherkommen soll. Es fällt mir schwer, meine Gedanken zu sortieren.

      Gut oder böse?

      Gut oder böse?

      »Ich gehe jetzt.«

      Meine Stimme zittert genauso sehr wie meine Hände.

      »Wohin?« Alex steht auf und breitet die Arme aus. »Willst du ein Taxi nehmen? Ohne Geld?« Er kommt ein paar Schritte auf mich zu. »Oder willst du darauf warten, bis sie dich finden? Hier bist du in Sicherheit.«

      Lass dich nicht auf ihn ein, versuche ich mir einzureden. Er versucht nur, mich hinzuhalten. Mit der freien Hand taste ich nach dem Türgriff und drehe ihn. Die Tür geht mit einem leisen Klick auf.

      »Du brauchst keine Angst vor mir haben, Louisa.« Alex macht noch einen Schritt auf mich zu. Mit meiner Angst kommt das Rauschen meines Blutes zurück. Ich kenne dieses Gefühl. Ich habe es schon einmal gespürt, und es macht mir noch mehr Angst als er.

      »Bitte, bleib. Ich erkläre dir alles, was du wissen musst.« Er hebt eine Hand und kommt mir viel zu nah. Ein Quietschen ertönt. Die Tür zum Bad geht auf.

      »Was zum…?« Alex wirft einen Blick auf die Badezimmertür, und ich nutze die Gelegenheit und ziehe die Zimmertür auf, um auf den Gang zu stürzen. Im nächsten Moment knalle ich auf den Boden. Das Messer fliegt krachend durch den Gang. Die Neonröhren flackern auf und tauchen den Gang in ein grelles Licht.

      Benebelt von dem Sturz versuche ich mich aufzurichten, doch ich werde von einem schweren Gewicht hinunter gedrückt. Als ich den Mund öffnen will, um nach Hilfe zu rufen, legt sich eine raue Hand auf meine Lippen.

      »Sei leise«, raunt Alex mir ins Ohr. »Wir machen einen Deal. Ich erkläre dir alles, und danach steht es dir frei, eine Entscheidung zu treffen. Blinzle, wenn du mich verstanden hast.«

      Ich denke gar nicht daran.

      »Ich will dir nicht wehtun. Also nimmst du den Deal besser an.«

      Ich öffne die Lippen und beiße ihm in den Finger. Er flucht, und ich nutze das Überraschungsmoment, um meinen Kopf gegen seine Nase krachen zu lassen. Schmerz schießt mir durch den Hinterkopf, doch ich kann mich jetzt nicht damit aufhalten.

      Alex sinkt halb von mir hinunter, und ich drehe mich auf die Seite, um ihm in den Bauch zu treten. Er lässt mein Handgelenk los. Schnell habe ich mich aus seiner Umklammerung gelöst und kann aufspringen.

      Er flucht und ist mir dicht auf den Fersen, während ich zur Feuertür renne und bete, dass sie offen ist. Ich habe Glück. Mein Aufprall lässt sie nach außen schwingen, und ich stürze an die frische Luft. Ich drücke mich am Geländer ab und haste die Stufen nach unten. Sie sind nass unter meinen Füßen.

      Alex brüllt meinen Namen. Ich will sehen, wie weit er hinter mir ist, doch dadurch verliere ich das Gleichgewicht und rutsche mehrere Stufen nach unten. Ich reiße mir den Rücken auf. Mein Kopf knallt gegen das Geländer.

      Verzweifelt greife ich in die Luft, um meinen Fall zu stoppen, doch plötzlich ist da nur noch Luft. Ich schieße über die Zwischenetage hinaus und verliere den Halt unter meinem Körper.

      Schreiend falle ich.

      Ein Ruck geht durch meinen Körper. Dann hänge ich da. Meine Füße zappeln in der Luft, ein kalter Luftstoß fährt über meinen nackten Bauch.

      »Ich hab’ dich.«

      Adrenalin rauscht durch meine Adern. Ich schaue nach oben und sehe in Liams Gesicht. Vor Schreck hätte ich beinahe losgelassen. Ich vertreibe die Erinnerung und blinzle ein paar Mal. Liams Gesicht weicht Alex’ sanften Zügen. Er liegt über mir. Mit einer Hand hält er meinen Arm, mit der anderen hält er sich am Geländer fest. Er kneift die grünen Augen konzentriert zusammen und presst sich mit einer Schulter gegen das Geländer, um seine andere Hand lösen zu können.

      »Nicht hinunterschauen«, ermahnt er mich rau.

      Natürlich schaue ich trotzdem hinunter. Sofort wird mir schwindelig. Das sind mindestens drei Stockwerke. Da unten ist bloß Asphalt, kalter, nasser, schmerzhafter Asphalt.

      Wenn er mich loslässt, bin ich tot.

      Dieses Mal habe ich sicher nicht so viel Glück.

      »Louisa, sieh mich an, verdammt!« Alex‘ Griff um mein Handgelenk wird stärker und ich reiße meinen Blick vom Boden los. In seinen Augen steht die blanke Angst. »Du musst mir helfen. Ich ziehe dich jetzt gleich hoch und dann greifst du mit der anderen Hand nach dem Geländer. Hast du verstanden?«

      Ich nicke, doch der Regen hat seinen Griff feucht gemacht. Ich rutsche schreiend ein Stück nach unten und baumle schwungvoll gegen die Feuertreppe.

      Bitte,