»Das klingt wie der Anfang eines klassischen Militärpornos«, werfe ich ein.
»Du kannst mich mal. Der Kerl war achtundsechzig, potthässlich und fett; ich war neunzehn.«
»Wow. Du bleibst definitiv deinem Beuteschema treu«, sage ich. Es dauert eine Sekunde, bis der Groschen fällt. Du stehst auf und gehst, dich an einer Stuhllehne abstützend, langsam zu mir herüber, und während ich bis zu den Ellbogen in Rührei, Olivenöl und labneh stecke, schlingst du die Arme um mich und drückst mir einen Kuss auf den Rücken. »Für mich wirst du immer jung sein«, sagst du.
Du spielst mit meinen Gefühlen. Mit einem beiläufigen Satz stürzt du mich in deine Dunkelheit, um mich dann mit einer Geste in dein sonniges Licht zu ziehen. Ich folge dir wie ein Idiot. Ich bin deiner rätselhaften Liebe hoffnungslos ausgeliefert. Die Tatsache, dass ich dein erster Liebhaber war, bleibt ein Warnzeichen, das rot in meinem Hinterkopf leuchtet – selbst nach den vielen gemeinsamen Jahren. Ich mache mir Sorgen, dass ich zu prägend für dich bin. Ich mache mir Sorgen, dass ich dein Schicksal, jemand anderen kennenzulernen, verhindere.
Habe ich dich im Stich gelassen? Hätte ich mich mehr anstrengen müssen, dich glücklicher zu machen? Hätte ich dir meine komplexe Geschichte und meine Bürden ersparen sollen? Vielleicht hätte dich dann jemand anderer so glücklich gemacht, wie ich es nicht konnte. Vielleicht würdest du dann nicht sterben, mitten in unserem Gespräch wegsacken.
»Du musst mir keine Blumen bringen«, sagst du beim Abendessen. »Ans Grab, meine ich.« Das dämmrige Licht des Sonnenuntergangs trotzt der Dunkelheit im Haus, sickert durch den Vorhangspalt herein. Im Radio läuft ein alter Jazz-Song. Ich gebe arabische Gewürze zu dem chinesischen Essen, das noch von gestern übrig ist, und wärme es auf.
»Sind wir wieder bei diesem Thema?«, sage ich müde, ich sehne mich nach Ruhe und versuche einfach nur, friedlich zu essen; ich bin nicht in Stimmung für eine erneute Diskussion. Der Tod verlässt den Tisch, um Anrufe bei seinen Agenten in aller Welt zu erledigen. »Wie oft müssen wir dieses Gespräch denn noch führen?«, sage ich nicht zum ersten Mal. Du betrachtest mich schweigend, während meine Miene von Emotionen verzerrt wird. Ich halte meine Zunge einen Augenblick im Zaum, doch dann entschlüpft mir doch ein letzter Satz: »Manchmal hat es keinen Sinn, mit dir zu reden.«
Nachts offenbarst du deine wahren Farben. Du legst dein Lächeln ab wie einen nassen Regenmantel. Deine Fröhlichkeit vom Morgen ist nur schöner Schein, wie eine Falschmünze. Du verlierst dich in Gedanken an dein finsteres Schicksal, liegst hilflos im Bett, wartest auf den Schlaf, der niemals kommt. Du fängst an, den Moment kurz vor Sonnenuntergang zu fürchten, wenn dir bewusst wird, dass eine weitere schlaflose Nacht vor dir liegt. Eine weitere Nacht, in der Pillen und Tränke nutzlos sind. Ich sehe, wie du dich einem Vampir gleich in eine finstere Kreatur verwandelst, die nach Aufmerksamkeit und Streit giert. Deine Stimmung sinkt, wird schwarz wie die Nacht, so wie die Sonne, wenn sie am Horizont versinkt, von einem warmen, verwischten Orange in ein düsteres Blau übergeht.
Je nachdem, wie der Abend läuft, setzen wir uns um diese Tageszeit zusammen und bemitleiden uns gegenseitig, oder ich erzähle dir eine Geschichte, die die Bestie in dir zum Schweigen bringt, sodass du dich problemlos in dein warmes, einladendes Bett bringen lässt, wo dich eine weitere Geschichte ins selige Land der Träume schickt. Diese glorreichen Nächte jedoch sind gezählt.
Nach ausgedehntem Schmollen meinerseits, das du mit ebensolcher Bitterkeit erwiderst, beschließe ich, einen Testballon loszulassen, um abzuschätzen, wie sich der Abend entwickeln wird. »Wenn wir uns streiten«, flüstere ich von der anderen Seite des Tischs, »habe ich das Gefühl, mein Leben ist ein Bild, das ein bisschen schief an einer weißen Wand hängt. Ich kann es eine Weile ignorieren. Aber irgendwann geht es nicht mehr, dann stehe ich von meinem bequemen Sessel auf und rücke es gerade.« Ich halte ein Glas Whisky in der Hand, das ich mir kurz zuvor mit dramatischer Geste eingeschenkt habe. Ist das die Andeutung eines Lächelns auf deinen Lippen? Wirst du heute Nacht friedlich und traumlos schlafen? Ich mache weiter. »Du bist mein wertvollstes Gemälde, mein Rebell gegen rechte Winkel und gerade Linien. Ich ertrage es nicht, dass diese Wut zwischen uns herrscht.«
Ich sage es dir nicht, aber auch wenn der Auslöser unseres Streits war, dass du bei jeder Mahlzeit vom Sterben anfangen musst, was mir zunehmend lästig wird, gibt es noch einen weiteren Grund, warum ich immer mit dir ins Reine kommen möchte: Auch ich merke ja, wie der Tod unsere Zukunft in Beschlag nimmt, während er sich hier im Haus nützlich macht. Was ist, wenn ich im Streit mit dir einschlafe und am Morgen ohne dich aufwache? Weil jeder Moment mit dir unser letzter sein könnte, muss jeder Moment ein großes Finale sein.
»Habe ich dir schon mal erzählt, wie ich mich als Kind verlaufen habe?«, fragst du über den Tisch hinweg. Ich schmunzle; ja, hast du. »Nein, hast du nicht. Wie ist es dazu gekommen?«
»Ich weiß, warum mir das ausgerechnet jetzt wieder eingefallen ist«, antwortest du lächelnd. Deine Augen strahlen bei der Erinnerung an deine Kindheit. »Es lag an all dem Gerede über Gräber.«
Du sagst es, als wärst nicht du derjenige, der dieses Thema an unseren Esstisch bringt.
Du warst elf, höchstens dreizehn, als du eines Tages in einem tranceartigen Zustand aufgewacht bist; du hattest das Bedürfnis, die Grenzen der dir bekannten Welt auszuloten. An jenem Morgen erlaubte dir dein Geist, innerhalb der geschützten Zone, der Blase, mit der dich deine Familie umgab, so weit zu wandern, wie du konntest. Du warst bis an die inneren Wände gelangt. Alles außerhalb davon erschien dir bunt und zum Greifen nah, und du wolltest die Blase platzen lassen und erkunden, was jenseits davon lag.
Anders als mir ging es dir nicht um Flucht. Du fühltest dich wohl in deinem Königreich und wolltest die Grenzen ausdehnen. Deine Familie schenkte dir die Welt. Deine Mutter, die nachts im Schlaf kicherte und davon träumte, womit sie dich verwöhnen könnte, kochte dir montags und donnerstags immer deine Lieblingsgerichte, ful bi zeit, und molokhia. Deine älteren Brüder brachten dir bei, wie man Mäuse fängt und Katzen versorgt, und wo es das beste Fleisch für das kibbeh nayeh deiner Mutter gab. Deine Tante, die mit einem entfernten Cousin verheiratet war, brachte dir Geschenke mit, wenn sie aus der saudi-arabischen Wüste zurückkehrte: Nike-Turnschuhe und Spielsachen, für die man Batterien brauchte. Von allen Kindern der Familie schenkte sie dir dieses prächtige blaue Pferd: Es begann auf Knopfdruck zu galoppieren und beendete seine Vorführung mit einem Wiehern und Schnauben. Die Welt, die dich umgab, war ein sicherer Hafen. Damaskus nahm dich mit offenen Armen auf, und du ließest dich von ihm umarmen.
Damals vollzog sich in Syrien ein Kurswechsel. Das Land blühte wirtschaftlich auf, nachdem Präsident Hafis al-Assad die angespannten Beziehungen zum Westen normalisiert und die Einladung zu einer Friedenskonferenz mit Israel angenommen hatte. In den Achtzigerjahren hatte es auf den staatlich subventionierten Märkten lange, ermüdende Schlangen gegeben, weil das Land unter den von den USA initiierten Sanktionen litt, aber jetzt verschmähten die Menschen den billigen Reis und den Zucker, von dem der staatliche Tee nicht süß wurde, und griffen zu importierten Waren. Die Fabrik deines Vaters, die Papiere für den Buchdruck und Geschenkverpackungen herstellte, war wieder profitabel. Wenn er von seinem langen Arbeitstag im Büro heimkehrte, brachte er Äpfel, Orangen und kunafa von der Zuckerbäckerei Nabil Nafiseh an der Malki-Ecke Arnous-Straße mit. Er kaufte deinem älteren Bruder sogar ein Auto, einen Mercedes Baujahr 1961, mit dem er röhrend durch die Straßen fuhr und die Mädchen in ihren Hidschabs erschreckte, wenn sie die Koranschule in Bab Sharki verließen.
Damaskus erschien sauber, prickelnd und voller Möglichkeiten. Die Menschen legten ihre sieben Jahre alten Jacken ab, die an den Ellbogen mit Flicken ausgebessert waren, sie konnten sich neue Kleider leisten. In den Läden des Suk al-Hamidiyah gab es wieder Spielsachen und reich verzierte Backgammon-Spiele.
Dein weitester Ausflug führte dich zum Markt Zanket el-Setat, zu dem dich deine Mutter mitnahm. Dort kauften die Frauen ihre Stoffe, um sich Kleider daraus zu nähen. Der Markt war eng, und durch die Tische vor den Läden wurde es noch vollgestopfter. Die Frauen schoben sich mit ihren Kindern an der Hand durch