Berliner Kriminalpolizei von 1945 bis zur Gegenwart. Polizeihistorische Sammlung. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Polizeihistorische Sammlung
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9788726410488
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Sektor Berlins, in Oberschöneweide, eine weitere Polizeischule. Rechtliche Grundlage für diese Gründungen war der Beschluss der Alliierten Kommandantur für Berlin vom 20. September 1945, der die Errichtung „einer oder mehrerer“ Polizeischulen genehmigte. Damit war bereits eine mögliche Trennung polizeilicher Ausbildung, nach der tatsächlichen Trennung 1948 zwischen West- und Ostberlin, vorgezeichnet. (Vgl. zu alledem Steinborn/ Krüger a.a.O., S. 15, ff.)

      Fachlehrgänge

      Ab Anfang 1946 wurden an beiden Polizeischulen, als so genannte 5. Lehrabteilungen, gesonderte zweimonatige, ganztägige Lehrgänge für berufsunkundige Kriminalanwärter eingerichtet, in denen – neben Straf- und Polizeirecht – die Fächer Kriminaltaktik und Kriminaldienstkunde vermittelt wurden. Mit Schaffung der Bundesrepublik Deutschland und ihrem Grundgesetz sowie der Verabschiedung der Berliner Verfassung im Jahre 1950, die nur im Westteil der Stadt galt, wurden in der Polizeischule Spandau auch die Fächer Staatsrecht und Politische Bildung gelehrt. Die Lehrgänge für den mittleren Dienst der Kriminalpolizei wurden als Fachlehrgang I bezeichnet und sind bis zur Einrichtung der Fachhochschule 1974 weitergeführt worden.

      Wer den Fachlehrgang II zunächst in Spandau und später (ab 1953) in Hiltrup bei Münster in Westfalen nach Errichtung des dortigen Polizeiinstitutes im Jahre 1948 absolviert hatte, wurde Kriminalkommissar und wechselte damit in den gehobenen Kriminaldienst und erhielt Führungsaufgaben.

      Bis zur Einrichtung der Fachhochschule wurden angehende Kriminalkommissare ab 1970 wieder an der Polizeischule in Spandau ausgebildet.

      An der Polizeiführungsakademie in Hiltrup, in die das Institut später umbenannt wurde, ist darüber hinaus auch der höhere Dienst der gesamten deutschen Polizei ausgebildet worden, was bis in die Gegenwart geschieht. Diese Ausbildung geschah für alle Bundesländer der damaligen Bundesrepublik Deutschland, einschließlich für das damalige Westberlin. Insoweit war es eine einheitliche Ausbildung, das heißt, die Anforderungen befanden und befinden sich auf dem gleichen Niveau.

      Fachhochschule

      Die Schwerpunkte kriminalpolizeilicher Ausbildung lagen damals, wie im Übrigen auch heute noch, gegenüber der Schutzpolizei in der vertieften Darstellung aller „Kriminalfächer“ wie Kriminalistik (erfasst auch die Kriminaltaktik und die Kriminaldienstkunde), Kriminologie und Kriminaltechnik, aber auch der Kriminalprävention.

      Die inzwischen komplexer gewordene Kriminalität – man denke in diesem Zusammenhang nur an die Organisierte Kriminalität mit ihren vielfältigen Erscheinungsformen und Netzstrukturen, die Wirtschafts- und Computerkriminalität, aber auch die Bekämpfung extremistischer und terroristischer Kriminalität – erforderte und erfordert eine spezialisierte Grundausbildung, die durch spätere – durchaus erforderliche – Weiterbildung nicht zu ersetzen ist. Die genannten Veränderungen im Kriminalitätsbild der 1960er und 1970er Jahre führten schließlich in Westberlin im Jahre 1974 zur Einführung der Fachhochschulausbildung. Voraussetzung für das Studium war und ist grundsätzlich das Abitur beziehungsweise das Fachabitur.

      Ein Ausgangspunkt für das Fachhochschulstudium war das Erfordernis, besonders die Ausbildung der Kriminalpolizei zu reformieren. Man hielt es für erforderlich, dass künftig die kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung grundsätzlich nur noch durch Kommissarinnen beziehungsweise Kommissare zu leisten ist, was zwangsläufig einer adäquaten, inhaltlich verbesserten und längeren Ausbildungszeit von drei Jahren bedurfte. Westberlin war dann auch das erste Land, das am 1. April 1974 einen Fachbereich Polizeivollzugsdienst an der ein Jahr vorher gegründeten Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (FHVR) einrichtete.

      Zur Vertiefung der Ausbildung sollte ein breiterer Fächerkanon – einander ergänzend und übergreifend (unter anderem auch in sozialwissenschaftlichen Lehrgebieten) – Ansätze bieten.

      Nunmehr hatten auch Frauen jede kriminalpolizeiliche Arbeit zu leisten. Zwar gab es früher schon die so genannte Weibliche Kriminalpolizei (WKP), die aber in ihrer Aufgabenstellung begrenzt war.

      Ein Novum der Ausbildungsreform war der Bruch mit der bisherigen polizeiinternen Ausbildungstradition. Seit 1974 findet die Kommissarausbildung außerhalb der Polizei, ab 1990 im Übrigen für ganz Berlin, an der Fachhochschule statt.

      Das Studium an der Fachhochschule ist zwar ein Hochschulstudium, das durch einen entsprechenden Lehrkörper zu begleiten und zu führen ist, es ist aber zugleich an den Bedürfnissen der Praxis orientiert. Es bildet keine Theoretiker, sondern Praktiker aus.

      Resümee

      Nach 33 Jahren Fachhochschulausbildung für die Kriminalpolizei kann resümiert werden, dass diese Ausbildungsform sich nicht nur bewährt hat, sondern auch die Grundlage dafür geschaffen hat, neue Kriminalitätsformen adäquat und erfolgreich anzugehen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass nichts weiterzuentwickeln wäre. Ein wichtiger Aspekt dieser Ausbildungsform für die Polizei, der sich im Besonderen aus der Hochschulausbildung ergibt, ist die Notwendigkeit praxisbezogener Forschung. Auch am Fachbereich Polizeivollzugsdienst ist besonders im kriminalpolizeilichen Bereich eine große Anzahl von Forschungen und Projekten durch Hochschullehrer, Lehrbeauftragte und Studierende durchgeführt worden, die für die Kriminalitätsbekämpfung, den Umgang mit Straftätern, aber auch für die Prävention von großer Bedeutung waren und sind. Auch dieses „Nebenprodukt“ von Fachhochschulausbildung ist praxisrelevant, wäre aber ohne die Form dieser Ausbildung nie entstanden und hätte polizeilicher Arbeit somit als Grundlage nie dienen können.

      Wie die Ausbildung der Kriminalpolizei in ihrer Entwicklung gezeigt hat, ist stets versucht worden, sie den jeweiligen Notwendigkeiten und Gegebenheiten anzupassen. Sie hat aber gezeigt, dass eine stärkere und bessere Qualifizierung stets erforderlich war und wohl auch künftig sein wird – in dem gleichen Maße wie in Wirtschaft und Gesellschaft überhaupt.

      Heute wird in der Kriminalpolizei meines Erachtens weniger der Generalist gebraucht als vielmehr der Spezialist. Dass solche speziell geschulten Kriminalistinnen und Kriminalisten an den Erfordernissen der Praxis ausgebildet werden, wird nicht nur durch die praxisorientierte Auswahl der Hochschullehrer, sondern auch durch die große Zahl von Praktikern aus der Kriminalpolizei, die neben ihrer beruflichen Tätigkeit als Lehrbeauftragte an der FHVR lehren und die in der Regel diese selbst absolviert haben, garantiert.

      Dies – und deren Mitwirkung an den Abschlussprüfungen sowie ihre Teilnahme an den Fachhochschulgremien – sichern starken polizeilichen Einfluss auf die kriminalpolizeiliche Ausbildung, die nur so effektiv in ihrer Spezialität erhalten bleiben kann. Daher ist es auch zukünftig erforderlich, an der speziellen kriminalpolizeilichen Ausbildung festzuhalten.

      Wolfram Sangmeister

      Leiter der Abt. K – Kriminalpolizei – Berlin vom 1. April 1952 bis 30. September 1968

       von Friedrich Sander

      Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Spaltung Berlins mussten sich die Verwaltungen der Stadt neu organisieren, so auch die Kriminalpolizei. Der angestrebte Standard war noch lange nicht erreicht und so kam die Ernennung von Wolfram Sangmeister als Leiter der Berliner Kriminalpolizei und Nachfolger des ehemaligen Staatsanwaltes Linke gerade zur rechten Zeit. Er fand eine Kriminalpolizei vor, die im Wesentlichen nicht seinen Vorstellungen einer wirksamen, geschlossenen und geachteten Kriminalpolizei entsprach.

      Er entstammte einer bürgerlichen Familie, hatte in Berlin-Steglitz das Gymnasium besucht und in Berlin Jura studiert. 1939 machte er sein Assessorexamen. Seine kurze Tätigkeit in einer Anwaltskanzlei wurde durch den Ausbruch des Krieges beendet. 1949 kam er aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Seinen Sinn für Kreativität und Feinsinnigkeit, gepaart mit musischem Talent, belegte unter anderem, dass er in der Gefangenschaft für seine Mitgefangenen zwei Operetten geschrieben hatte.

      Im Dezember 1949 wurde er Justitiar in der Verwaltung der Berliner Polizei, im Herbst 1950 dann deren Leiter und am 1. April 1952 Leiter der „Abteilung K“ – Kriminalpolizei –, die zu diesem Zeitpunkt eine eigenständige Abteilung innerhalb des Polizeipräsidiums war, mit eigener Personal- und Disziplinarhoheit.