Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740975739
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ist schon ein Hallodri, der Franz«, erwiderte er. »Vielleicht sollten wir ihn mal um Rat fragen. Bestimmt kann er uns ein paar Tips geben.«

      Die beiden lachten, und Georg schlug die Einladung zu einem Obstler nicht aus.

      »Wo steckt denn der Bursche?« fragte er, nachdem sie getrunken hatten.

      »Vor ein paar Minuten stand er noch mit seiner Eroberung an der Sektbar.«

      »Na, dann werd’ ich mal schauen, wen er heut’ wieder aufgerissen hat«, meinte Georg und schlug dem anderen auf die Schulter. »Mach’s gut.«

      Er bahnte sich einen Weg durch die Menge der immer noch unermüdlich Tanzenden. Immer wieder wurde er aufgehalten und angesprochen. Schließlich war er auf der anderen Seite der Tanzfläche angekommen. Die Sektbar befand sich seitlich der Empore, auf der die Blasmusiker saßen. Georg nickte grüßend hinauf und bog um die Ecke.

      Abrupt blieb er stehen. Keine zwei Meter vor ihm stand sein Knecht und hatte den Arm um eine Frau gelegt. Die drehte gerade den Kopf und sah ihn direkt an.

      Das Lachen, das eben noch auf ihrem Gesicht lag, erstarb, statt dessen breitete sich ungläubiges Staunen darauf aus. Georg blieb auf dem Fleck stehen und schluckte.

      Jetzt drehte sich auch Franz Brandner um und sah seinen Bauern. Auch er wußte nicht, ob er verlegen sein sollte.

      »Grüß dich«, rief er schließlich herüber. »Bist’ doch noch hergekommen.«

      Georg Mäder antwortete nicht. Sein Blick blieb unverwandt auf Andrea gerichtet, aus deren Gesicht alle Farbe gewichen war. Sie hatte, wie zum Geständnis, bei etwas Verbotenem ertappt worden zu sein, Franz’ Arm abgeschüttelt und wußte nicht, was sie sagen sollte.

      Es war ein Schock Georg wiederzusehen. Nicht, weil er schrecklich aussehen würde, sondern weil sie einfach nicht damit gerechnet hatte. Endlich löste sich ihre Starre und sie machte einen Schritt auf ihn zu. Der junge Mann wich im selben Moment zurück.

      »Georg, warte doch«, sagte sie.

      Er blieb tatsächlich stehen und sah sie an.

      »Was gibt’s?« fragte er mit rauher Stimme.

      »Es… es ist net so, wie’s ausschaut«, stammelte Andrea.

      »So? Wie schaut’s denn deiner Meinung nach aus?« erwiderte er.

      Er schüttelte den Kopf.

      »Aber du mußt dich net entschuldigen«, setzte er hinzu. »Es geht mich ja gar nix an.«

      »Aber…«

      Die Worte erstarben auf ihren Lippen. Georg Mäder hatte sich umgedreht und zwängte sich durch die Leute. Andrea wollte ihm nach, doch da spürte sie, wie Franz sie festhielt.

      »Laß ihn«, sagte der Knecht. »Wir haben einen so schönen Abend miteinander verbracht, und er wird noch viel schöner, das versprech’ ich dir!«

      Er wollte sie an sich ziehen und küssen. Andrea hob die Hand und gab ihm eine schallende Watschen. Ohne sich um sein verblüfftes Gesicht zu kümmern, suchte sie sich einen Weg durch die Menge. Als sie endlich draußen ankam, war von Georg nichts mehr zu sehen.

      Die junge Frau blieb stehen und wischte sich die Tränen aus den Augen. Dann kehrte sie auf den Saal zurück, holte ihren Blazer und ging zur Pension.

      »Was muß er nur von mir denken?« sagte sie leise, als sie in ihrem Bett lag und nicht einschlafen konnte.

      Sie bereute die Watschen, die sie dem Knecht gegeben hatte. Franz konnte ja nichts dafür, aber sich selbst hätte sie ohrfeigen können.

      *

      Gleich nach der Sonntagsmesse nahm Sebastian seinen Bruder beiseite.

      »Max, ich weiß, daß es eine Zumutung ist«, sagte er, »aber könntest du dich sofort an deinen Computer setzen und versuchen etwas über einen Josef Burger herauszufinden?«

      »So sehr pressiert’s?«

      Der Bergpfarrer nickte.

      »Ich hab’ kein gutes Gefühl, wenn ich an den Mann denke. Er führt etwas im Schilde.«

      »Also gut«, erwiderte Max, »ich mach’ mich gleich daran.«

      »Dank’ dir«, sagte Sebastian.

      Er stand wie immer an der Kirchentür und verabschiedete die Gläubigen. Als er Andrea Hofmann sah, fiel ihm gleich ihr bleiches, übernächtigtes Gesicht auf.

      »Wart’ einen Moment«, bat er. »Wir können gleich reden.«

      Sie nickte und setzte sich in eine Bank. Als der letzte Kirchgänger verabschiedet war, kam der Geistliche zu ihr.

      »Ist gestern abend noch was geschehen?« fragte er.

      Andrea erzählte, was passiert war. Sebastian schürzte die Lippen.

      »Hm, dann wird der Georg ja jetzt auf dem Hof sein«, meinte er. »Am besten fahr’ ich gleich mal zu ihm.«

      »Soll ich net mitkommen?« fragte sie.

      »Besser net«, schüttelte der gute Hirte von St. Johann den Kopf. »Was der Georg gestern gesehen hat, muß auf ihn den Eindruck gemacht haben, als wenn du mit dem Franz Brandner zusammen wärest. Wenn er dich jetzt sieht, dann wird er wieder auf stur schalten. Ich red’ also erst mal allein’ mit ihm.«

      »Fragen S’ ihn bitte, warum er net auf meinen Brief reagiert hat«, bat Andrea.

      »Freilich werd’ ich das tun.« Sebastian nickte ihr beruhigend zu. »Ich komm’ nachher zur Ria hinüber.«

      Er ging in die Sakristei, wo die beiden Meßbuben und Alois Kammeier, der Mesner, schon auf ihn warteten. Sebastian verabschiedete die Jungen und steckte jedem von ihnen ein Geldstück zu.

      »Aber net schon vor dem Mittagessen vernaschen«, ermahnte er sie augenzwinkernd. »Sonst bekomm’ ich Ärger mit euren Müttern.«

      Dann ließ er sich von dem Mesner aus der Soutane helfen und zog sein Jackett über. Im Pfarrhaus sagte er seiner Haushälterin Bescheid, daß das Mittagessen noch warten müsse. Aber Sophie Tappert erklärte, daß es, angesichts des üppigen Mahls gestern abend, ohnehin nur eine kalte Salatplatte gebe, und es also kein Problem wäre, mit dem Essen noch zu warten.

      Sein nächster Weg führte Sebastian Trenker zum Polizeirevier. Max saß an seinem Schreibtisch und suchte in seinem Computer nach einem Eintrag über Josef Gruber. Seinem Gesicht nach zu urteilen, hatte er auch schon etwas gefunden. Der Beamte grinste, als sein Bruder eintrat.

      »Das ist ja eine tolle Geschichte«, sagte er und drehte den Bildschirm so, daß Sebastian selbst lesen konnte.

      »Er saß im Gefängnis«, staunte der Bergpfarrer. »Wegen des Diebstahls eines Medaillons hat er sechs Monate abgesessen.«

      »Ich laß mir gleich morgen früh die alten Akten darüber kommen«, erklärte Max. »Die sind nämlich noch net im Computer gespeichert. Das kam erst viel später. Aber Josef Burger lebt net mehr. Er ist vor einigen Jahren verstorben. Der letzte Wohnort war Moorkate. Ich hab’ schon nachgeschaut, das ist ein kleines Dorf in der Nähe von Hannover. Irgendwo in der Heide.«

      Sebastian nickte nachdenklich.

      »Dann lag ich also gar net falsch mit meiner Vermutung«, sagte er. »Franz Burger muß sein Sohn sein und er ist wegen dieser alten Geschichte hergekommen. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, was genau damals geschehen ist.«

      »Da muß ich dich leider vertrösten, bis die Gerichtsakten hier sind«, meinte sein Bruder. »Aber ich werd’s eilig machen.«

      Der Geistliche erhob sich.

      »Vielen Dank erst mal, Max«, sagte er. »Ich bin schon gespannt, was wir finden werden.«

      Er verabschiedete sich und ging zu der Garage, in der er sein Auto untergestellt hatte. Auf der Fahrt zum Mäderhof dachte er über das nach, was sein Bruder