Schwein gehabt. Hans Christ. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans Christ
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783853653197
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täglich einschmieren!“

      Er drehte die Dose mehrmals in seinen Pranken: „Was bin ich schuldig?“

      „Die schenk’ ich Ihnen“, erklärte ich, „in diesem Fall Geld dafür zu kassieren, würde nämlich unter den Kurpfuscherparagraphen fallen.“ Außerdem erwartete ich mir, ehrlich gestanden, keine „Wunder“-Wirkung für seine Schulterprobleme.

      Aber ich sollte mich noch wundern!

      Einige Wochen danach rief die Bergerhub-Bäuerin an und wollte zweiundzwanzig Dosen Lahmheiten- & Wundsalbe.

      Ich war wie vom Donner gerührt: „Ja wollen Sie damit ein Vollbad nehmen?“

      „Nein, aber der Kilian hat über die Salbe so gefoppt (regionaler Ausdruck für loben), dass ich gleich für die ganze Nachbarschaft und meine Verwandten eine besorgen soll.“

      Mir war gar nicht bewusst, dass es im Gasteinertal von Schulterproblemen nur so wimmelte.

      „So viele habe ich nicht auf Lager“, gestand ich, „diese Menge müsste ich erst bestellen.“

      „Na, dann bestellen Sie am besten gleich dreißig!“

      Langsam beschlich mich das Gefühl, die Bergerhuberin beabsichtigte, die Salbe ihren Hausgästen aufs Frühstücksbrot zu schmieren, um deren Aufenthalt in einen Wellness-Urlaub zu verwandeln.

      Als ich das nächste Mal an der Tankstelle stand, passte mich der Kilian, dem ich diesen Großauftrag verdankte, freudestrahlend ab. „Na, was sagen Sie, was ich schon zusammenbring?“, röhrte er von seinem Traktor herunter, dabei hob er scheinbar mühelos den Arm über den Kopf. „Ich hab’ ja gewusst, ihr Viechbader habt’s Tricks auf Lager, dass sich die Ärzte davon eine Scheibe herunterschneiden können!“

      „Freut mich, freut mich“, murmelte ich. Noch mehr hätte mich aber gefreut, wenn er mich nicht dauernd Viechbader nennen würde.

      Seither riss er, wenn wir uns auf der Straße begegneten, schon von Weitem triumphierend den Arm zum Gruß in die Höhe. Weil er dabei auch die flache Hand ausstreckte, hoffte ich für ihn, dass ihn niemand wegen Wiederbetätigung anzeigte.

      Die nächste Episode lieferte er ein Jahr darauf ab. Eines schönen Tages läutete es so gegen halb neun am Morgen an unserer Haustüre.

      Ich war natürlich schon längst unterwegs, nur Karin, die gerade ihre sieben Zwetschken für die Schule zusammenzupacken im Begriff war, war noch daheim.

      Sie drückte auf die Gegensprechanlage, konnte aber auf dem Bildschirm außer ein paar unidentifizierbaren Hemdknöpfen nichts erkennen. Kein Wunder, das Gesicht vom Kilian befand sich oberhalb des Kamerawinkels.

      „Ja bitte?“

      „Ist der Doktor da?“, kam es aus dem Lautsprecher.

      „Leider nein. Mein Mann ist um diese Uhrzeit auf Visite.“

      „Ich brauch ihn aber!“

      „Da müssen Sie vorher anrufen!“

      „Ich hab kein Handy!“

      „Na, dann von Zuhause!“

      „Ich bin aber nicht zuhause. Ich bin jetzt da!“

      Der Dialog nahm einen etwas mühsamen Charakter an. Karin versuchte es anders: „Worum geht es denn? Kann ich ihm was ausrichten?“

      „Sagen Sie ihm, ich hab’ ganz blaue Füße und kalte Zehen!“

      Karin schluckte: „Sie wissen aber schon, dass Sie beim Tierarzt sind?“

      „Natürlich“, tönte es ungeduldig aus der Gegensprechanlage, „aber er hat mir letztes Jahr mit meiner Schulter auch so geholfen!“

      „Ja also, da muss ich ihn erst einmal fragen!“

      „Fragen Sie ihn, fragen Sie ihn! Ich melde mich wieder!“ Damit verschwanden die Hemdknöpfe aus Karins Blick.

      Obwohl sie es schon eilig hatte, rief sie mich an. „Du, da war so ein komischer Mann, der wegen seiner blauen Füße unbedingt zu Dir wollte …“

      Ich dachte kurz nach: „So ein großer Loder?“ (Regionaler Begriff für einen kräftigen hochgewachsenen Kerl.)

      „Offensichtlich. Weil außer seiner Hemdbrust habe ich nichts von ihm erkennen können.“

      Ich grinste: „Der Kilian! Das ist typisch für ihn!“

      „Was machst Du jetzt mit ihm?“

      „Keine Ahnung! Aber wie ich ihn kenne, gibt er nicht so schnell auf.“

      Da ich die Sache höchst lustig fand, wählte ich die Nummer seines ehemaligen Hausarztes, der ein guter Bekannter war, weil seine Frau und Karin dieselbe Klasse in der Linzer Körnerschule besucht hatten, und der ganz in unserer Nähe wohnte. So klein ist die Welt.

      „Du“, begann ich, „jetzt muss ich Dir was erzählen. Ihr Ärzte habt ja ein schönes Image, wenn Eure Patienten lieber zum Tierarzt pilgern.“ Ich schilderte ihm genüsslich den Vorfall.

      Er lachte etwas gequält: „Die Geschichte kenn’ ich schon!“

      „Wieso kannst Du sie kennen? Das war vor zehn Minuten?“

      „Weil der Kilian sich auf seinen Traktor geschwungen hat, zu mir heraufgefahren ist und sich beschwert hat, dass Du nicht zuhause warst.“

      „So ein Depp! Was glaubst Du denn, was er hat?“

      „Ein postthrombotisches Syndrom! Hat er schon länger. Scheint aber wieder ärger geworden sein.“

      „Und? Hast Du ihm was gegeben?“

      „Mein Lieber! Ich bin seit vier Jahren in Pension. Außer einem doppelten Marillenbrand habe ich ihm nichts anbieten können!“

      Am nächsten Tag in der Früh verstaute ich noch schnell ein paar Medikamente im Wagen. Dabei hatte ich schon das Garagentor geöffnet, was sich als Fehler entpuppte, weil das sich nähernde Tuckern eines Traktors signalisierte, dass der Kilian seine Drohung, sich wieder zu melden, in die Tat umsetzte. Gottergeben wartete ich, bis sein Gefährt um die Ecke bog.

      „Ah, Herr Dokter! Jetzt erwisch’ ich Sie. Schau’n Sie sich meine Füße an!“

      Er stellte sich vor mich hin, zog die Schuhe samt den Socken aus und lüftete die Hosenbeine. Barfuß stand er auf dem nicht ganz sauberen Garagenboden.

      Da schaute ich wirklich. Bis zur halben Wade hatte sein Gehwerkzeug eine blauviolette Verfärbung.

      „Und eiskalte Zehen!“, ergänzte er, „wollen Sie einmal fühlen?“

      „Ich glaube es Ihnen auch so“, wehrte ich ab. „Das sind offenbar massive Durchblutungsstörungen. Damit sollten Sie schleunigst zum Arzt gehen!“

      „Sie sind ja einer!“

      „Ja, aber ein Viechbader, wie Sie sich auszudrücken pflegen!“

      Der Kilian feixte: „Na und? Manche behaupten ja sowieso, ich bin ein Urviech!“

      Das war nicht ganz von der Hand zu weisen. Und weil ich wusste, dass er zuerst eine Behandlung von mir erwartete, drückte ich ihm eine Salbe aus Rosskastanienextrakt in die Pfoten. Rosskastanie ist bekanntlich gut gegen alle Arten venöser Stauungen. „Und heiße Heublumenbäder schlage ich vor!“

      „Na also!“ Der Kilian strahlte: „Was kostet die Paste?“

      „Nichts!“ Angesichts der dreißig Lahmheiten- & Wundsalben glaubte ich, mir das Defizit leisten zu können.

      Während der Kilian seine Adjustierung wieder in Ordnung brachte, sah ich zu, dass ich weiterkam.

      Nach ein paar Wochen läutete es erneut an der Haustüre. Als Karin die Gegensprechanlage einschaltete, waren wiederum nur die bekannten Hemdknöpfe zu sehen.

      „Ich will mich nur beim