Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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Ich meine, gnädiger Herr, die Stellung Eurer Person zu dem Versuche.

      HAMLET

       Ich will hier im Saale auf und ab gehen; wenn es Seiner Majestät gefällt: es ist jetzt bei mir die Stunde, frische Luft zu schöpfen. Laßt die Rapiere bringen; hat Laertes Lust und bleibt der König bei seinem Vorsatze, so will ich für ihn gewinnen, wenn ich kann; wo nicht, so werde ich nichts als die Schande und die überzähligen Stöße davontragen.

      OSRICK

       Soll ich Eure Meinung so erklären?

      HAMLET

       In diesem Sinne, Herr, mit Ausschmückungen nach Eurem Geschmack.

      OSRlCK

       Ich empfehle Eurer Hoheit meine Ergebenheit.

       [Ab. ]

      HAMLET

       Der Eurige. -

       Osrick geht ab. Er tut wohl daran, sie selbst zu empfehlen; es möchte ihm sonst kein Mund zu Gebote stehn.

      HORATIO

       Dieser Kiebitz ist mit der halben Eierschale auf dem Kopfe aus dem Nest gelaufen.

      HAMLET

       Er machte Umstände mit seiner Mutter Brust, ehe er daran sog. Auf diese Art hat er, und viele andere von demselben Schlage, in die das schale Zeitalter verliebt ist, nur den Ton der Mode und den äußerlichen Schein der Unterhaltung erhascht, eine Art von Schaumansammlung, die sie weiterträgt, und zwar durch die tiefsten und gesiebtesten Beurteilungen hindurch; aber man puste sie nur zu näherer Prüfung an, und die Blasen platzen.

       Ein Edelmann kommt.

      EDELMANN

       Gnädiger Herr, Seine Majestät hat sich Euch durch den jungen Osrick empfehlen lassen, der ihm meldet, daß Ihr ihn im Saale erwarten wollt. Er schickt mich, um zu fragen, ob Eure Lust, mit Laertes zu fechten, fortdauert, oder ob Ihr längern Aufschub dazu verlangt.

      HAMLET

       Ich bleibe meinen Vorsätzen treu, sie richten sich nach des Königs Wunsche. Wenn es ihm gelegen ist, bin ich bereit, jetzt oder zu jeder andern Zeit; vorausgesetzt, daß ich so gut imstande bin wie jetzt.

      EDELMANN

       Der König, die Königin und alle sind auf dem Wege hierher.

      HAMLET

       In Gottes Namen.

      EDELMANN

       Die Königin wünscht, Ihr möchtet den Laertes freundschaftlich anreden, ehe Ihr anfangt zu fechten.

      HAMLET

       Ihr Rat ist gut.

       Der Edelmann ab.

      HORATIO

       Ihr werdet diese Wette verlieren, mein Prinz.

      HAMLET

       Ich denke nicht. Seit er nach Frankreich ging, bin ich in beständiger Übung geblieben; ich werde bei der ungleichen Wette gewinnen. Aber du kannst dir nicht vorstellen, wie übel es mir hier ums Herz ist. Doch es tut nichts.

      HORATIO

       Nein, bester Herr -

      HAMLET

       Es ist nur Torheit; aber es ist eine Art von schlimmer Ahnung, die vielleicht ein Weib ängstigen würde.

      HORATIO

       Wenn Eurem Gemüt irgend etwas widersteht, so gehorcht ihm; ich will ihrer Ankunft zuvorkommen und sagen, daß Ihr nicht aufgelegt seid.

      HAMLET

       Nein, ja nicht! Ich trotze allen Vorbedeutungen; es waltet eine besondere Vorsehung über den Fall eines Sperlings. Geschieht es jetzt, so geschieht es nicht in Zukunft; geschieht es nicht in Zukunft, so geschieht es jetzt; geschieht es jetzt nicht, so geschieht es doch einmal in Zukunft. In Bereitschaft sein ist alles. Da kein Mensch besitzt, was er verläßt, was kommts darauf an, frühzeitig zu verlassen? Mags sein!

       Der König, die Königin, Laertes, Herren vom Hofe, Osrick und anderes Gefolge mit Rapieren usw.

      KÖNIG

       Kommt, Hamlet, kommt! Nehmt diese Hand von mir!

       Der König legt die Hand des Laertes in die des Hamlet.

      HAMLET

       Gewährt Verzeihung, Herr! Ich tat Euch unrecht;

       Allein verzeiht um Eurer Ehre willen!

       Der Kreis hier weiß, Ihr hörtets auch gewiß,

       Wie ich mit schwerem Trübsinn bin geplagt.

       Was ich getan,

       Das die Natur in Euch, die Ehr und Sitte

       Hart aufgeregt, erklär ich hier für Wahnsinn.

       Wars Hamlet, der Laertes kränkte? Nein!

       Wenn Hamlet von sich selbst geschieden ist

       Und, weil er nicht er selbst, Laertes kränkt,

       Dann tut es Hamlet nicht; Hamlet verleugnets.

       Wer tut es denn? Sein Wahnsinn. Ist es so,

       So ist er ja auf der gekränkten Seite:

       Sein Wahnsinn ist des armen Hamlets Feind.

       Vor diesen Zeugen, Herr,

       Laßt mein Verleugnen aller schlimmen Absicht

       So weit vor Eurer Großmut frei mich sprechen,

       Als ich den Pfeil nur sandte übers Haus

       Und meinen Bruder traf.

      LAERTES

       Mir ist genug geschehn für die Natur,

       Die mich in diesem Fall am stärksten sollte

       Zur Rache treiben. Doch nach Ehrenrechten

       Halt ich mich fein und weiß nichts von Versöhnung,

       Bis ältre Meister von geprüfter Ehre

       Zum Frieden ihren Rat und Spruch verleihn

       Für meines Namens Rettung. Bis dahin

       Empfang ich Eure dargebotne Liebe

       Als Lieb und will ihr nicht zu nahe tun.

      HAMLET

       Gern tret ich bei und will mit Zuversicht

       Um diese brüderliche Wette fechten. -

       Gebt uns Rapiere, kommt!

      LAERTES

       Kommt, eines mir!

      HAMLET

       Ich werd zur Zierde Eures Ruhms, Laertes;

       Mein Ungeschick läßt Eure Kunst erglänzen

       Wie tiefste Nacht die Sterne.

      LAERTES

       Ihr treibt Spott!

      HAMLET

       Wahrhaftig nicht!

      KÖNIG

       Gebt ihnen die Rapiere, junger Osrick. -

       Ihr wißt doch, Vetter Hamlet, unsre Wette?

      HAMLET

       Vollkommen: Eure Hoheit hat den Ausschlag

       Des Preises auf die schwächre Hand gelegt.

      KÖNIG

       Ich fürcht es nicht, ich sah euch beide sonst;

       Er lernte zu, drum gibt man uns voraus.

      LAERTES

       Das ist zu schwer, laßt mich ein andres sehn!

      HAMLET

       Das steht mir an. Sind alle gleicher Länge?

       Sie bereiten sich zum Fechten.

      OSRICK