Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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war?

      HAMLET

       Ja, ich weiß nicht.

      ERSTER TOTENGRÄBER

       Das Wetter über den unklugen Schalk! Er goß mir einmal eine Flasche Rheinwein über den Kopf. Dieser Schädel da war Yoricks Schädel, des Königs Spaßmacher.

      HAMLET

       Dieser?

       [Nimmt den Schädel. ]

      ERSTER TOTENGRÄBER

       Ja, ja, eben der.

      HAMLET

       Laß mich sehen.

       Nimmt den Schädel. Ach armer Yorick! - Ich kannte ihn, Horatio; ein Bursch von unendlichem Humor, voll von den herrlichsten Einfällen. Er hat mich tausendmal auf dem Rücken getragen, und jetzt, wie schaudert meiner Einbildungskraft davor! Mir wird ganz übel. Hier hingen diese Lippen, die ich geküßt habe, ich weiß nicht wie oft. Wo sind nun deine Schwänke? Deine Sprünge? Deine Lieder, deine Blitze von Lustigkeit, wobei die ganze Tafel in Lachen ausbrach? Ist jetzt keiner da, der sich über dein eigenes Grinsen aufhielte? Alles weggeschrumpft? Nun begib dich in die Kammer der gnädigen Frau und sage ihr, wenn sie auch einen Finger dick auflegt: so'n Gesicht muß sie endlich bekommen; mach sie damit lachen! - Sei so gut, Horatio, sage mir dies eine!

      HORATIO

       Und was, mein Prinz?

      HAMLET

       Glaubst du, daß Alexander in der Erde solchergestalt aussah?

      HORATIO

       Geradeso.

      HAMLET

       Und so roch? Pah!

       Wirft den Schädel weg.

      HORATIO

       Geradeso, mein Prinz.

      HAMLET

       Zu was für schnöden Bestimmungen wir kommen, Horatio! Warum sollte die Einbildungskraft nicht den edlen Staub Alexanders verfolgen können, bis sie ihn findet, wo er ein Spundloch verstopft?

      HORATIO

       Die Dinge so betrachten hieße sie allzu genau betrachten.

      HAMLET

       Nein, wahrhaftig, im geringsten nicht. Man könnte ihm bescheiden genug dahin folgen und sich immer von der Wahrscheinlichkeit führen lassen. Zum Beispiel so: Alexander starb, Alexander ward begraben. Alexander verwandelte sich in Staub; der Staub ist Erde; aus Erde machen wir Lehm; und warum sollte man nicht mit dem Lehm, worein er verwandelt ward, ein Bierfaß stopfen können?

      Der große Cäsar, tot und Lehm geworden,

       Verstopft ein Loch wohl vor dem rauhen Norden.

       O daß die Erde, der die Welt gebebt,

       Vor Wind und Wetter eine Wand verklebt!

      Doch still, doch still, beiseit! Hier kommt der König!

       Priester usw. kommen in Prozession; die Leiche der Ophelia; Laertes und Leidtragende folgen ihr; der König, die Königin, ihr Gefolge usw. Die Königin, der Hof - wem folgen sie? Und mit so unvollständgen Feierlichkeiten? Ein Zeichen, daß die Leiche, der sie folgen, Verzweiflungsvolle Hand an sich gelegt. Sie war von Stande; lauern wir ein Weilchen Und geben acht. Zieht sich mit Horatio zurück.

      LAERTES

       Was für Gebräuche sonst?

      HAMLET

       Das ist Laertes,

       Ein edler junger Mann. Gebt acht!

      LAERTES

       Was für Gebräuche sonst?

      ERSTER PRIESTER

       Wir dehnten ihr Begräbnis aus, soweit

       Die Vollmacht reicht; ihr Tod war zweifelhaft,

       Und wenn kein Machtgebot die Ordnung hemmte,

       So hätte sie in ungeweihtem Grund

       Bis zur Gerichtsdrommete wohnen müssen.

       Statt christlicher Gebete sollten Scherben

       Und Kieselstein auf sie geworfen werden.

       Hier gönnt man ihr doch ihren Mädchenkranz

       Und das Bestreun mit jungfräulichen Blumen,

       Geläut und Grabstätt.

      LAERTES

       So darf nichts mehr geschehn?

      ERSTER PRIESTER

       Nichts mehr geschehn.

       Wir würden ja der Toten Dienst entweihn,

       Wenn wir ein Requiem und Ruh ihr sängen

       Wie fromm verschiednen Seeln.

      LAERTES

       Legt sie ins Grab.

       Und aus der schönen, unbefleckten Hülle

       Solln Veilchen wachsen! - Harter Priester, höre:

       Ein Engel am Thron wird meine Schwester sein,

       Wenn du liegst heulend.

      HAMLET

       Was? Die schöne Ophelia?

      KÖNIGIN

       Blumen streuend. Süßes der Süßen. Lebe wohl! - Ich hoffte, Du solltest meines Hamlet Gattin sein. Dein Brautbett, dacht ich, süßes Kind, zu schmücken, Nicht zu bestreun dein Grab.

      LAERTES

       O dreifach Wehe

       Treff zehnmal dreifach das verfluchte Haupt,

       Des Untat deiner sinnigen Vernunft

       Dich hat beraubt! - Laßt noch die Erde weg,

       Bis ich sie nochmals in die Arme fasse!

       Springt in das Grab. Nun häuft den Staub auf Lebende und Tote, Bis ihr die Fläche habt zum Berg gemacht, Hoch über Pelion und das blaue Haupt Des wolkigen Olymp.

      HAMLET

       vortretend. Wer ists, des Gram So voll Emphase tönt? Des Wehespruch Der Sterne Lauf beschwört und macht sie stillstehn Wie schreckbefangne Hörer? - Dies bin ich, Hamlet der Däne. Springt in dar Grab.

      LAERTES

       Dem Teufel deine Seele!

       Ringt mit ihm.

      HAMLET

       Du betest schlecht.

       Ich bitt dich, laß die Hand von meiner Gurgel;

       Denn ob ich schon nicht jäh und heftig bin,

       So ist doch was Gefährliches in mir,

       Das ich zu scheun dir rate. Weg die Hand!

      KÖNIG

       Reißt sie doch voneinander!

      KÖNIGIN

       Hamlet! Hamlet!

      ALLE

       Ihr Herren!

      HORATIO

       Bester Herr, seid ruhig!

       Einige vom Gefolge bringen sie auseinander, und sie kommen aus dem Grabe hervor

      HAMLET

       Ja, diese Sache fecht ich aus mit ihm,

       So lang, bis meine Augenlider sinken.

      KÖNIGIN

       O mein Sohn, welche Sache?

      HAMLET

       Ich liebt Ophelien, vierzigtausend Brüder

       Mit ihrem ganzen Maß von Liebe machten

       Nicht meine Summ. - Was willst du für sie tun?

      KÖNIG