Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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wollt ers zeichnen. Lange stand er so;

       Zuletzt ein wenig schüttelnd meine Hand

       Und dreimal hin und her den Kopf so wägend,

       Tat er solch einen bangen, tiefen Seufzer,

       Als sollt er seinen ganzen Bau zertrümmern

       Und endigen sein Dasein. Dies getan,

       Läßt er mich gehn, und über seine Schultern

       Den Kopf zurückgedreht, schien er den Weg

       Zu finden ohne seine Augen; denn

       Er ging zur Tür hinaus ohn ihre Hülfe

       Und wandte bis zuletzt ihr Licht auf mich.

      POLONIUS

       Geht mit mir, kommt, ich will den König suchen.

       Dies ist die wahre Schwärmerei der Liebe,

       Die, ungestüm von Axt, sich selbst zerstört

       Und leitet zu verzweifelten Entschlüssen,

       So oft als irgendeine Leidenschaft,

       Die unterm Mond uns quält. Es tut mir leid -

       Sagt, gabt Ihr ihm wohl kürzlich harte Worte?

      OPHELIA

       Nein, bester Herr, nur wie Ihr mir befahlt,

       Wies ich die Briefe ab und weigert ihm

       Den Zutritt.

      POLONIUS

       Das hat ihn verrückt gemacht.

       Es tut mir leid, daß ich mit besserm Urteil

       Ihn nicht beachtet hab. Ich sorgt, er tändle nur

       Und wolle dich verderben: doch verdammt mein Argwohn!

       Uns Alten ists so eigen, wie es scheint,

       Mit unsrer Meinung übers Ziel zu gehn,

       Als häufig bei dem jungen Volk der Mangel

       An Vorsicht ist. Gehn wir zum König, komm!

       Er muß dies wissen, denn es zu verstecken

       Brächt uns mehr Gram, als Haß, die Lieb entdecken.

       [Komm! ]

       Beide ab.

       Englisch

      ZWEITE SZENE

       Inhaltsverzeichnis

       Ein Zimmer im Schlosse

       Der König, die Königin, Rosenkranz, Güldenstern und Gefolge.

      KÖNIG

       Willkommen, Rosenkranz und Güldenstern!

       Wir wünschten nicht nur sehnlich, Euch zu sehn,

       Auch das Bedürfnis Eurer Dienste trieb

       Uns zu der eilgen Sendung an. Ihr hörtet

       Von der Verwandlung Hamlets schon; so nenn ichs,

       Weil nicht der äußre noch der innre Mensch

       Dem gleicht, was sonst er war. Was es nur ist,

       Mehr als des Vaters Tod, das ihn so weit

       Von dem Verständnis seiner selbst gebracht,

       Kann ich nicht raten. Ich ersuch Euch beide,

       Da Ihr von Kindheit auf mit ihm erzogen

       Und seiner Laun und Jugend nahe bliebt,

       Ihr wollet hier an unserm Hof verweilen

       Auf einge Zeit, um ihn durch Euren Umgang

       In Lustbarkeit zu ziehn und zu erspähn,

       Soweit der Anlaß auf die Spur Euch bringt,

       Ob irgendwas, uns unbekannt, ihn drückt,

       Das, offenbart, zu heilen wir vermöchten.

      KÖNIGIN

       Ihr lieben Herrn, er hat Euch oft genannt;

       Ich weiß gewiß, es gibt nicht andre zwei,

       An denen er so hängt. Wenns Euch beliebt,

       Uns soviel guten Willen zu erweisen,

       Daß Ihr bei uns hier eine Weile zubringt

       Zu unsrer Hoffnung Vorschub und Gewinn,

       So wollen wir Euch den Besuch belohnen,

       Wie es sich ziemt für eines Königs Dank.

      ROSENKRANZ

       Es stände Euern Majestäten zu,

       Nach herrschaftlichen Rechten über uns

       Mehr zu gebieten nach gestrengem Willen,

       Als zu ersuchen.

      GÜLDENSTERN

       Wir gehorchen beide

       Und bieten uns hier an, nach besten Kräften

       Zu Euren Füßen unsern Dienst zu legen,

       Um frei damit zu schalten.

      KÖNIG

       Dank, Rosenkranz und lieber Güldenstern!

      KÖNIGIN

       Dank Güldenstern und lieber Rosenkranz!

       Besucht doch unverzüglich meinen Sohn,

       Der nur zu sehr verwandelt. Geh wer mit

       Und bring die Herren hin, wo Hamlet ist.

      GÜLDENSTERN

       Der Himmel mach ihm unsre Gegenwart

       Und unser Tun gefällig und ersprießlich!

      KÖNIGIN

       So sei es, Amen!

       Rosenkranz, Güldenstern und einige aus dem Gefolge ab. Polonius kommt.

      POLONIUS

       Mein König, die Gesandten sind von Norweg

       Froh wieder heimgekehrt.

      KÖNIG

       Du warest stets der Vater guter Zeitung.

      POLONIUS

       Nicht wahr? Ja, seid versichert, bester Herr,

       Ich halte meine Pflicht wie meine Seele:

       So meinem Gott wie meinem gnädgen König!

       Und jetzo denk ich - oder dies Gehirn

       Jagt auf der Klugheit Fährte nicht so sicher,

       Als es wohl pflegte -, daß ich ausgefunden,

       Was eigentlich an Hamlets Wahnwitz schuld.

      KÖNIG

       O davon sprecht; das wünsch ich sehr zu hören!

      POLONIUS

       Vernehmt erst die Gesandten; meine Zeitung

       Soll bei dem großen Schmaus der Nachtisch sein.

      KÖNIG

       Tut ihnen selber Ehr und führt sie vor!

       Polonius ab. Er sagt mir, liebe Gertrud, daß er jetzt Den Quell vom Übel Eures Sohns gefunden.

      KÖNIGIN

       Ich fürcht, es ist nichts anders als das eine:

       Des Vaters Tod und unsre hastige Heirat.

      KÖNIG

       Gut, wir erforschen ihn.

       Polonius kommt mit Voltimand und Cornelius zurück. Willkommen, liebe Freunde! Voltimand, Sagt, was Ihr bringt von unserm Bruder Norweg.

      VOLTIMAND