Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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erschüttern lassen?

      Brutus.

       Nein, verzeiht.

       Ich selbst betrete erst die Bühn und lege

       Von unsers Cäsars Tod die Gründe dar.

       Was dann Antonius sagen wird, erklär ich,

       Gescheh erlaubt und mit Bewilligung;

       Es sei uns recht, daß Cäsar jeder Ehre

       Teilhaftig werde, so die Sitte heiligt.

       Dies wird uns mehr Gewinn als Schaden bringen.

      Cassius.

       Wer weiß, was vorfällt? Ich bin nicht dafür.

      Brutus.

       Hier, Mark Anton, nehmt Ihr die Leiche Cäsars.

       Ihr sollt uns nicht in Eurer Rede tadeln,

       Doch sprecht von Cäsarn Gutes nach Vermögen

       Und sagt, daß Ihr's mit unserm Willen tut.

       Sonst sollt Ihr gar mit dem Begräbnis nichts

       Zu schaffen haben. Auf derselben Bühne,

       Zu der ich jetzo gehe, sollt Ihr reden,

       Wenn ich zu redet, aufgehört.

      Antonius.

       So sei's!

       Ich wünsche weiter nichts.

      Brutus.

       Bereitet denn die Leich und folget uns.

      (Alle bis auf Antonius ab.)

      Antonius.

       O du, verzeih mir, blutend Stückchen Erde!

       Daß ich mit diesen Schlächtern freundlich tat.

       Du bist der Rest des edelsten der Männer,

       Der jemals lebt, im Wechsellauf der Zeit.

       Weh! weh der Hand, die dieses Blut vergoß!

       Jetzt prophezei ich über deinen Wunden,

       Die ihre Purpurlippen öffnen, stumm

       Von meiner Zunge Stimm und Wort erflehend:

       Ein Fluch wird fallen auf der Menschen Glieder,

       Und innre Wut und wilder Bürgerzwist

       Wird ängsten alle Teil' Italiens;

       Verheerung, Mord wird so zur Sitte werden

       Und so gemein das Furchtbarste, daß Mütter

       Nur lächeln, wenn sie ihre zarten Kinder

       Gevierteilt von des Krieges Händen sehn.

       Die Fertigkeit in Greueln würgt das Mitleid;

       Und Cäsars Geist, nach Rache jagend, wird,

       Zur Seit ihm Ate, heiß der Höll entstiegen,

       In diesen Grenzen mit des Herrschers Ton

       Mord rufen und des Krieges Hund' entfesseln, Daß diese Schandtat auf zum Himmel stinke Von Menschenaas, das um Bestattung ächzt. Ein Diener kommt. Ihr dienet dem Octavius Cäsar? nicht?

      Diener.

       Ja, Mark Anton.

      Antonius.

       Cäsar beschied ihn schriftlich her nach Rom.

      Diener.

       Den Brief empfing er und ist unterwegs;

       Und mündlich hieß er mich an Euch bestellen

       (Er erblickt den Leichnam Cäsars.)

       O Cäsar!

      Antonius.

       Dein Herz ist voll, geh auf die Seit und weine.

       Ich sehe, Leid steckt an; denn meine Augen,

       Da sie des Grames Perlen sahn in deinen,

       Begannen sie zu fließen – Kommt dein Herr?

      Diener.

       Er bleibt zur Nacht von Rom nur sieben Meilen.

      Antonius.

       Reit schnell zurück und meld' ihm, was geschehn.

       Hier ist ein Rom voll Trauer und Gefahr,

       Kein sichres Rom noch für Octavius.

       Eil hin und sag ihm das! – Nein, warte noch!

       Du sollst nicht fort, bevor ich diese Leiche

       Getragen auf den Markt und meine Rede

       Das Volk geprüft, wie dieser blutgen Männer

       Unmenschliches Beginnen ihm erscheint.

       Und demgemäß sollst du dem jungen Cäsar

       Berichten, wie allhier die Dinge stehn.

       Leih deinen Arm mir.

      (Beide ab mit Cäsars Leiche.)

      ZWEITE SZENE

       Inhaltsverzeichnis

       Das Forum

      Brutus und Cassius kommen mit einem Haufen Volks

      Bürger.

       Wir wollen Rechenschaft! Legt Rechenschaft uns ab!

      Brutus.

       So folget mir und gebt Gehör mir, Freunde. –

       Ihr, Cassius geht in eine andre Straße

       Und teilt die Haufen –

       Wer mich will reden hören, bleibe hier;

       Wer Cassius folgen will, der geh mit ihm.

       Wir wollen öffentlich die Gründ' erklären

       Von Cäsars Tod.

      Erster Bürger.

       Ich will den Brutus hören.

      Zweiter Bürger.

       Den Cassius ich: so können wir die Gründe

       Vergleichen, wenn wir beide angehört.

      (Cassius mit einigen Bürgern ab. Brutus besteigt die Rostra.)

      Dritter Bürger.

       Der edle Brutus steht schon oben – still!

      Brutus.

       Seid ruhig zum Schluß.

       Römer! Mitbürger! Freunde! Hört mich meine Sache führen und seid still, damit ihr hören möget. Glaubt mir um meiner Ehre willen und hegt Achtung vor meiner Ehre, damit ihr glauben mögt. Richtet mich nach eurer Weisheit und weckt eure Sinne, um desto besser urteilen zu können. Ist jemand in dieser Versammlung, irgendein herzlicher Freund Cäsars, dem sage ich: des Brutus Liebe zum Cäsar war nicht geringer als seine. Wenn dieser Freund dann fragt, warum Brutus gegen Cäsar aufstand, ist dies meine Antwort: nicht, weil ich Cäsarn weniger liebte, sondern weil ich Rom mehr liebte. Wolltet ihr lieber, Cäsar lebte und ihr stürbet alle als Sklaven, als daß Cäsar tot ist, damit ihr alle lebet wie freie Männer? Weil Cäsar mich liebte, wein ich um ihn; weil er glücklich war, freue ich mich; weil er tapfer war, ehr ich ihn; aber weil er herrschsüchtig war, erschlug ich ihn. Also Tränen für seine Liebe, Freude für sein Glück, Ehre für seine Tapferkeit und Tod für seine Herrschsucht. Wer ist hier so niedrig gesinnt, daß er ein Knecht sein möchte? Ist es jemand, er rede, denn ihn habe ich beleidigt. Wer ist hier so roh, daß er nicht wünschte, ein Römer zu sein? Ist es jemand, er rede, denn ihn habe ich beleidigt. Wer ist hier so schlecht, daß er sein Vaterland nicht liebte? Ist es jemand, er rede, denn ihn habe ich beleidigt. Ich halte inne, um Antwort zu hören.

      Bürger (verschiedene Stimmen