Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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Für des verbannten Bruders Wiederkehr?

      Brutus.

       Ich küsse deine Hand, doch nicht als Schmeichler,

       Und bitte, Cäsar, daß dem Publius Cimber

       Die Rückberufung gleich bewilligt werde.

      Cäsar.

       Wie? Brutus!

      Cassius.

       Gnade, Cäsar! Cäsar, Gnade!

       Auch Cassius fällt tief zu Füßen dir,

       Begnadigung für Cimber zu erbitten.

      Cäsar.

       Ich ließe wohl mich rühren, glich' ich euch;

       Mich rührten Bitten, bät ich, um zu rühren.

       Doch ich bin standhaft wie des Nordens Stern,

       Des unverrückte, ewig stete Art

       Nicht ihresgleichen hat am Firmament.

       Der Himmel prangt mit Funken ohne Zahl,

       Und Feuer sind sie all' und jeder leuchtet;

       Doch einer nur behauptet seinen Stand. So in der Welt auch; sie ist voll von Menschen, Und Menschen sind empfindlich, Fleisch und Blut; Doch in der Menge weiß ich einen nur, Der unbesiegbar seinen Platz bewahrt, Vorn Andrang unbewegt; daß ich der bin, Auch hierin laßt es mich ein wenig zeigen, Daß ich auf Cimbers Banne fest bestand Und drauf besteh, daß er im Banne bleibe.

      Cinna.

       O Cäsar!

      Cäsar.

       Fort, sag ich! Willst du den Olymp versetzen?

      Decius.

       Erhabner Cäsar! –

      Cäsar.

       Kniet nicht Brutus auch umsonst?

      Casca.

       Dann, Hände, sprecht für mich!

      (Casca sticht Cäsarn mit dem Dolch in den Nacken. Cäsar fällt ihm in den Arm. Er wird alsdann von verschiednen andern Verschwornen und zuletzt von Marcus Brutus mit Dolchen durchstochen.)

      Cäsar.

       Brutus, auch du? – So falle, Cäsar!

      (Er stirbt. Die Senatoren und das Volk fliehen bestürzt.)

      Cinna.

       Befreiung! Freiheit! Die Tyrannei ist tot!

       Lauft fort! verkündigt! ruft es durch die Gassen!

      Cassius.

       Hin zu der Rednerbühne! Rufet aus:

       «Befreiung! Freiheit! Wiederherstellung!»

      Brutus.

       Seid nicht erschrocken, Volk und Senatoren!

       Flieht nicht! Steht still! Die Ehrsucht hat gebüßt.

      Casca.

       Geht auf die Rednerbühne, Brutus.

      Decius.

       Ihr, Cassius, auch.

      Brutus.

       Wo ist Publius?

      Cinna.

       Hier, ganz betroffen über diesen Aufruhr.

      Metellus.

       Steht dicht beisammen, wenn ein Freund des Cäsar

       Etwa –

      Brutus.

       Sprecht nicht von Stehen! – Publius, getrost!

       Wir haben nicht im Sinn, Euch Leid zu tun,

       Auch keinem Römer sonst: sagt ihnen das.

      Cassius.

       Und geht nur, Publius, damit das Volk,

       Das uns bestürmt, nicht Euer Alter kränke.

      Brutus.

       Tut das; und niemand steh für diese Tat

       Als wir, die Täter.

      Trebonius kommt zurück.

      Cassius.

       Wo ist Mark Anton?

      Trebonius.

       Er floh bestürzt nach Haus, und Männer, Weiber

       Und Kinder blicken starr und schrein und laufen,

       Als wär der jüngste Tag.

      Brutus.

       Schicksal! wir wollen sehn, was dir geliebt.

       Wir wissen, daß wir sterben werden; Frist

       Und Zeitgewinn nur ist der Menschen Trachten.

      Cassius.

       Ja, wer dem Leben zwanzig Jahre raubt,

       Der raubt der Todesfurcht so viele Jahre.

      Brutus.

       Gesteht das ein, und Wohltat ist der Tod.

       So sind wir Cäsars Freunde, die wir ihm

       Die Todesfurcht verkürzten. Bückt euch, Römer,

       Laßt unsre Händ in Cäsars Blut uns baden

       Bis an die Ellenbogen! Färbt die Schwerter!

       So treten wir hinaus bis auf den Markt,

       Und, überm Haupt die roten Waffen schwingend,

       Ruft alle dann: «Erlösung! Friede! Freiheit!»

      Cassius.

       Bückt euch und taucht! In wie entfernter Zeit

       Wird man dies hohe Schauspiel wiederholen,

       In neuen Zungen und mit fremdem Pomp!

      Brutus.

       Wie oft wird Cäsar noch zum Spiele bluten,

       Der jetzt am Fußgestell Pompejus' liegt,

       Dem Staube gleich geachtet!

      Cassius.

       Sooft als das geschieht,

       Wird man auch unsern Bund, die Männer nennen,

       Die Freiheit wiedergaben ihrem Land.

      Decius.

       Nun, sollen wir hinaus?

      Cassius.

       Ja, alle fort!

       Brutus voran, und seine Tritte zieren

       Wir mit den kühnsten, besten Herzen Roms.

      Ein Diener kommt.

      Brutus.

       Doch stillt Wer kommt? Ein Freund des Mark Anton.

      Diener.

       So, Brutus, hieß mich mein Gebieter knien,

       So hieß Antonius mich niederfallen,

       Und tief im Staube hieß er so mich reden:

       «Brutus ist edel, tapfer, weis und redlich,

       Cäsar war groß, kühn, königlich und gütig.

       Sprich: Brutus lieb ich, und ich ehr ihn auch.

       Sprich: Cäsarn fürchtet ich, ehrt ihn und liebt ihn.

       Will Brutus nur gewähren, daß Anton

       Ihm sicher nahen und erforschen dürfe,

       Wie Cäsar solche Todesart verdient,

       So soll dem Mark Anton der tote Cäsar

       So teuer nicht als Brutus lebend sein;

       Er will vielmehr dem Los und der Partei

       Des edlen Brutus unter den Gefahren

       Der wankenden Verfassung treulich folgen.»