Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075833631
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      ZWEITE SZENE

       Inhaltsverzeichnis

       Ein Zimmer in Cäsars Palaste

      Donner und Blitz. Cäsar im Nachtkleide

      Cäsar.

       Zu Nacht hat Erd und Himmel Krieg geführt.

       Calpurnia rief im Schlafe dreimal laut:

       «O helft! Sie morden Cäsarn!» Niemand da?

      Ein Diener kommt.

      Diener.

       Herr?

      Cäsar.

       Geh, heiß die Priester gleich zum Opfer schreiten,

       Und bring mir ihre Meinung vom Erfolg.

      Diener. Es soll geschehn. (Ab.)

      Calpurnia (tritt auf).

       Was meint Ihr, Cäsar? Denkt Ihr auszugehn?

       Ihr müßt heut keinen Schritt vom Hause weichen.

      Cäsar.

       Cäsar geht aus. Mir haben stets Gefahren

       Im Rücken nur gedroht; wenn sie die Stirn

       Des Cäsar werden sehn, sind sie verschwunden.

      Calpurnia.

       Cäsar, ich hielt auf Wunderzeichen nie,

       Doch schrecken sie mich nun. Im Haus ist jemand,

       Der außer dem, was wir gesehn, gehört,

       Von Greueln meldet, so die Wach erblickt'.

       Es warf auf offner Gasse eine Löwin,

       Und Grüft erlösten gähnend ihre Toten.

       Wildglühnde Krieger fochten auf den Wolken,

       In Reihn, Geschwadern und nach Kriegsgebrauch,

       Wovon es Blut gesprüht aufs Kapitol.

       Das Schlachtgetöse klirrte in der Luft;

       Da wiehern Rosse, Männer röcheln sterbend,

       Und Geister wimmerten die Straßen durch.

       O Cäsar! unerhört sind diese Dinge;

       Ich fürchte sie.

      Cäsar.

       Was kann vermieden werden,

       Das sich zum Ziel die mächtgen Götter setzten?

       Ich gehe dennoch aus, denn diese Zeichen,

       So gut wie Cäsarn, gelten sie der Welt.

      Calpurnia.

       Kometen sieht man nicht, wenn Bettler sterben;

       Der Himmel selbst flammt Fürstentod herab.

      Cäsar.

       Der Feige stirbt schon vielmal, eh er stirbt,

       Die Tapfern kosten einmal nur den Tod. Von allen Wundern, die ich je gehört, Scheint mir das größte, daß sich Menschen fürchten, Da sie doch sehn, der Tod, das Schicksal aller, Kommt, wann er kommen soll. Der Diener kommt zurück. Was dünkt den Augurn?

      Diener.

       Sie raten Euch, für heut nicht auszugehn.

       Da sie dem Opfertier das Eingeweide

       Ausnahmen, fanden sie kein Herz darin.

      Cäsar.

       Die Götter tun der Feigheit dies zur Schmach.

       Ein Tier ja wäre Cäsar ohne Herz,

       Wenn er aus Furcht sich heut zu Hause hielte.

       Das wird er nicht; gar wohl weiß die Gefahr,

       Cäsar sei noch gefährlicher als sie.

       Wir sind zwei Leun, an einem Tag geworfen, Und ich der ältre und der schrecklichste; Und Cäsar wird doch ausgehn.

      Calpurnia.

       Ach, mein Gatte!

       In Zuversicht geht Eure Weisheit unter.

       Geht heute doch nicht aus; nennt's meine Furcht,

       Die Euch zu Hause hält, nicht Eure eigne.

       Wir senden Mark Anton in den Senat,

       Zu sagen, daß Ihr unpaß heute seid.

       Laßt mich auf meinen Knien dies erbitten.

      Cäsar.

       Ja, Mark Anton soll sagen, ich sei unpaß,

       Und dir zulieb will ich zu Hause bleiben.

       Decius tritt auf.

       Sieh, Decius Brutus kommt; der soll's bestellen.

      Decius.

       Heil, Cäsar! Guten Morgen, würdger Cäsar!

       Ich komm Euch abzuholen zum Senat.

      Cäsar.

       Und seid gekommen zur gelegnen Zeit,

       Den Senatoren meinen Gruß zu bringen.

       Sagt ihnen, daß ich heut nicht kommen will;

       Nicht kann, ist falsch; daß ich's nicht wage, falscher;

       Ich will nicht kommen heut, sagt ihnen das.

      Calpurnia.

       Sagt, er sei krank.

      Cäsar.

       Hilft Cäsar sich mit Lügen?

       Streckt ich so weit erobernd meinen Arm,

       Graubärten scheu die Wahrheit zu verkleiden?

       Geht, Decius! sagt nur: Cäsar will nicht kommen.

      Decius.

       Laßt einen Grund mich wissen, großer Cäsar,

       Daß man mich nicht verlacht, wenn ich es sage.

      Cäsar.

       Der Grund ist nur mein Will'; ich will nicht kommen,

       Das gnügt zu des Senats Befriedigung.

       Doch um Euch insbesondre gnug zu tun,

       Weil ich Euch liebe, will ich's Euch eröffnen:

       Calpurnia hier, mein Weib, hält mich zu Haus.

       Sie träumte diese Nacht, sie säh mein Bildnis,

       Das wie ein Springbrunn klares Blut vergoß

       Aus hundert Röhren; rüstge Römer kamen

       Und tauchten lächelnd ihre Hände drein.

       Dies legt sie aus als Warnungen und Zeichen

       Und Unglück, das uns droht, und hat mich kniend

       Gebeten, heute doch nicht auszugehn.

      Decius.

       Ihr habt den Traum ganz irrig ausgelegt;

       Es war ein schönes, glückliches Gesicht.

       Eur Bildnis, Blut aus vielen Röhren spritzend,

       Worein so viele Römer lächelnd tauchten,

       Bedeutet, saugen werd aus Euch das große Rom

       Belebend Blut; und große Männer werden

       Nach Heiligtümern und nach Ehrenpfändern

       Sich drängen. Das bedeutet dieser Traum.

      Cäsar.

       Auf diese Art habt Ihr ihn wohl erklärt.

      Decius.

       Ja, wenn Ihr erst gehört, was ich Euch melde.