Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler. Giorgio Vasari. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Giorgio Vasari
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783803141897
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eher als Architekt oder Baumeister tätig, auch wenn zuletzt wieder seine Mitarbeit am Retabel von Salamanca für möglich gehalten wurde. Antonio Filarete zählt ihn noch 1461/64 zu den »geeignetsten Architekten« seiner Zeit.

      Vasari wiederholt die Berichte vom Ruhm, den sich Dello beim spanischen König erwarb, und vom Neid, den er offensichtlich damit bei den alten Bekannten in Florenz auslöste, als er reich und hoch dekoriert 1446 für kurze Zeit in seine Heimatstadt zurückkehrte, wie erwähnt gemäß Florentiner Überlieferung. Während diese Anekdote in der ersten Fassung der Vita Anlaß zu moralischen Äußerungen gegeben hatte, legt Vasari 1568 mehr Wert darauf, Dello Delli als vielseitigen Künstler vorzustellen. So soll Dello auch unter den ersten gewesen sein, die sich anatomischen Studien widmeten, selbst wenn er kein guter Zeichner gewesen sei. Vasaris beliebte Hierarchisierung der Künste wird in dieser Vita in gewisser Weise im kleinen nachgezeichnet: So entwickelt sich der Tonbildner über die kleinfigurige Malerei auf Gebrauchsgegenständen zum Maler von Aktstudien und Fresken.

      An mehreren Stellen der Vita wird deutlich, daß Vasari in der Datierung von Dello Dellis Leben irrt. Er setzt es zu früh an: Donatello, der in Wirklichkeit knapp zwanzig Jahre älter war als Dello, kann nicht in jungen Jahren in seiner Werkstatt mitgearbeitet haben. Auch dem berühmten Feldherrn Pippo Spano wird Dello nicht als Sechsjähriger begegnet sein.

      Nicht bekannt war dem Biographen auch, daß Dello 1424 Florenz verließ, um sich mit seinem wegen Hochverrats aus der Stadt verbannten Vater mehrere Jahre in Siena und Venedig aufzuhalten. Erst 1433 schrieb sich Dello Delli in die Florentiner Malerzunft ein und verließ seine Heimatstadt Richtung Spanien.

       AZ

      DAS LEBEN DES FLORENTINER MALERS DELLO

       Vita di Dello. Pittor Fiorentino (1568)

      Obwohl der Florentiner Dello1 zu Lebzeiten und auch später immer nur als Maler bekannt gewesen ist, war er doch auch in der Bildhauerei tätig, ja, er hat sogar als seine ersten Werke Skulpturen geschaffen und, lange bevor er mit dem Malen begann, im Bogenfeld über dem Portal der Kirche Santa Maria Nuova eine Marienkrönung2 und für den Innenraum der Kirche die zwölf Apostel aus Terrakotta ausgeführt;3 dazu in der Servitenkirche einen toten Christus auf dem Schoß der Jungfrau und noch viele weitere Werke überall in der Stadt.4 Weil er aber sah (und außerdem wankelmütig war), daß er mit der Arbeit in Terrakotta wenig verdiente und in seiner Armut größeren Rückhalt benötigte, beschloß er, sich der Malerei zuzuwenden, zumal er einen guten disegno besaß. Dies gelang ihm mühelos, schnell lernte er gekonnt in Farbe zu arbeiten, wie es viele Werke zeigen, die er in seiner Stadt ausführte, und vor allem die kleinen Figuren, die er mit sehr viel mehr Anmut schuf als die großen.5 Dieser Umstand kam ihm sehr gelegen, weil man damals den Brauch pflegte, in den Schlafzimmern der Bürger große Truhen aus Holz aufzustellen, deren Deckel, wie bei Särgen, vielfältig gestaltet waren, und diese Truhen ließ niemand unbemalt. Neben den Szenen, die vorne auf dem Korpus und an den Schmalseiten angebracht wurden, ließ man an den Ecken und bisweilen auch an anderen Stellen das Wappen beziehungsweise die Insignien der Familien darstellen.6 Bei den Szenen, die auf der Vorderseite des Truhenkörpers angebracht wurden, handelte es sich in den meisten Fällen um Sagen aus Ovid und solche von anderen Dichtern oder auch um die Erzählungen griechischer oder lateinischer Geschichtsschreiber, desgleichen Jagdszenen, Turniere, Liebesnovellen und, je nach Vorliebe, andere Themen dieser Art. Das Innere [der Truhe] wurde dann nach Rang und Vermögen der Auftraggeber mit Leinen oder Tuch ausgekleidet, um die Kleider aus edlem Stoff und andere wertvolle Dinge darin besser aufbewahren zu können. Dazu kommt, daß nicht nur die Truhen in dieser Weise bemalt wurden, sondern auch die Betten, Wandtäfelungen, die rings umlaufenden Friese und andere Verzierungen dieser Art, mit denen man das Schlafgemach seinerzeit prächtig auszustatten pflegte und wovon unendlich viele Beispiele in der ganzen Stadt zu sehen sind. Dieses Vorgehen war viele Jahre lang dermaßen gebräuchlich, daß auch die vortrefflichsten Maler solche Arbeiten ausführten, ohne sich für das Malen oder Vergolden derartiger Werke zu schämen, wie es heute bei vielen der Fall wäre.7 Wie wahr dies ist, hat man bis in unsere Tage neben etlichen anderen Beispielen an diversen Truhen, Wandtäfelungen und Rahmenornamenten in den Gemächern von Lorenzo il Magnifico gesehen, dem Älteren aus dem Geschlecht der Medici, in denen von der Hand nicht etwa irgendwelcher gemeiner Maler, sondern von vortrefflichen Meistern alle Turniere, Kampfspiele, Jagden, Festivitäten und andere Schauspiele, die zu seiner Zeit stattgefunden haben, gemalt sind, und zwar mit Urteilskraft, Erfindungsgeist und wunderbarer Kunstfertigkeit.8 Werke dieser Art sieht man nicht nur im Palast und in der alten Residenz der Medici, sondern diverse Überbleibsel auch in allen nobleren Häusern von Florenz. Und es gibt einige, die an diesen alten Gepflogenheiten festhalten, die wirklich prachtvoll und überaus ehrwürdig sind, und die Werke von dieser Machart nicht haben entfernen lassen, um Raum für moderne Verzierungen und Gepflogenheiten zu schaffen.

      Als sehr erfahrener und guter Maler vornehmlich, wie gesagt, sehr anmutig ausgeführter, kleinformatiger Malereien tat Dello viele Jahre lang nichts anderes, als mit großem Gewinn und allen Ehren Truhen, Wandtäfelungen, Betten und andere Verzierungen obengenannter Art zu gestalten und zu bemalen, weshalb man sagen darf, daß dies sein vorrangiger und eigentlicher Beruf war. Weil aber nichts auf dieser Welt Bestand hat oder von langer Dauer ist, so gut und lobenswert es auch sein mag, verging nur wenig Zeit, bis die Künstler ihre Begabung verfeinerten und man von dieser ersten Ausführungsweise zu reicheren Verzierungen und solchen aus geschnitztem und vergoldetem Nußholz überging und ähnliche Ausstattungsgegenstände mit wunderschönen Szenen in Ölfarbe bemalte, welche die Prachtentfaltung der Bürger wie auch die Vortrefflichkeit der Maler vor Augen geführt haben und führen. Um aber auf Dellos Werke zu sprechen zu kommen, der sich als erster mit Sorgfalt und guter Praxis dieser Art von Werken zugewandt hatte: Er malte insbesondere für Giovanni de’ Medici9 die gesamte Ausstattung eines Gemachs, das als wirklich außergewöhnliches Werk und wunderschönes Beispiel dieser Gattung galt, wie es einige davon verbliebene Überreste zeigen. Und wie sie sagen, hat Donatello10 ihm noch als ganz junger Mann dabei geholfen, indem er eigenhändig mit Stuck, Gips, Leim und Ziegelmehl Szenen und Ornamente im Flachrelief ausführte, die, anschließend vergoldet, die gemalten Szenen begleiteten und einen wunderschönen Anblick boten. Dieses und viele andere vergleichbare Werke erwähnt [Cennino] Andrea Cennini ausführlich in seinem Werk, über das weiter oben genügend gesagt worden ist.11 Und weil es gut ist, ein Andenken an diese alten Werke zu bewahren, habe ich im Palast von Herzog Cosimo einige bestehen lassen, die von Dellos eigener Hand stammen, wo sie damals wie heute Beachtung verdienen, und sei es nur wegen der unterschiedlichen Gewänder von Männern und Frauen der damaligen Epoche, die darin zu sehen sind.12

      Dello führte außerdem im Kreuzgang von Santa Maria Novella an einer Ecke ein Fresko in terraverde aus, das die Szene von Isaak bei der Segnung Esaus zeigt.13 Kurz darauf wurde er nach Spanien in den Dienst des Königs geleitet, wo er zu solchem Ansehen aufstieg, daß man sich von keinem Künstler mehr hätte erhoffen können. Und obwohl man keine Einzelheiten über die Werke weiß, die er in jenem Land ausführte, darf man angesichts der Tatsache, daß er überaus wohlhabend und in großen Ehren von dort zurückkehrte, davon ausgehen, daß sie sehr schön und sehr gut gewesen sind.14 Einige Jahre später, nachdem man ihn für seine Mühen königlich entlohnt hatte, bekam Dello Lust, nach Florenz zurückzukehren, um den Freunden zu zeigen, wie er aus tiefster Armut zu großen Reichtümern aufgestiegen war. Als er ging, um die Erlaubnis jenes Königs einzuholen, wurde ihm diese nicht nur huldreich gewährt – obwohl jener ihn gerne bei sich behalten hätte, wenn Dello gewollt hätte –, vielmehr schlug ihn jener überaus großzügige König als weiteres Zeichen der Dankbarkeit auch noch zum Ritter.15 Als er sich im Anschluß an seine Rückkehr nach Florenz um die Fahnen und die Bestätigung seiner Privilegien bemühte, wurden sie ihm auf Betreiben von Filippo Spano degli Scolari verweigert, der zu jener Zeit als Großseneschall des Königs von Ungarn siegreich von den Türken zurückgekehrt war.16 Dello schrieb umgehend an den König in Spanien, um sich über dieses Unrecht zu beschweren, woraufhin der König mit so warmen Worten zu seinen Gunsten an die Signoria schrieb, daß ihm die gewünschte und ihm zustehende Ehrenbezeigung dann ohne weitere Umstände