Mir wurde gesagt, ich sei jetzt Projektmanagerin und für das Projekt »Ein besseres Image für Sternmulle« verantwortlich, weil ich mich doch fachlich so gut auskennen würde. Mein Chef strahlte bei der Verkündigung dieser Neuigkeiten und meinte, das wäre doch toll für mich. Jetzt soll ich Meetings organisieren und leiten und mit anderen Menschen reden, obwohl ich doch am liebsten alleine am Schreibtisch sitze und meine Aufgaben erledige. Das habe ich so nie gewollt!
Herzlichen Glückwunsch! Die gute Nachricht: Auch Sie sind jetzt Projektmanagerin, denn auch Sie haben ein Projekt. Die schlechte: Sie sind leider überhaupt nicht für diesen Job geeignet, denn als Projektmanagerin hilft es zwar ungemein, sich fachlich auszukennen, Sie werden aber über ein großes Maß an organisatorischer und kommunikativer Aufgaben nicht herumkommen. Sie haben jetzt vor allem zwei Möglichkeiten: Sie können zu Ihrem Chef gehen und ihn darum bitten, jemand anderen zum Projektmanager zu machen, weil Sie sich für diesen Job nicht geeignet fühlen. Sie können dann auch aufhören, dieses Buch zu lesen. Oder aber Sie stellen sich dieser Aufgabe und lesen weiter. Wir werden Ihnen später nämlich erklären, welche persönlichen Eigenschaften eine Projektmanagerin am besten haben sollte und – viel besser noch – wie man diese lernen kann.
Mir wurde gesagt, ich sei jetzt Projektmanager. Ich habe auch schon neue Visitenkarten bekommen, die sehr hübsch aussehen. Meine Chefin meinte, das sei doch für mich auch schön, wenn ich jetzt überall sagen kann, dass ich Projektmanager wäre. Ansonsten ist alles wie vorher. (Aber die Visitenkarten sind wirklich schön.)
Herzlichen Glückwunsch! Die gute Nachricht: Ihre Chefin wollte Ihnen bestimmt etwas Gutes tun, und Ihre Visitenkarten werden sicherlich auch Eindruck machen. Die schlechte: Sie sind leider kein Projektmanager, denn Sie haben kein Projekt. Dennoch ist nicht alles verloren: Möglicherweise eignet sich ja die Arbeit, die Sie machen, tatsächlich dazu, Projekte daraus zu machen. Dazu müssen Sie natürlich wissen, was Projektarbeit von anderer Arbeit unterscheidet, wie man ein Projekt definiert und wie man es dann tatsächlich in den einzelnen Phasen durchführt. Auch das werden wir in diesem Buch erklären. Weiterlesen!
Mir wurde gesagt, ich sei jetzt Projektmanagerin. Zehn andere Kollegen sind jetzt übrigens auch Projektmanager. Eigentlich sind jetzt alle in meiner Abteilung Projektmanager, und demnächst bekommen wir eine Schulung über Projektmanagement. Mehr wissen wir nicht, aber alle sind ganz aufgeregt und wuseln rum. (Die neuen Visitenkarten sind auch schön.)
Herzlichen Glückwunsch! Die gute Nachricht: Ihr Unternehmen hat schon mal etwas von Projektmanagement gehört und ist bereit, Geld und Zeit zu investieren, um Sie und Ihre Kollegen zu Projektmanagern zu machen. Die schlechte: Ob mehr dabei rauskommt als neue Visitenkarten, ist schwer zu sagen. Prinzipiell ist es ein gutes Zeichen, wenn Ihr Unternehmen in größerem Stil Projektmanagement einführen will. Auch die Tatsache, dass gleich mehrere Kollegen zu Projektmanagern ernannt wurden, ist hier nicht beunruhigend, denn wenn Sie in Zukunft mehr als ein Projekt im Unternehmen durchführen wollen, brauchen Sie auch mehr als einen Projektmanager. Beobachten Sie einfach genau, was in den nächsten Monaten passiert. Wenn nach der Schulung alles so weitergeht wie zuvor, sind Sie vermutlich kein Projektmanager, haben aber immerhin ein bisschen was über Projektmanagement lernen dürfen. Wird in Zukunft die bisherige Arbeit in Projekten organisiert und durchgeführt, sind Sie tatsächlich ein Projektmanager und können dann auch dieses Buch gut gebrauchen.
Wenn Sie sich in einem dieser Beispiele wiederfinden konnten, haben Sie nun hoffentlich nicht den Mut verloren. Mal abgesehen von dem Sonderfall, dass Sie herausgefunden haben, wirklich, wirklich kein Projektmanager sein zu wollen, ist die Lage nicht hoffnungslos.
Was ist eigentlich ein Projekt?
Die Geschichte des Projektmanagements ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Das größte Missverständnis ist möglicherweise, dass man einfach alles irgendwie Projekt nennen kann, so wie man ja auch fast alles irgendwie Kunst nennen kann. Während Kunst aber tatsächlich ein dehnbarer Begriff ist und die Frage »Ist das Kunst, oder kann das weg?« nicht immer eindeutig beantwortet werden kann, gibt es relativ klare Regeln, die definieren, ob etwas ein Projekt ist oder nicht. Man muss nur wenige typische Eigenschaften prüfen, um die Frage »Ist das ein Projekt oder einfach nur irgendwie Arbeit?« mit einem klaren »Ja!« oder »Nein!« beantworten zu können.
Um herauszufinden, ob Sie ein Projektmanager sind (oder sein könnten), schauen Sie sich also an, was Sie üblicherweise jeden Tag tun. Dann prüfen Sie, ob die wichtigsten Eigenschaften eines Projekts auf Ihre Arbeit zutreffen (oder zutreffen könnten) oder eben nicht.
Checkliste »Ist das ein Projekt oder einfach nur irgendwie Arbeit?«
Einmaligkeit: Machen wir das hier zum ersten und vermutlich einzigen Mal?
Zeitliche Begrenzung: Haben wir zu einem bestimmten Zeitpunkt damit angefangen, und gibt es einen definierten Endzeitpunkt in der Zukunft, zu dem wir fertig sein werden?
Ressourcen: Brauchen wir Leute und finanzielle Mittel dafür? Aber auch: Haben wir nur eine bestimmte Anzahl an Menschen und eine bestimmte Menge an Geld zur Verfügung?
Ziel: Wissen wir, was am Ende dabei rauskommen soll, und können wir das auch (im besten Fall für andere verständlich) definieren?
Komplexität: Ist das, was wir tun, nicht ganz so einfach? (Beispiel: Schnittchen für ein Meeting beim Caterer bestellen ist kein Projekt, einen Messeauftritt inklusive Schnittchen organisieren aber schon.)
Können Sie alle diese Fragen mit einem eindeutigen »Ja!« beantworten, haben Sie ein Projekt oder zumindest etwas, das ein Projekt sein könnte. Haben Sie mindestens eine Frage mit »Nein!« beantwortet, haben Sie aller Wahrscheinlichkeit nach kein Projekt. Besteht Ihre Antwort auf eine oder mehrere Fragen aus »Weiß nicht!«, müssen Sie sich Ihr potenzielles Projekt noch einmal genauer anschauen. Möglicherweise liegt hier auch der Hase im Pfeffer, und es fehlen nur wenige Schritte, um aus einer etwas konfusen Aufgabenstellung ein formschönes Projekt zu basteln.
Haben Sie zum Beispiel lediglich die Frage nach der zeitlichen Begrenzung mit »Nein!« oder »Weiß nicht!« beantwortet, dann prüfen Sie doch mal, warum Sie keine definierten Start- und Endpunkte haben. Ist es wirklich unmöglich zu sagen, wann Sie fertig sein werden, oder liegt das nur daran, dass sich bislang noch niemand die Mühe gemacht hat, sich darüber Gedanken zu machen? Wenn Letzteres der Fall ist, kann Ihnen dieses Buch helfen. Wir werden später noch erklären, wie man ein Projekt plant und dann sogar relativ verlässlich sagen kann, wann man mit allem fertig sein wird.
Haben Sie hingegen die Frage nach dem Ziel mit »Nein!« oder »Weiß nicht!« beantwortet, dann haben Sie ein ganz anderes Problem, denn Sie wissen ja gar nicht, warum Sie tun, was Sie da gerade tun. Vielleicht wissen Sie es sogar ungefähr und haben eine etwas schwammige Vorstellung davon, was am Ende dabei rauskommen soll, sind aber im ganzen Bürostress noch nicht dazu gekommen, sich das mal genauer zu überlegen. Nehmen Sie sich also die Zeit und überlegen Sie sorgfältig, was Sie da eigentlich tun, warum Sie es tun und wie das Ergebnis dann schlussendlich aussehen soll. Unabhängig davon, ob Sie es nachher wirklich mit einem waschechten Projekt zu tun haben werden, ist es nicht unwahrscheinlich, dass Ihre Arbeit befriedigender ist, wenn Sie das Ziel besser vor Augen haben.
Auf diese Weise können Sie sämtliche mit »Nein!« beantwortete Fragen daraufhin abklopfen, ob man sie vielleicht doch mit »Ja!« beantworten könnte, wenn man sich ein bisschen detaillierter mit dem, was man täglich tut, auseinandersetzt. Kommt dabei am Ende ein Projekt für Sie heraus, umso besser, in jedem Fall wissen Sie aber nachher etwas mehr über Ihre tägliche Arbeit.
Zusammenfassend, kann man ein Projekt also wie folgt definieren: