Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: Feuerjäger
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691506
Скачать книгу
haben?«

      »War Pintel nicht bei dir?«, fragte der Zwerg. »Er hätte dich informieren sollen.«

      »Er war da. Er sagte etwas über eine Befreiungsaktion.«

      »Dies ist die Befreiungsaktion.«

      »Was? Ich dachte, ihr kommt nachts, und heimlich!«

      »Viel zu anstrengend.« Der Zwerg grinste. »Das hier war wesentlich einfacher. Ich musste nur ein paar Leute bestechen und ein paar andere erpressen, und schon war alles geregelt. Es ist doch immer von Vorteil, wenn man seine Informationen hat, über das, was die Leute so nach Feierabend treiben.«

      »Ähm ... aha ...?«

      »Mein Name ist übrigens Lomir Feuerbeil. Ich freue mich, dich kennenzulernen.«

      »Krona Karagin.« Krona ergriff automatisch die ihr dargebotene Hand.

      »Ich weiß«, sagte der Zwerg. »Ich habe schon eine Menge von dir gehört.«

      »Dann hast du einen Vorsprung.«

      »Macht nichts. Sobald wir ungestört reden können, erzähle ich dir alles, was du wissen willst.«

      Einige Zeit später erschien der Wachmann, ein schweres Bündel unter den Arm geklemmt, aus dem vorne der Griff eines Schwertes ragte.

      »Besten Dank«, sagte Krona und nahm es dem Wachmann ab. Ihr Schwert fühlte sich kühl und sauber an und es schmiegte sich an ihre Hüften wie ein zurückgewonnener Körperteil, als sie es gürtete.

      »Augenblick noch«, hielt sie den Wachmann auf, der sich ohne Gruß zum Gehen wandte. »Erst will ich sehen, ob alles vollständig ist.«

      »Ich habe noch anderes zu tun, als hier im Regen herumzustehen«, knurrte der Wachmann.

      »Das ist mir egal. Du wirst warten, bis ich hier fertig bin.«

      »Vergiss es. Von etwas wie dir nehme ich doch keine Befehle entgegen!«

      »Ich habe mein Schwert zurück«, erinnerte Krona ihn. »Schon vergessen? Du könntest tot sein, ehe dein hässlicher Kopf in dieser Pfütze aufschlägt.«

      »Wir gehen jetzt!« Lomir zog energisch an Kronas Arm. »Ich glaube nicht, dass meine Informationen gut genug sind, um dich ein zweites Mal aus einer Zelle zu holen.«

      »Es wäre kein Verlust für die Menschheit«, fauchte Krona, deren rechte Hand fest um den Schwertgriff lag.

      »Das kann sein«, sagte Lomir. »Trotzdem werden wir etwas anderes suchen, woran du deine Wut auslassen kannst.«

      Widerstrebend schulterte Krona ihren Rucksack und folgte dem Zwerg, der sie durch das Vordergebäude auf die Straße brachte und zielsicher in das Gewirr schmaler Seitengassen im Stadtkern eintauchte.

      »Lomir«, sagte sie nach einer Weile. »Ich will nicht vermessen sein, und ich bin wirklich dankbar, dass du mich da rausgeholt hast, aber es gibt noch eine andere Sache. Dieser Kerl, Elwig Küfner, der offenbar mit meinem Fall betraut war, hat mir angekündigt, er würde meine unehrenhafte Entlassung veranlassen.«

      »Entlassung woraus?«, fragte Lomir und machte einen Schritt zur Seite, um einem Karren auszuweichen.

      »Militär«, sagte Krona, als das Rumpeln des Karrens verklang. »Königliche Garde, um genau zu sein. Ich habe als Hauptmann gedient, bei einem Einsatz im Ausland zuletzt. Vorher war ich viele Jahre drüben auf Lichtenau stationiert.«

      »Und?«, fragte Lomir.

      »Kannst du ihn nicht dazu bringen, dass er den Brief nicht schreibt?«

      »Warum ist das denn wichtig?«

      »Weil ich dem Militär fast dreißig Jahre meines Lebens geopfert habe, und das ist doch ein bisschen zu lang, als dass ich mich einfach so rausschmeißen ließe, für etwas, das ich nicht mal getan habe!«

      »Du warst aber ohnehin im Ruhestand?«

      »Ruhestand«, fauchte Krona. »Du spinnst wohl! In den Ruhestand geht man, wenn man alt ist. Ich habe mich auf unbestimmte Zeit beurlauben lassen. Das ist etwas anderes.«

      »Läuft aber auf das Gleiche hinaus.« Lomir zeigte mit dem Finger. »Hier, links in die Gasse. Wir sind gleich da.«

      »Und?«, fragte Krona.

      »Lieber nicht«, sagte Lomir. »Die Befreiung allein hat meine Möglichkeiten bis zum Äußersten ausgereizt. Üblicherweise beschleunige ich Bauvorhaben oder drücke Grundstückspreise. Natürlich immer nur als letzten Ausweg, damit dir kein falscher Eindruck entsteht. Jemanden frei zu bekommen, den sie für einen Verbrecher halten, ist normalerweise nicht meine Kragenweite.«

      »Und?!«

      »Was ich damit sagen will, ist Folgendes: Freuen wir uns, dass du am Leben und frei bist. Lassen wir es dabei bewenden. Der Staub, den Lomir Feuerbeils Erscheinen in dieser Stadt aufgewirbelt hat, sollte sich erst gesenkt haben, bevor ich etwas Neues versuche.«

      »Aber sie schmeißen mich raus! Sie ziehen meinen Namen in den Dreck! Ich kann nie mehr in den aktiven Dienst zurück!«

      »Hattest du das denn vor?«

      »Nicht unbedingt, aber …«

      »Dann verstehe ich deine Aufregung nicht«, sagte Lomir schulterzuckend.

      »Weißt du, wie viel Blut ich vergossen habe für dieses Königreich?«, sagte Krona aufgebracht.

      Eine Bürgerin mit einem Korb am Arm, die ihren Weg kreuzte, starrte sie erschreckt an und schlug einen Bogen.

      »Und nicht nur das anderer Leute! Ich meine mein eigenes! Weißt du, in wie vielen blöden Kriegen ich war? Wie viele Aufstände irgendwelcher Adliger ich niedergeworfen habe? Wie viel Dreck ich geschluckt habe? Und jetzt soll ich mich als Verbrecherin rausschmeißen lassen?«

      »Und dich freuen, dass du am Leben bist«, sagte Lomir ungerührt.

      »Das ist doch nicht zu fassen«, schnaubte Krona.

      Sie folgte ihm, immer noch beherrscht von dem Verlangen, jemanden niederzuschlagen, das erst verrauchte, als Pintel ihr aus dem Eingang eines kleinen Gasthofes entgegen kam und begeistert seine Arme um ihre Mitte schlang.

      »Ist gut«, sagte sie und drückte seine Schultern. »Ich bin auch froh, raus zu sein. Ja, mir geht es gut. Zumindest besser, seit ich wieder Luft zum Atmen habe. Ja, ich weiß. Ich weiß. Ja, ist gut. Finde ich auch. Pintel! Lass mich doch bitte erst mal zu mir kommen!«

      »Wir haben hier einige Zimmer gemietet«, sagte Lomir mit erhobener Stimme, um Pintels aufgeregtes Geplapper zu übertönen, und geleitete Krona in den dunklen Vorraum des Gasthofes. Ein würziges Gemisch aus verschiedenen Essensdüften lag in der Luft. »Du wirst dich ausruhen wollen.«

      »Ja«, sagte Krona. »Einen halben Ochsen verschlingen, zehn Stunden in einem anständigen Bett schlafen und ein richtig heißes Bad nehmen. Ich weiß nur noch nicht, womit ich anfange.«

      »Tu uns allen einen Gefallen und fang mit dem Bad an«, sagte Fenrir lächelnd und kam die Treppe hinunter.

      »Eine Schlägerei mit jemandem vom Zaun brechen, der eigentlich gar nichts dafürkann«, sagte Krona. »Das steht als Nächstes auf meiner Liste. Hast du dich gerade freiwillig gemeldet?«

      »Nicht dass ich wüsste«, sagte Fenrir und verabreichte Krona eine kurze, betont freundschaftliche Umarmung.

      »Aber ich stehe dir zur Verfügung, wenn es sich nicht vermeiden lässt.«

      »Keine Schlägereien, solange wir uns innerhalb dieser Stadtmauern aufhalten«, befahl Lomir und schob den Rest der Gruppe vor sich die Treppe hinauf. »Wir haben Wichtigeres zu tun, als ständig Leute aus dem Gefängnis zu befreien.«

      Sie brachten Krona in ein helles, freundliches, einfach eingerichtetes Zimmer. Lomir und Pintel gingen, um sich um ein Mittagessen zu kümmern, während Krona den Inhalt ihres Rucksackes durchsah.

      »Hab