Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Pavlovic
Издательство: Bookwire
Серия: Feuerjäger
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958691506
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Suppe zu rosten beginnen.

      Gerade wollte er sich wieder in Bewegung setzen, als die Stimmen erneut erklangen.

      Er konnte nicht verstehen, was sie sagten, aber er konnte sie hören, links von ihm diesmal, undeutliches Gemurmel, gedämpft und verwischt wie die Erinnerung an einen Traum.

      Er verharrte reglos, versuchte zu erkennen, ob die Stimmen sich seiner Position näherten oder sich von ihm entfernten, doch sie schienen an- und abzuschwellen wie Wind.

      Und plötzlich strich jemand ganz dicht hinter ihm vorbei, er spürte Atem auf seinem Haar, eine kaum merkliche Berührung durch den rauen Stoff seines Mantels und eine flüchtige Bewegung gerade an der Grenze seines Sichtfeldes. Er schoss erneut herum und führte einen weiten Axtstreich gegen die Luft. Die unsichtbaren Sprecher verstummten. Er blickte wild um sich.

      »Wo seid ihr?«, sagte er laut.

      Seine Stimme klang dumpf, die Worte wurden erstickt, sobald sie seinen Mund verlassen hatten.

      »Was soll das? Was wollt ihr?«

      Er bekam keine Antwort und hatte auch keine erwartet.

      Er überlegte, was er tun sollte. Weiterhin versuchen, den Unterstand zu finden? An Ort und Stelle ausharren, bis dieses, was immer es war, vorüberging?

      So wie die Dinge sich gestalteten, war es unwahrscheinlich, dass er sein Ziel erreichte. Er könnte sich dem Fels um Armeslänge nähern und es nicht einmal bemerken. Aber ohne Schutz im Rücken wollte er nicht bleiben. Ein Fels war so gut wie der andere. Beim nächsten, der auf seinem Weg lag, würde er sich verschanzen.

      Er bewegte sich vorsichtig. Er konnte nicht weiter sehen als zwei oder drei Mannslängen. Der Nebel schluckte den Klang seiner Schritte, beschwor unwirkliche Schemen zwischen den säulenartigen Baumstämmen und verhüllte sie wieder. Die Stimmen waren verstummt. Der Wald lag still.

      Beinahe. Da waren das Knacken von Gehölz, das Knirschen von Lederzeug und ein tiefes Schnauben.

      Thork sprang in Kampfposition, blickte um sich und versuchte vergeblich, durch den Nebel etwas zu erkennen, der mittlerweile träge wie Milchbrei über den Boden floss. Was er hörte, klang nach einem großen Wesen, einem Tier vielleicht ...

      ... oder einem Troll?

      Lauernd drehte er sich um sich selbst, jeder Muskel in seinem Körper war zum Bersten angespannt, bereit, mit unmittelbarer Wucht einen Angriff zu führen.

      Plötzlich waren die Geräusche direkt hinter ihm. Er schoss herum, darauf gefasst, dass seine Sinne ihn erneut zum Narren hielten, doch diesmal befand sich da wirklich etwas: ein rabenschwarzes Untier, das ihn um mindestens seine eigene Körperhöhe überragte, sein Atem ließ den Nebel wirbeln und strudeln, und es hielt direkt auf ihn zu.

      Der kampferprobte und abgebrühte Zwerg erschrak zu Tode. Mit einem wilden Schrei riss er die Axt hoch und führte einen Schlag gegen das Höllenwesen. Das Untier warf sich mit erstaunlichem Geschick zur Seite, und der Schlag ging ins Leere. Gleichzeitig erklang eine Stimme, die er kannte.

      »Hör auf, dämlicher Zwerg!«

      Keuchend hielt Thork inne und wich einige Schritte zurück.

      Auf dem Rücken des Monsters, das er nun auf den zweiten Blick auch wiedererkannte, saß die Kriegerin. Sie hatte ihr Schwert gezogen, die Klinge wies drohend in seine Richtung.

      »Du kannst froh sein, dass du ihn verfehlt hast«, sagte sie. »Sonst wärst du jetzt schon ein toter Mann.«

      »Prahle nicht«, sagte er, Schreck und Wut noch hörbar in der Stimme. »Sag mir lieber, was du mit all dem bezweckst.«

      »Was ich womit bezwecke?«

      »Stell dich nicht dümmer als du bist! Mit diesem eigenartigen Nebel natürlich! Ich nehme an, dein Plan war es, mich in die Irre zu leiten, damit du allein den Troll jagen kannst, war es nicht so? Nun, ich sage dir, dass es nicht funktioniert hat! Mit solchem Hokuspokus kannst du mich nicht beeindrucken.«

      »Ich höre wohl nicht richtig«, erwiderte sie nicht weniger heftig. »Du machst mich verantwortlich für das hier? Wer von uns beiden ist eigentlich der Zauberer?«

      »Ich bin kein Zauberer«, erklärte er grimmig. »Wir hatten das schon. Ich bin nichts weniger als ein Zauberer.«

      »Ach ja«, höhnte sie. »Dann ist der Schrat gestern Abend wahrscheinlich einfach so aus Schreck tot umgefallen.«

      »Tatsache ist, ich habe den Nebel nicht verursacht. Und über meine Kräfte muss ich dir keine Rechenschaft ablegen.«

      »Ich war es ebenso wenig. Verdammt noch mal, ich habe keine Ahnung, wo ich überhaupt bin.«

      Er sah zu ihr hinauf, fragte sich, was sie zu diesem Eingeständnis veranlasst hatte.

      Ihr Gesicht schimmerte weiß im trüben Licht. Einzelne feuchte Strähnen ihres dunklen Haares klebten an ihrer Stirn, und sie wischte sie mit dem Handrücken fort.

      »Wer war es dann?«, stellte er die naheliegende Frage.

      Sie hob die Schultern und stützte die Schwertfaust auf dem Oberschenkel ab. Er ließ die Axt sinken.

      »Woher soll ich das wissen?« Ihre Stimme klang eher ratlos als wütend. »Ich habe den ganzen Tag niemanden getroffen. Ein paar Schratspuren, sonst nichts. Aber vorhin habe ich Stimmen gehört.«

      »Ich auch. Ich konnte aber nicht verstehen, was sie sprachen.«

      »Genau.«

      »Vielleicht waren sie Bestandteil des Zaubers?«

      »Wie auch immer. Was wollen wir jetzt tun?«

      »Wer hat gesagt, dass wir etwas tun werden«, knurrte er unfreundlich. »Ich werde versuchen, einen sicheren Ort zu finden, an dem ich das Ende dieses Spuks abwarten kann.«

      »Gute Idee«, stimmte sie zu. »Ein Stück bergauf sind Felsen. Stell dich nicht so an«, schnitt sie ihm eine Erwiderung ab. »Wir haben gemeinsam gegen diese Schrate gekämpft, also können wir es auch gemeinsam mit einem Zauberer aufnehmen. Was nicht heißen soll, dass ich dich leiden kann. Aber offenbar bist du wie eine dieser Wintergrippen: Man wird dich nicht richtig los. Und wenn du schon da bist, kannst du dich auch nützlich machen.«

      Thork schnappte nach Luft. »Du bist ein unverschämtes Weibsbild«, sagte er, als er wieder konnte. »Allein für diese letzte Bemerkung sollte ich dir den Hintern versohlen, dass du drei Wochen nicht mehr reiten kannst.«

      »Versuch es, und ich mache dich kürzer, als du sowieso schon bist.«

      Ein Patt trat ein. Zwerg und Kriegerin standen schweigend und starrten sich an.

      Schließlich seufzte Thork.

      »Zeig mir diese Felsen«, sagte er. »Ich kann genauso meinen Nutzen aus dir ziehen wie umgekehrt.«

      Sie wendete ihr Pferd, und er wich zurück, als das Hinterteil des Tieres in seine Richtung ausschwenkte. In gebührendem Abstand, so dass er sie gerade noch durch den Nebel erkennen konnte, folgte er Pferd und Reiterin bergauf.

      Es würde schwierig werden, mit dieser schwer erträglichen Menschlichen eine Einigung bezüglich des Trolls zu erzielen.

      Sie fanden die Felsen, die Thork fremd vorkamen, als hätte er sie nie zuvor gesehen, und bezogen Stellung, den Blick wachsam in den Nebel hinaus gerichtet, Schwert und Axt kampfbereit. Die Zeit verging zäh und eintönig. Feuchtigkeit kroch ihnen durch die Kleidung und ließ sie frösteln. Es war still. Die eigenartigen Stimmen waren verstummt.

      Nach einiger Zeit ließ ihre kampfbereite Anspannung nach. Lianna senkte ihr Schwert, und Thork pflanzte die Axt vor sich auf den Waldboden und verschränkte die Hände auf dem Stiel. Der Schwarze stand nahebei, sein unruhiges Ohrenspiel verriet seine Nervosität.

      Nichts geschah.

      Eine halbe Stunde oder länger mochte vergangen sein, bevor einer von ihnen das Wort ergriff.

      »Es