EQUALIZER. Michael Sloan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Sloan
Издательство: Bookwire
Серия: Equalizer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958354616
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schon bevor es in Mode kam, fünf Tage die Woche im Fitnessstudio ihr Workout durchgezogen hatte. Ihr Körper war rank und schlank, die Wölbung ihrer Brüste zog in der blassgrünen Seidenbluse die Blicke auf sich. Die langen gebräunten Beine waren unter dem kurzen, dunkelgrünen Rock zu sehen. Graue Schuhe mit niedrigen Absätzen. In New York war man stets meilenweit unterwegs, selbst wenn man kein bestimmtes Ziel hatte. Sie hatte kurze blonde Haare. Noch ohne Grau. Sie war von Angesicht zu Angesicht so wunderschön, wie sie es in seiner Vorstellung war. Ihre Augen waren braun und der Blick unbekümmert. Grüne Einsprengsel, die eiskalt werden konnten, wenn sie einen verhörte. Sie war zehn Jahre stellvertretende Bezirksstaatsanwältin in New York City gewesen. Ihr brauchte niemand dumm kommen. Sie war nahezu penetrant direkt und hatte sich eine Menge Feinde gemacht.

      Außerdem war sie verdammt sexy.

      Früher hatte sie viel geraucht. McCall fragte sich, ob sie es immer noch tat, aber in der Lounge des 21 Club durfte man natürlich nicht rauchen, genauso wenig wie in jedem anderen New Yorker Restaurant. Wenn es nach Bürgermeister Bloomberg ginge, dann hätte man sogar eine Strafe zahlen müssen, wenn man auf der 5th Avenue eine ansteckte. Aber sie war nervös und er konnte sehen, dass sie dringend eine Zigarette brauchte.

      »Was hast du denn so spät bei Scotts Schule gemacht?«, fragte er sie.

      »Ich musste ein Mathebuch abholen, das er vergessen hatte, mit nach Hause zu nehmen. An die Aufgaben kommt er nicht übers Internet ran. Er hat morgen einen Test. Sie haben es für ihn im Büro des Schulleiters hinterlegt.«

      »Wie läuft’s denn so bei der Staatsanwaltschaft?«

      »Kriminelle, Vergewaltiger, Mörder, die üblichen Verdächtigen eben.«

      »Arbeitest du immer noch für Jack McCoy?«

      Sie lächelte. »Manchmal erinnert mich der Bezirksstaatsanwalt tatsächlich an ihn, abgesehen davon, dass er pechschwarze Haare hat und weniger Sinn für Humor.«

      »Kann man sich kaum vorstellen.«

      »Er ist tough, aber sehr fair. Er konnte dich nie leiden.«

      »Ich hab ihn nur einmal getroffen.«

      »War der erste Eindruck. Er sagte, du wirkst wie eine Stange Nitroglyzerin. Farblos, aber jederzeit bereit, zu explodieren.«

      »Aber du hast ihm nie gesagt, für wen ich gearbeitet habe.«

      »Natürlich nicht. Wie lange bist du schon wieder in New York?«

      »Neun Monate.«

      »Und die ganze Zeit hast du Scott gestalkt?«

      »Ich habe ihn ein paarmal beobachtet. Vom Starbucks auf der anderen Straßenseite gegenüber der Schule. Er hat mich nie gesehen und ich hab mich ihm nie genähert. Ich habe dir versprochen, dass ich mich von ihm fernhalte, und das hab ich getan.«

      »Das war ein einfaches Versprechen für dich. Du warst ja nie daheim. Wieso bist du jetzt hier? Schleichen Terroristen durch unsere Hintergärten?«

      »Ich suche jedenfalls nicht danach. Ich hab bei der Company gekündigt.«

      Überraschung blitzte kurz in ihren Augen auf. »Ich wusste nicht, dass die euch das überhaupt gestatten. Wieso hat Kontrolle dich gehen lassen?«

      »Ich hab ihm keine Wahl gelassen.«

      »Aber er weiß, wo du bist.«

      »Noch vor 48 Stunden hätte ich Nein gesagt.«

      »Jetzt bist du nicht mehr sicher?«

      »Ich hab einen Fehler gemacht. Ich hab mich in eine Situation eingemischt, aus der ich mich hätte raushalten sollen. Das könnte mich noch in den Arsch kneifen.«

      Sie nippte an ihrem Wodka-Gimlet. »Also vor neun Monaten bist du einfach vom Radar verschwunden? Das ist nicht leicht.«

      »Nicht wirklich. Nimm einfach einen Geheimagenten und setze ihn irgendwo ab, wo ihn niemand kennt und niemand seine Fertigkeiten braucht, und er wird anonym.«

      »Also, was hast du jetzt mit deinem Leben vor?«

      McCall hatte darauf keine Antwort. Er sagte nichts.

      »Bringt es dich in Gefahr, mit deiner Ex-Frau hier im 21 Club herumzusitzen?«

      »Um mich mach ich mir keine Sorgen.«

      »Nein. Die Menschen um dich herum sterben nur gerne mal weg.«

      Die Worte wurden in einem sachlichen Tonfall gesprochen, aber sie taten weh.

      McCall sagte nichts.

      Sie klang weiter ungezwungen. »Wird die Company Befehl geben, dass du umgelegt wirst?«

      »Kontrolle hätte da auch noch ein Wörtchen mitzureden.«

      »Und er ist dein Freund. Vermutlich der einzige, den du je gehabt hast. Vertraust du ihm?«

      »Nein.«

      »Aber du glaubst, er wird dir den Rücken decken.«

      »Ich glaube, mich umlegen zu lassen, wäre nicht unbedingt seine bevorzugte Taktik. Er könnte was anderes vorhaben.«

      »Dann müsste er vor ein Komitee treten.«

      »Ja. Die fänden vielleicht Gefallen an der Idee, mich erledigen zu lassen.«

      »Du warst nie besonders gut, was Komitees angeht«, sagte sie trocken. »Die hatten dich satt. Du warst nicht vorhersehbar.«

      »So bin ich am Leben geblieben.«

      »Aber du warst nie ein wirklicher Mann der Company. Du hattest manchmal deine eigene Agenda. Ich hab lange genug mit dir gelebt, um das zu wissen. Du hast ihnen vermutlich Angst gemacht. Aber solange du für die Regierung nützlich warst und für dein Land, haben sie dich toleriert. Jetzt hast du dich ihnen widersetzt.«

      »Ich bin einfach gegangen«, sagte McCall. »Was ich jetzt mache und wie ich mein Leben lebe, geht die nichts an.«

      »Aber mich geht es was an, wenn du im strömenden Regen auf dem Schulhof meines Sohnes stehst. Weißt du, dass ich wieder verheiratet bin?«

      »Ja.«

      »Er ist Strafverteidiger. Tom Blake. Aber ich bin sicher, das weißt du auch schon.«

      »Nur den Namen. Den Mann kenne ich nicht.«

      »Er ist charmant und mitfühlend und er lacht gerne. Ich habe mit dir nie so viel gelacht. Ich hab mich warm und glücklich gefühlt. Manchmal. Aber da war immer … Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Ein Schatten über uns. Die Company, nehme ich an. Die hat jede Nacht noch finsterer gemacht und jede Geburtstagsparty am Karussell im Central Park mit Scott, und selbst wenn wir gefickt haben. Sorry. Es war, als wärst du eine Sprungfeder unter Spannung, wenn du einen Raum betreten hast oder wenn wir auf der Veranda unseres Strandhauses in Maine saßen und Weißwein getrunken und aufs Meer geschaut haben. Ich bin mir sicher, deine Kollegen waren alle entspannt, haben Golf gespielt, sind zum Barbecue gegangen und haben ihr gefährliches Leben als Routine gesehen. Aber du nicht.«

      »Tom bringt seine Arbeit nicht mit nach Hause?«

      »Natürlich tut er das. Aber es drängt sich nicht in den Vordergrund. Er war ein echter Vater für Scott in den letzten acht Jahren und ich will nicht, dass diese Beziehung in Gefahr gerät.«

      »Ich werde sie nicht in Gefahr bringen.«

      Sie nickte langsam. Plötzlich hatte sie Tränen in den Augen, aber sie streckten nur kurz den Kopf heraus, wie Fremde an einem Ort, an dem sie nicht sein sollten.

      »Deswegen bist du gegangen«, sagte sie. »Um uns zu schützen. Aber das hätte unsere Entscheidung sein sollen. Nicht deine.«

      »Ich hab eine Entscheidung getroffen.«

      »Und nun fragst du dich, ob es die falsche war? Jetzt, wo du wieder ein freier Mann bist?«

      McCall