Dr. Daniel Staffel 10 – Arztroman. Marie Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740955656
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Daniel dachte an die engagierte Tänzerin Sonja Berndt, deren Baby sein bester Freund Dr. Georg Sommer einst adoptiert hatte, dann schüttelte er den Kopf.

      »Nein, so ist sie auf gar keinen Fall«, bekräftigte er.»Mona hätte ihr ganzes Leben umgekrempelt, um Kind und Beruf irgendwie zu vereinbaren, doch bei Drillingen ist das unmöglich. Schon als alleinerziehende Mutter ohne Beruf hätte sie es mit drei Babys vermutlich sehr schwer.« Er fuhr sich mit einer Hand durch das dichte blonde Haar – für Manon ein deutliches Zeichen, wie sehr ihn dieser Fall mitnahm. »So allein, wie sie jetzt dasteht, hat sie wohl gar keine andere Möglichkeit, als die Kinder zur Adoption freizugeben. Sicher wird sie Ersparnisse haben, aber die wären mit drei Säuglingen rasch aufgebraucht. Sie hat keine Eltern mehr, die sie notfalls unterstützen könnten, und keine Geschwister, die ihr ein bißchen helfen würden. Sie hat nur ihren Beruf, den sie ausüben müßte, um sich und die Kinder über Wasser zu halten. Eben das wäre ihr mit Drillingen nicht möglich.«

      Manon blickte auf. Es war für sie nicht schwierig, Dr. Daniels Gedankengänge nachzuvollziehen.

      »Robert, ich weiß genau, was in deinem Kopf vorgeht, aber das ist unmöglich«, meinte sie. »Wir können keine Drillinge in Pflege nehmen.«

      Dr. Daniel seufzte wiederum. »Das weiß ich ja auch. Ich hasse es nur einfach, so hilflos zu sein.«

      Liebevoll streichelte Manon sein Gesicht. »Die junge Frau steht erst am Anfang ihrer Schwangerschaft. Vielleicht ergibt sich im Laufe der nächsten Monate noch etwas, was ihre ganze Situation zum Guten wenden könnte.«

      Dr. Daniel nickte zwar, doch wirklich daran glauben konnte er nicht, weil er im Moment keine Ahnung hatte, wie dieses Etwas überhaupt aussehen sollte.

      *

      Die Party war in vollem Gange. Über dreißig Gäste aller Altersgruppen tummelten sich in der winzigen Zwei-Zimmer-Wohnung, die bereits als allen Nähten zu platzen schien. Es wurde gelacht, getrunken und vor allen Dingen gegessen, denn der Hausherr, Bernd Köster, war ein begnadeter Koch – auch wenn er von Beruf Sportlehrer war.

      Im Moment hätte er sich am liebsten in einer ruhigen Ecke verkrochen und selbst bemitleidet. Bernd wurde heute dreißig, aber das war für ihn kein Grund zum Feiern. Der einzige Grund, weshalb diese Party heute dennoch stattfand, war, daß er seine Verwandten und Freunde nicht hatte enttäuschen wollen. Außerdem war er eigentlich kein Trauerkloß – ganz im Gegenteil. Er war ein fröhlicher junger Mann, aber er haßte Geburtstage – insbesondere seine eigenen. Dabei wurde ihm nämlich jedesmal ganz deutlich klar, daß er wieder ein Jahr älter war und sich in seinem Leben nichts geändert hatte. Er war immer noch allein… einsam… so schrecklich einsam.

      »Onkel Bernd, dein Essen ist ’ne Wucht!« rief sein zehnjähriger Neffe Klaus. »Da könnte sich Mama ’ne Scheibe von abschneiden.«

      Bernd lächelte. Er kannte seine ältere Schwester, Klaus’ Mutter, gut genug, um zu wissen, daß man vor dem ersten Genuß ihres Essens besser eine Lebensversicherung abschließen sollte. Meistens übernahm ja sein Schwager das Kochen und ließ seine Frau nur in Notfällen in die Küche.

      »Ach, Bernd, es ist wirklich jammerschade, daß ein Mann wie du noch immer allein lebt«, schlug nun Senta Rössler in eine ähnliche Kerbe. Bernd war eine Weile mit ihrer Tochter Sandra liiert gewesen – so lange, bis sein Bruder sie ihm ausgespannt hatte. Vor einem Jahr hatten die beiden geheiratet und nun war das erste Baby unterwegs. »Dich hätte Sandra nehmen sollen.«

      Bernd zwang sich zu einem komischen Grinsen. »Ich weiß schon, ich bin der Traum jeder Schwiegermutter. Leider klappt es mit den dazugehörigen Töchtern nicht so gut.«

      Senta seufzte abgrundtief. »Ich kann Sandra einfach nicht verstehen. Mit dir wäre sie doch viel besser dran gewesen…«

      »Bitte, Senta, nicht diese Tour«, fiel Bernd ihr nun ernster werdend ins Wort. »Auf meinen Bruder lasse ich nichts kommen. Markus und Sandra lieben sich. Das ist doch das Wichtigste.« Wie sehr es ihn damals geschmerzt hatte, Sandra zu verlieren, verschwieg er wohlweislich. Auch über den anschließenden massiven Streit mit seinem älteren Bruder verlor er kein Wort. Das ging Senta nichts an. Außerdem hatte er sich inzwischen mit Markus ausgesöhnt – auch wenn es Bernd noch immer schmerzte, das Glück zwischen Sandra und seinem Bruder zu sehen.

      Bernds Blick ging durch den Raum, wo seine Verwandten und Freunde dicht gedrängt zusammenstanden. Dabei fühlte er sich wie ein Außenseiter. Abgesehen von den Kindern, war er wirklich der einzige, der solo war. Er gehörte einfach nicht dazu.

      »Hey, kleiner Bruder, was ist denn los?«

      Wie aus dem Boden gewachsen, stand Markus plötzlich vor ihm, dann legte er einen Arm um Bernds Schultern.

      »Ich glaube, es wird langsam Zeit, die ganze Bande nach Hause zu schicken«, meinte er, doch Bernd schüttelte den Kopf.

      »Nichts, Markus«, bat er leise. »Alle fühlen sich wohl, sie amüsieren sich…«

      »Und du leidest«, vollendete Markus seinen angefangenen Satz, dann seufzte er. »Du solltest das nicht so tragisch nehmen, Bernd. Schau mal, ich war auch schon einunddreißig, als ich Sandra kennenlernte.«

      »Als du sie mir ausgespannt hast«, berichtigte Bernd mit unüberhörbarer Bitterkeit.

      »Hör auf damit!« wies Markus ihn streng zurecht. »Das Thema ist längst vom Tisch. Ich denke, wir haben uns deswegen lange genug gestritten.«

      Bernd ließ den Kopf sinken. »Tut mir leid, Markus. Es ist ja nur… ich fühle mich manchmal so verdammt einsam.«

      »Du tust auch nichts dagegen«, hielt sein Bruder ihm vor. »Meine Güte, du bist doch noch jung…«

      »Ich bin dreißig«, korrigierte Bernd mit Grabesstimme.

      »Ach ja, tut mir leid, ich habe vergessen, daß man mit dreißig längst ein Tattergreis ist«, entgegnete Markus in beißendem Sarkasmus, dann nahm er seinen Bruder bei den Schultern und schüttelte ihn ein wenig. »Wach auf, Junge, du bist noch nicht alt.« Er wies in eine unbestimmte Richtung. »Irgendwo da draußen wartet deine Traumfrau. Du mußt sie nur suchen, aber das kannst du nicht, wenn die Schule und die Küche dein ganzer Lebensinhalt sind.«

      Hilflos zuckte der junge Mann die Schultern. »Wenn ich allein ausgehe… ach, ich komme mir dann immer so blöd vor.«

      »Du mußt ja nicht unbedingt in Bars herumhängen«, wandte Markus ein. »Geh joggen oder schwimmen. Leg dir meinetwegen einen Hund zu, wenn du nicht allein herumlaufen willst. Aber bitte, Bernd, tu etwas, bevor du hier völlig versauerst.«

      Bernd nickte mechanisch. Er wußte genau, daß er die Ratschläge seines Bruders nicht befolgen würde. Er hatte keine Lust zum Joggen, und zum Schwimmen ging er nur im Sommer an den nahegelegenen See, weil er auf das Chlorwasser in Hallenbädern allergisch reagierte. Einen Hund… ja, den hätte er ganz gern, aber was könnte er einem Tier schon bieten? Eine Zwei-Zimmer-Wohnung ohne Garten, dazu einen Lehrer als Herrchen, der vormittags in der Schule war und nachmittags Hefte korrigierte. Der arme Hund hätte im wahrsten Sinne ein Hundeleben.

      »Er nickt, sagt vielleicht ›ja, Markus‹, und dann bleibt trotzdem alles beim alten«, seufzte Markus, als er eine halbe Stunde später mit seiner Frau auf dem Heimweg war. »Ich verstehe es einfach nicht. Bernd ist so ein lieber Kerl. Warum nur findet er keine Frau?«

      »Das fragst du ausgerechnet mich?« gab Sandra brüskiert zurück. »Immerhin habe ich deinetwegen mit ihm Schluß gemacht.« Sie schwieg kurz. »Im übrigen ist Bernd manchmal wirklich nur schwer zu verkraften. Er ist so… perfekt.«

      Markus warf seiner Frau einen Seitenblick zu. »Ist das vielleicht ein Fehler?«

      »Nein, nicht direkt«, entgegnete Sandra gedehnt. »Weißt du, ich glaube, ich hätte ihn auch dann nicht geheiratet, wenn ich dich nicht kennengelernt hätte. Bernd ist so ordentlich, daß ich jedesmal ein schlechtes Gewissen hatte, wenn ich nur einen benutzten Teller auf dem Tisch hatte stehenlassen. Er kocht so gut, daß sich jede Frau wie eine Stümperin fühlen muß. Er ist