Dr. Daniel Staffel 10 – Arztroman. Marie Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740955656
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Milz, die zu den erheblichen Blutungen geführt hatte, zu entfernen.

      »Schon gut, Gerrit«, meinte sie, die ihm gleich hilfreich assistierte. »Wir wollen ja alle nur, daß er überlebt… und daß er wieder gesund wird.«

      »Kann ich helfen?« fragte in diesem Moment Dr. Daniel, der den Operationssaal unbemerkt betreten hatte.

      Dr. Scheibler nickte. »Ja, Robert, übernehmen Sie bitte meinen Platz.« Er sah die Oberärztin an. »Lisa, Sie bringen das zu Ende, was ich begonnen habe. Robert wird Ihnen assistieren. Ich muß mich um die Rippen des Jungen kümmern.«

      Dr. Daniel bemerkte die unterschwellige Gereiztheit des Chefarztes.

      Während Dr. Daniel die erste Assistenz übernahm, warf er Dr. Scheibler einen kurzen prüfenden Blick zu.

      »Was ist los, Gerrit? Derartige Operationen sind für Sie doch kein Neuland.«

      »Rippenserienfrakturen rechts und links. Wir brauchen eine Röntgenaufnahme des Thorax«, erklärte Dr. Scheibler, als hätte er Dr. Daniels Frage gar nicht gehört, dann blickte er kurz zu ihm hinüber. »Wenn die unmittelbare Gefahr gebannt ist, habe ich an dem Burschen noch ein paar Wirbelbrüche zu versorgen, und dann kann ich nur hoffen, daß die Mühe, die ich mir am Unfallort gegeben habe, nicht umsonst war. Er steht am Rande einer Querschnittslähmung.«

      Währenddessen hatte der junge Assistenzarzt Dr. Rainer Köhler die geforderte Röntgenaufnahme gemacht, und das Ergebnis war so, wie Dr. Scheibler schon befürchtet hatte.

      »Pneumothorax«, urteilte er. »Ich lege eine Pleuradrainage. Intubation und künstliche Beatmung müssen auch nach der Operation bis auf weiteres aufrechterhalten werden.«

      Die Ärzte arbeiteten schweigend und voller Konzentration, dann waren die Blutungen gestillt und auch Dr. Scheibler war mit seiner Arbeit fertig, doch auf ihn wartete jetzt noch ein letzter Akt von Feinmechanik.

      »O verdammt«, stieß er hervor, als er einen ersten Blick auf die Wirbelbrüche werfen konnte. »Ich habe so gehofft…«

      Unwillkürlich hielt Dr. Daniel den Atem an. »Wird er doch gelähmt sein?«

      »Nein«, brachte der Chefarzt gepreßt hervor. »Im Moment kann ich es wohl abwenden, aber der Bruch ist instabil.«

      Obwohl Dr. Daniel auf die Gynäkologie spezialisiert war, wußte er, was das bedeutete: Bernd Köster würde aller Wahrscheinlichkeit nach nie wieder völlig gesund werden.

      *

      Mona Lombardi erwachte vom Klingeln des Telefons. Obgleich ihr der Infusionsschlauch ziemlich im Weg war, erreichte sie doch mit einer Hand das fahrbare Nachttischchen und zog es näher heran, damit sie den Telefonhörer abnehmen konnte.

      »Lombardi«, meldete sie sich mit ihrer angenehm sanften Stimme.

      »Frau Lombardi, Gott sei Dank, Sie sind einigermaßen wohlauf«, drang die Stimme des Vorstandsvorsitzenden Heinrich Gellner an ihr Ohr. »Ein Dr. Daniel hat uns heute früh benachrichtigt, daß Sie einen Unfall hatten.«

      »Das ist richtig«, stimmte Mona zu und wertete die offensichtliche Besorgnis von Heinrich Gellner als sehr positiv für ihre momentane Situation. »Ein anderer Autofahrer ist mir mit hoher Geschwindigkeit hinten aufgefahren.« Für einen Moment dachte sie daran, daß sie sich bei Dr. Daniel gar nicht nach dem Zustand des Unfallfahrers erkundigt hatte, dann schob sie diesen Gedanken wieder beiseite. Wer so rücksichtslos dahinraste, verdiente doch eigentlich gar kein Mitgefühl.

      »Das bedeutet, daß Sie für eine Weile ausfallen werden«, meinte Heinrich Gellner.

      Unwillkürlich hielt Mona den Atem an. Wie sollte sie jetzt reagieren? Was sollte sie sagen?

      »Mein behandelnder Arzt möchte mich eine Weile hier in der Klinik behalten«, begann sie, berührte für einen Moment ihren Bauch und wußte im selben Moment, daß sie auf ihre berufliche Karriere nicht verzichten konnte. »Ich werde morgen wieder im Büro erscheinen und…«

      »Das kommt überhaupt nicht in Frage, Frau Lombardi!« fiel Heinrich Gellner ihr heftig ins Wort. »Sie hatten einen Unfall, und wenn Ihr Arzt eine Entlassung aus dem Krankenhaus für bedenklich hält, dann hat er dafür sicher zwingende Gründe.« Er schwieg kurz. »Wenn wichtige Entscheidungen zu treffen sind, werden wir uns mit Ihnen in Verbindung setzen. Ansonsten wird das Kaufhaus für ein paar Tage auch ohne Ihre Anwesenheit existieren können.«

      Mona fiel ein Stein vom Herzen. »Heißt das… ich werde meine Stellung nicht verlieren?«

      »Aber ich bitte Sie, Frau Lombardi!« erwiderte Heinrich Gellner energisch. »Wenn Sie einfach blaumachen würden, aber so… immerhin liegen Sie aufgrund eines Unfalls im Krankenhaus. Machen Sie sich keine Sorgen. Man wird Sie nicht einfach als Managerin absetzen. Dazu haben wir alle viel zu großes Vertrauen zu Ihnen und Ihren Fähigkeiten. Ihre ersten Maßnahmen haben ja bereits beachtliche Erfolge gezeigt. Sehen Sie nur zu, daß Sie wieder gesund werden. Alles andere wird sich dann schon finden.«

      Mona hätte am liebsten vor Freude einen Luftsprung gemacht. Mit so viel Entgegenkommen hatte sie niemals gerechnet.

      »Vielen Dank, Herr Gellner«, meinte sie und versprach: »Ich werde sicher bald wieder im Büro sein.«

      Der Vorstandsvorsitzende betonte noch einmal, daß Mona nur ja auf ihre Gesundheit schauen solle, dann verabschiedete er sich. Zufrieden legte Mona auf. Wieder berührte sie einen Moment lang ihren Bauch, doch sie wußte, daß sie sich ganz richtig entschieden hatte. Als Hausfrau und Mutter würde sie niemals diese Erfüllung finden wie in ihrem Beruf – ganz davon abgesehen, daß sie es sich nicht würde leisten können, nur Hausfrau und Mutter zu sein. Mehr aber als das bloße Geldverdienen, brauchte sie die Bestätigung, die sie gerade von Heinrich Gellner bekommen hatte. Sie war eine erfolgreiche Managerin, und mit den Jahren würde sie noch viel erfolgreicher werden. Das wollte sie nicht missen.

      Ihe Kinder hatten es aber auch nicht verdient, eine Mutter zu haben, die nur für ihre Karriere lebte.

      Sie waren mit Adoptiveltern sicher tausendmal besser dran als mit einer ewig gestreßten Mutter, die weder für ihre Kinder noch für ihre Karriere genügend Zeit haben würde und mit den Jahren wohl immer gefrusteter werden würde.

      Als Dr. Daniel am späten Vormittag ihr Zimmer betrat, bemerkte er sofort die Veränderung, die in ihr vorgegangen war. Er deutete sie gleich ganz richtig.

      »Sie haben sich entschieden, nicht wahr?«

      Mona nickte. »Ich werde meine Kinder zur Adoption freigeben, aber nur unter der Voraussetzung, daß sie zusammenbleiben können.«

      »Das läßt sich bestimmt einrichten«, stimmte Dr. Daniel ihr zu, dann setzte er sich auf die Bettkante. »Wie sind Sie nun zu diesem raschen Entschluß gekommen, wenn ich fragen darf? Noch gestern abend waren Sie ja ziemlich unschlüssig.«

      »Ich habe heute die Bestätigung bekommen, die ich brauche, um wirklich glücklich zu sein«, antwortete Mona und erzählte in wenigen Worten vom Anruf des Vorstandsvorsitzenden. »Auf dieses Hochgefühl, wirklich jemand zu sein, könnte ich auf Dauer nicht verzichten. Es mag herzlos klingen, aber… ich brauche meine Karriere mehr als die Kinder, die ich trage.«

      »Für mich klingt es nicht herzlos, weil ich genau weiß, wie schwer Sie sich zu diesem Entschluß durchgerungen haben«, entgegnete Dr. Daniel. »Ich vermute auch, daß Sie noch manche Zweifel durchzustehen haben werden, wenn sie die ersten Kindsbewegungen spüren. Allerdings will ich Ihnen jetzt schon sagen, daß ich Ihre Entscheidung in diesem Fall absolut richtig finde. Sie sind eine Frau, die mit ganzem Herzen bei der Sache sein will. Nur deshalb haben Sie in Ihrem Beruf so großen Erfolg, und nur deshalb sind Sie überhaupt so weit gekommen. Wären Sie verheiratet und könnten den Beruf für ein paar Jahre unbesorgt zurückstellen, dann wären Sie auch als Mutter mit ganzem Herzen bei der Sache gewesen. So wie Ihre Situation im Moment aber aussieht, hätten Sie zwangsläufig immer das Gefühl gehabt, alles nur halb tun zu können, und das hätten Sie auf Dauer nicht verkraftet.«

      Mona war eine ganze Weile sprachlos. Wie hatte Dr. Daniel