Dr. Daniel Staffel 10 – Arztroman. Marie Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740955656
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war. Und dann beschäftigten sich seine Gedanken zum ersten Mal damit, was wohl geschehen wäre, wenn er ihrem Werben… ach was, es war mehr als das gewesen, nämlich ein deutliches Angebot. Ja, was wäre geschehen, wenn er nachgegeben hätte? Wenn er dieser Liebesnacht zugestimmt hätte? Wieder sah er Rebeccas makellosen Körper vor sich – diesmal nicht als Arzt, sondern als Mann…

      Dr. Daniel zuckte erschrocken zusammen, als es an seiner Sprechzimmertür klopfte. Er schämte sich für die Gedanken, die er gehabt hatte – weil er verheiratet war… weil er seine Frau trotz aller Differenzen immer noch von Herzen liebte… und weil er trotzdem für eine berückend schöne Frau entflammt war.

      »Ja, bitte!« brachte er endlich hervor. Eigentlich hoffte er, daß es Manon sein würde… daß sie kommen würde, um sich endlich mit ihm auszusprechen. Sekundenlang streifte ihn der Gedanke – oder war es ein Wunsch? – es könnte Rebecca sein.

      Doch als sich die Tür öffnete und sein Schwiegersohn Dr. Jeff Parker hereintrat, wußte Dr. Daniel nicht, ob er enttäuscht oder erleichtert sein sollte.

      »Wen hast du denn jetzt erwartet?« wollte Dr. Parker wissen, der den Gesichtsausdruck seines Schwiegervaters unschwer deuten konnte.

      Dr. Daniel seufzte. »Ich weiß es nicht, Jeff. Dich jedenfalls nicht.« Unwillkürlich sah er auf die Uhr. »Es ist schon spät, und die Sprechstunde war heute ziemlich anstrengend…«

      »Robert, ich brauche dich«, fiel Dr. Parker ihm leise und ungewöhnlich beklommen ins Wort. »Deinen Rat und…« Er verstummte mit gesenktem Kopf.

      Dr. Daniel seufzte. »Es tut mir leid, Jeff. Du weißt, daß ich immer für dich da bin, aber gerade jetzt… ich bin nicht sicher, ob ich dir eine wirkliche Hilfe sein würde. Im Moment habe ich selbst genügend Probleme am Hals.« Plötzlich ergriff ihn ein konkreter Verdacht. »Geht es etwa um dich und Karina?«

      Jeff schüttelte den Kopf. »Mit unserer Ehe hat es nichts zu tun. Es geht um mich… um mich persönlich.« Er reichte Dr. Daniel ein mehrseitiges Schreiben. »Ich weiß nicht, wie gut dein Englisch ist…«

      »Es geht schon«, meinte Dr. Daniel und nahm den Brief entgegen. Der Name Horn stach ihm förmlich ins Auge. Pamela und Perry Horn, las er halblaut, dann überflog er den Text, doch sein Englisch war in den vergangenen Jahren tatsächlich recht lückenhaft geworden.

      »Der Brief stammt von einem Rechtsanwalt aus Los Angeles, der im Namen meiner minderjährigen Geschwister Erbansprüche stellt«, erläuterte Dr. Parker den Inhalt des mehrseitigen Schreibens in präzisen Worten.

      Erstaunt blickte Dr. Daniel auf. »Ich wußte gar nicht, daß du Geschwister hast.«

      »Bisher wußte ich das auch noch nicht«, entgegnete Jeff trocken, dann gestand er leise: »Es macht mir schwer zu schaffen, Robert. Ich dachte immer, die Ehe meiner Eltern wäre glücklich gewesen. Nun muß ich auf einmal erfahren, daß mein Vater mit einer anderen Frau zwei Kinder gehabt haben soll.«

      Dr. Daniel nickte verständnisvoll. Diese Wahrheit mußte für Jeff tatsächlich ein schwerer Schock gewesen sein.

      »Ist es möglich, daß diese… Geschichte vor der Ehe mit deiner Mutter passiert ist?« fragte Dr. Daniel, doch dann fiel ihm wieder ein, daß Jeff gesagt hatte, die Kinder wären minderjährig.

      Er schüttelte den Kopf. »Das Mädchen ist vierzehn, der Junge sechzehn. Wenn sie wirklich die Kinder meines Vaters sind, dann muß er während seiner Ehe mit meiner Mutter fremdgegangen sein. Vorausgesetzt, das Ganze stimmt überhaupt. Es ist ja ziemlich seltsam, daß dieser Rechtsanwalt, den vermutlich die Mutter der Kinder beauftragt hat, erst jetzt Erbansprüche stellt. Offensichtlich hat die Mutter nie Alimente von meinem Vater kassiert, und das erscheint mir doch ein wenig seltsam.«

      »Was macht dich eigentlich so sicher, daß er für seine außerehelichen Kinder nicht bezahlt hat?« fragte Dr. Daniel zurück. »Das Geld kann von einem separaten Konto weggegangen sein.«

      Doch Dr. Parker schüttelte den Kopf. »Ich kenne das Testament meines Vaters. Darin bin nur ich bedacht, und das hätte er nie getan, wenn er von der Existenz dieser beiden Kinder gewußt hätte.«

      »Als dein Vater das Testament verfaßt hat, konnte er noch nicht wissen, daß er und deine Mutter gemeinsam den Tod finden würden«, wandte Dr. Daniel ein. »Wäre dieses Testament also in Anwesenheit deiner Mutter eröffnet worden, so hätte sie verspätet von seiner Affäre erfahren.«

      »Mein Vater hätte irgendeinen Weg gefunden, diese beiden Kinder in seinem Testament zu bedenken«, beharrte Dr. Parker. »Da bin ich ganz sicher.« Er nahm das Schreiben des Rechtsanwalts an sich und blickte darauf nieder. »Pamela und Perry«, murmelte er leise, dann sah er Dr. Daniel wieder an. »Weißt du, ich hätte ja gar nichts dagegen, wenn diese beiden wirklich meine Geschwister wären – ganz im Gegenteil.« Mit einen fast verlegen wirkenden Lächeln gestand er: »Ich habe mir sogar oft eine kleine Schwester oder einen kleinen Bruder gewünscht, die ich richtig hätte verwöhnen können. Ich finde nur die Art, wie mir das jetzt mitgeteilt wurde, ein bißchen… wie soll ich sagen? Kalt… unpersönlich…«

      Dr. Daniel überlegte eine Weile, dann schlug er vor: »Du solltest dich mit diesem Rechtsanwalt in Verbindung setzen und ihm sagen, daß du deine Geschwister kennenlernen willst.« Er lächelte. »Sie könnten sich ja ohnehin glücklich schätzen, einen Bruder wie dich zu bekommen.«

      »Danke für das Kompliment«, entgegnete Dr. Parker, dann nickte er. »Du hast recht. Ich werde versuchen, die beiden kennenzulernen. Dabei läßt sich vielleicht auch feststellen, ob sie wirklich meine Geschwister sind, oder ob ich mit dieser Erbschaftsgeschichte betrogen werden soll.« Er stand auf. »Danke, daß du dir für mich Zeit genommen hast.«

      »Schon in Ordnung, Jeff«, meinte Dr. Daniel, doch erst als sein Schwiegersohn draußen war, begriff er, was wirklich in ihm vorging. Pamela und Perry Horn! Los Angeles. Konnte das wirklich noch ein Zufall sein? Immerhin hatte Rebecca auch von zwei Kindern gesprochen. Sollte sie ihn mit dem Alter dieser Kinder belogen haben? Der Junge war sechzehn. Das bedeutete, daß Rebecca bei seiner Geburt noch gar nicht volljährig gewesen wäre.

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. Das war völlig unmöglich. Der Name Horn kam in Amerika sicher nicht selten vor. Es mußte sich also um eine zufällige Namensgleichheit handeln…

      *

      Rechtsanwalt Steven Brady war ziemlich erstaunt, als er einen Anruf von Dr. Parker erhielt.

      »Ich habe Ihren Brief bekommen und nun würde ich meine Geschwister gern kennenlernen«, kam er ohne Umschweife zum Thema.

      Brady schluckte erst mal. Er war nämlich absolut nicht sicher, ob Rebecca ein solches Treffen befürworten würde.

      »Ich denke nicht, daß das besonders gut wäre«, wand er sich.

      »Und ich denke das Gegenteil«, erwiderte Dr. Parker entschlossen. »Ich möchte Pamela und Perry kennenlernen, und ich bin sicher, daß die beiden ebenfalls Interesse an ihrem großen Bruder haben – sofern ich das überhaupt bin, aber das steht vorerst ja noch auf einem anderen Blatt.« Er schwieg kurz. »Normalerweise hätte ich auf diesen Anruf verzichtet und wäre gleich nach Los Angeles gekommen, aber ich bin Arzt, und es ist mir im Moment leider nicht möglich, Urlaub zu nehmen. Allerdings bin ich gern bereit, den Kindern die Reise hierher zu bezahlen, falls der Flug nach Deutschland ein finanzielles Problem darstellen würde.«

      Wieder zögerte Brady. »Ich muß das erst mit der Mutter von Pam und Perry besprechen.« In diesem Augenblick fiel ihm ein, daß er Rebecca in diesem Hinterwäldler-Gasthof gar nicht erreichen konnte. »Besser gesagt… ich muß mich mit ihrem Bruder in Verbindung setzen. Frau Horn ist geschäftlich verreist, und die Kinder halten sich derzeit in der Obhut…« Er brach ab. Das alles ging diesen Dr. Parker doch gar nichts an. Wie hatte er überhaupt nur so unverblümt erzählen können? Aber dieser unverhoffte Anruf hatte ihn wirklich durcheinandergebracht.

      »In Ordnung«, stimmte Dr. Parker zu. »Sichern Sie sich beim Onkel der Kinder ab. Ich rufe morgen wieder an.«

      Das erübrigte sich