Dr. Daniel Staffel 10 – Arztroman. Marie Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740955656
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ließ er sie allein. Sehr zögernd trat Mona an das Bett.

      »Guten Tag, Herr Köster«, grüßte sie und fühlte dabei eine eigenartige Unsicherheit, die sie im Umgang mit Menschen normalerweise überhaupt nicht an sich kannte.

      Bernd wandte den Kopf. Er war ein wenig eingenickt gewesen und hatte daher gar nicht gehört, wie sich die Tür geöffnet und wieder geschlossen hatte. Jetzt hatte er das Gefühl, einer Fata Morgana zu begegnen. Diese wunderschöne Frau an seinem Bett konnte doch nicht Wirklichkeit sein!

      »Ich bin Mona Lombardi«, stellte sie sich vor… durch sein Schweigen noch mehr verunsichert.

      Unwillkürlich schloß Bernd für einen Moment die Augen und ließ diese weiche, sanfte Stimme in sich nachklingen… eine Stimme wie Musik und ein Name wie ein Traum. Mona Lombardi…

      Doch als er die Augen wieder öffnete, bemerkte er die deutliche Wölbung unter ihrem Kleid. Sein Traum zerplatzte jäh wie eine Seifenblase.

      »Was wollen Sie von mir?« fragte er, und seine Stimme klang dabei ein wenig heiser, doch das kam nicht mehr von der langen Zeit der künstlichen Beatmung, sondern hatte seinen Grund einzig darin, daß diese bezaubernde Frau hier bei ihm war.

      »Wenn ich das so genau wüßte«, murmelte Mona. Noch immer fühlte sie sich schrecklich unsicher, und als der junge Mann sie jetzt so traurig anschaute, da kam noch etwas anderes hinzu… etwas, das sie nicht deuten konnte.

      »Ich… ich wollte Ihnen sagen, daß ich… nun ja, daß ich es ganz gut überstanden habe«, stammelte Mona und begriff ihre eigene Verlegenheit nicht. Was hatte dieser Mann denn nur an sich, daß sie in seiner Gegenwart nicht so selbstbewußt auftreten konnte wie sonst? Lag es vielleicht daran, daß er so schwer verletzt war? Aber sie konnte ja gar nichts dafür!

      Bernd begriff plötzlich, wen er da vor sich hatte.

      »Sie?« fragte er leise. »Sie waren in dem anderen Auto?« Sein Blick glitt über ihren gerundeten Bauch. »O mein Gott.«

      »Es ist ja nichts passiert«, beeilte sich Mona zu versichern. »Ich mußte eine Weile liegen, aber sonst…«

      »Ich habe so etwas noch nie getan«, beteuerte Bernd. »Nie zuvor habe ich das Tempolimit überschritten… na ja, vielleicht mal um zehn oder zwanzig Stundenkilometer, aber nicht so wie… wie in jener Nacht.«

      Spontan setzte sich Mona auf die Bettkante. »Der einzige, dem Sie damit wirklich geschadet haben, sind doch Sie selbst.«

      Bernds Augen füllten sich mit Tränen. Rasch wandte er den Kopf zur Seite, denn Mona sollte es nicht bemerken.

      »Ich bin… ich war… Sportlehrer«, brachte er mit erstickter Stimme hervor. »Ich unterrichte auch Deutsch, aber der Sport… diesem Fach gehörte mein ganzes Herz.« Jetzt sah er Mona an. »Ich muß eine Entscheidung treffen, und die Auswahl ist nicht sehr verlockend. Ich kann mich für das Risiko oder für die Schmerzen entscheiden. Eine dritte Möglichkeit gibt es leider nicht.«

      Mona begriff nicht, was er damit meinte.

      Leise und stockend erzählte Bernd nun, was Dr. Scheibler ihm vor fast drei Wochen über seine Wirbelverletzung gesagt hatte. Dabei erstaunte es ihn, daß er zu einer Fremden mehr Vertrauen hatte als zu seinen Eltern und Geschwistern.

      Sie alle wußten noch nichts von der Entscheidung, die er zu treffen hatte, obwohl sie in dieser Zeit mehrmals zu Besuch gewesen waren.

      Mona war zutiefst erschüttert, Spontan streckte sie die Hand aus und berührte Bernds Gesicht.

      Er zuckte nun zusammen, als hätte sie ihn geschlagen, dabei war er über dieses unverhoffte Streicheln ja nur so erschrocken, weil er niemals damit gerechnet hätte.

      »Lassen Sie sich doch operieren«, riet Mona ihm spontan. »Alles ist besser, als mit der ewigen Angst einer Querschnittlähmung zu leben.«

      Bernd war so benommen, daß er ihre Worte gar nicht richtig mitbekam.

      Monas Anwesenheit, ihre Augen, die so voller Zärtlichkeit auf seinem Gesicht ruhten, ihre Hand, die ihn noch immer streichelte…

      »Sie… Sie sind schwanger«, brachte er mühsam hervor. »Ich meine… was Sie hier tun… Ihr Mann…«

      Mona verstand. Ein trauriges Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Schwangerschaft ist nicht immer gleichbedeutend mit Ehe.« Sie senkte den Kopf. »Ich war verlobt, aber… er hat es vorgezogen, mit meiner Freundin ins Bett zu steigen.« Mit einer Hand berührte sie ihren Bauch, dann blickte sie wieder auf. »Ich werde die Babys zur Adoption freigeben.«

      »Die Babys?« wiederholte Bernd fragend.

      Mona nickte. »Es sind Drillinge.«

      »Tun Sie es nicht!« rief Bernd ihr nun ebenso spontan, wie sie es vorhin getan hatte. »Geben Sie die Kinder nicht weg!«

      »Ich habe doch gar keine andere Wahl«, entgegnete Mona beinahe verzweifelt. »Ich bin allein und… mein Beruf. Mühsam habe ich mich hochgearbeitet und jetzt, da ich endlich am Ziel bin…« Sie verstummte, weil es ihr plötzlich peinlich war, gerade mit ihm über ihren Beruf zu sprechen. Bernd würde seinen Beruf schließlich aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen.

      Gerade deshalb verstand er sie aber auch so gut. »Es tut weh, ein solches Opfer zu bringen. Ich kann mir ein Leben ohne Sport auch noch nicht vorstellen, aber es wird irgendwie gehen müssen.« Er sah Mona wieder an. »Gib deine Kinder nicht her.« Ganz zwanglos hatte er sie bei diesen Worten geduzt. »Ich weiß, wovon ich spreche. Nicht aus eigener Erfahrung natürlich, aber… meine Mutter. Sie war gerade neunzehn, als sie ungewollt schwanger wurde, und sie hat denn dieses Kind weggegeben. Obwohl sie später, als sie dann verheiratet war, noch meine beiden Geschwister und mich hatte, ist sie nie wirklich darüber hinweggekommen. Und noch heute… vierzig Jahre danach, weint sie jedes Jahr am 3. Mai, weil da ihr Kind Geburtstag hätte… ihr Kind, von dem sie nichts weiß… nicht einmal, ob es ein Mädchen oder ein Junge war. Sie mußte damals mit Kaiserschnitt entbunden werden und als sie aus der Narkose aufwachte, war das Baby bereits weg.«

      Mona schluckte schwer. Genauso würde es bei ihr auch laufen… nun ja, nicht ganz genauso. Dr. Daniel würde ihr wohl noch die Möglichkeit geben, ihre Kinder zu sehen, wenn sie es wollte, doch er hatte auch gesagt, daß es umso schwerer für sie werden würde, je länger sie nach der Geburt mit den Babys zusammen war.

      »Bernd, was soll ich denn nur tun?« fragte Mona betroffen. Dabei wurde ihr auf einmal klar, welch seltsames Verhältnis sich in der vergangenen Stunde zwischen ihnen entwickelt hatte. Sie kannten sich im Grunde gar nicht und wußten doch schon so viel voneinander… Dinge, die man eigentlich nur einem besonders nahestehenden Menschen anvertraute.

      Mona stand auf. »Ich glaube, ich sollte jetzt gehen.« Im selben Moment wußte sie, daß sie ihn überhaupt nicht verlassen wollte… jetzt nicht… nie mehr. So etwas hatte sie noch nie erlebt. So tiefe Gefühle für einen Menschen, den sie vor einer Stunde noch nicht einmal gekannt hatte.

      Wortlos streckte sie die Hand aus, und Bernd ergriff sie.

      »Ich glaube nicht, daß du gehen solltest«, meinte er und ehe Mona sich versah, hatte Bernd sie näher zu sich gezogen, dann spürte sie seine Lippen auf ihrem Mund und wußte, daß sie genau das ersehnt hatte. Sie hatte es ersehnt, seit sie dieses Zimmer betreten und einen ersten Blick mit ihm gewechselt hatte.

      »Wir sind völlig verrückt«, urteilte Mona, als sie sich von Bernd ein wenig löste, doch sie lachte dabei. Zum ersten Mal, seit sie die Beziehung zu Dirk gelöst hatte, konnte sie wieder befreit lachen, und es tat ihr unheimlich gut.

      »Liebe muß manchmal ein bißchen verrückt sein«, entgegnete Bernd. »Ich habe sie immer zu ernst genommen, aber das war verkehrt.« Er erinnerte sich an Sandras Worte, als sie wegen seines Bruders Markus mit ihm Schluß gemacht hatte. »Zu mir hat mal jemand gesagt, ich sei zu perfekt für eine Beziehung. Damals hat das schrecklich weh getan, vor allem weil mein Bruder offenbar nicht zu perfekt für diese Beziehung war.« Er schwieg eine Weile. »Es hat weh getan, bis du durch diese Tür gekommen