Adular (Band 2): Rauch und Feuer. Jamie L. Farley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jamie L. Farley
Издательство: Bookwire
Серия: Adular
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783038961550
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war, war das eine ernst zu nehmende Drohung. »Ich bin nicht der Einzige, der was getan hat.«

      »Ihr wart der Einzige, der mich beworfen hat«, widersprach Elanor scharf. »Mit Steinen und mit rohen Eiern.«

      »Für die du übrigens nichts bezahlt hast«, fügte Noriel hinzu. »Also einen Diebstahl begangen hast. Du hättest sie mit den Steinen ernsthaft verletzen können.«

      »Ich habe lediglich mit Eiern geworfen«, beschwichtigte Taris eilig. »Meine Freunde waren es, die Steine aufsammelten.«

      »Nachdem sie sich von Euren Wurfkünsten dazu beflügeln ließen.« Elanor schüttelte den Kopf. »Es geht nicht darum, wie fest oder was Ihr geworfen habt. Es geht darum, dass Ihr mich beworfen habt. Und um die Worte, die Ihr dabei gebrüllt habt.«

      »Was hat er gesagt?«, fragte Noriel angespannt.

      »Nichts«, zischte Taris.

      »Er hat mich Borkenkäfer genannt«, antwortete Elanor mit anklagender Stimme.

      Noriels volle, dunkel geschminkte Lippen wurden zu einem schmalen Strich. »Taris, sag mir bitte, dass das nicht wahr ist! Ich dachte immer, mein Sohn wäre klüger, als rassistische Beschimpfungen in den Mund zu nehmen.«

      Der Jüngling senkte den Kopf und zuckte mit den Schultern. »Das ist mir … im Eifer des Gefechts so rausgerutscht«, murmelte er und hob erneut die Schultern. »Ich meine … die Leute erzählen …«

      »Ich weiß, was die Leute erzählen, und es sind infame Unterstellungen«, unterbrach Noriel zornig.

      Taris biss sich auf die Unterlippe. »Aber sie waren dabei. Sie haben gesehen, wie sie diesem Sklaven geholfen hat.«

      »Und was ist daran verwerflich?« Noriel schüttelte mit dem Kopf. »Statt dich ihnen blindlings anzuschließen, solltest du deinen Verstand benutzen! Du bist besser als das, Taris. Erst denken, dann handeln! Es ist schon schlimm genug, dass du unsere Sklaven schlecht behandelst. Wenn du jetzt bei meinen Freunden weitermachst, gehst du einen entscheidenden Schritt zu weit.«

      Taris seufzte und rieb sich über den Nacken. Elanor konnte förmlich sehen, wie er die Gedanken hinter seiner Stirn hin und her schob, abwägte und kalkulierte.

      »Wir warten, Taris.« Noriel klang ungeduldig.

      »Ja doch«, brummte der Jüngling verlegen. Er räusperte sich und sah Elanor ins Gesicht. Sie kreuzten ihre Blicke, und die Waldelfin erkannte, dass er sein Verhalten aufrichtig bereute. Er war jung, war von umstehenden Passanten angestachelt worden und hatte nicht weiter darüber nachgedacht, was er tat.

      »Ich bitte vielmals um Verzeihung.« Taris wählte eine besonders förmliche Entschuldigung. Er hielt ihr seine große Hand hin. »Es tut mir leid, dass ich Euch gekränkt habe, und … hoffentlich geht es Euren Kindern gut. Ich meine, ich hätte nie auf Euren Bauch gezielt …«

      Elanor nahm seine Hand entgegen, um seinen verunsicherten Redeschwall zu stoppen, und drückte sie leicht. »Entschuldigung angenommen.« Sie erinnerte sich wieder an die Wärme, die ihren Bauch ummantelt hatte, bevor sie die Waldelfen, ohne sie zu berühren, fortgeschleudert hatte.

      Taris atmete auf. »Danke. Ich verspreche Euch, ich werde mich bessern.«

      Noriels Gesicht entspannte sich und sie betrachtete ihren Sohn stolz. »Na also. Gut gemacht, mein Liebling. Du kannst draußen auf mich warten, ich brauche jemanden, der mir beim Tragen hilft.«

      »In Ordnung«, erwiderte Taris und verneigte sich höflich. »Auf Wiedersehen, Frau Elanor.«

      Die Waldelfin nickte lächelnd und sah ihm nach, als er eilig nach draußen verschwand. Sie war froh, dass dieses Gespräch einen guten Ausgang genommen hatte. Der Teil von ihr, der seit Dûhirions Tod verbittert und hoffnungslos war, hatte damit gerechnet, dass Taris daran festhielt, im Recht gewesen zu sein, und sich höchstens zum Schein entschuldigte.

      »Er kann manchmal sehr ungestüm sein, aber im Grunde seines Herzens weiß er, was richtig und falsch ist.« Noriel strich sich eine ihrer silberweißen Locken hinter das Ohr. »In ein paar Jahren hat er sich seine Hörner abgestoßen und kommt hoffentlich nicht mehr auf solch dumme Ideen.«

      »Ich bin mir sicher, dass aus ihm ein anständiger Mann wird.« Elanor legte eine Hand auf ihren Bauch und runzelte die Stirn. »Sag, hast du noch einen Moment Zeit für mich, bevor ich dir das Kleid zeige?«

      »Für dich immer, Liebes«, antwortete Noriel und ihr Blick folgte ihrer Hand. »Hast du eine Frage zur Schwangerschaft?«

      Leise, damit Rhina und Fiona im Nebenzimmer nichts mitbekamen, erzählte Elanor ihrer Freundin Details über die Vorfälle auf dem Markt, bis zu dem Punkt, an dem sie der Situation entkommen war. »Ich habe die beiden nicht einmal berührt, verstehst du? Und selbst wenn, hätte ich nicht genug Kraft gehabt, um beide auf einmal mit solcher Wucht zu schubsen, dass sie stürzen. Es war … als hätte ich Magie angewandt.«

      Noriel musterte sie nachdenklich. »Ich nehme an, die Hohepriesterin hat dir nichts erklärt?«

      »Doch, so einiges.« Elanor betrachtete ihre Handflächen. »Allerdings hat sie mit keinem Wort Magie erwähnt.«

       »Hm, das ist nicht verwunderlich. Es passiert so selten, dass es eigentlich kaum einer Erwähnung wert ist.« Die Hochelfin schwieg eine Weile grüblerisch. Sie warf der Nähstube einen langen, unschlüssigen Blick zu, ehe sie ihn zurück auf Elanor lenkte.

      »Ist alles in Ordnung?«, raunte die Waldelfin verunsichert.

      »Herr Faredir?«, rief Noriel. »Darf ich Eure Nichte kurz nach draußen führen? Sie ist etwas blass um die Nase und ich denke, frische Luft wird ihr guttun.«

      Faredir lehnte sich aus der Nähstube. »Grüße, Frau Noriel.«

      Rasch senkte Elanor den Kopf und bemühte sich elend auszusehen. Selbst wenn sie keine Ahnung hatte, was ihre Freundin vorhatte, beschloss sie mitzuspielen.

      »Natürlich«, sagte ihr Onkel verständnisvoll, nachdem er sie sorgfältig gemustert hatte. »Aber nur ein paar Minuten, ja? Ich brauche dich, Elanor.«

      Die Waldelfin nickte leicht.

      Noriel nahm ihren Arm und verließ mit ihr die Schneiderei. Auf den neugierig fragenden Gesichtsausdruck ihres Sohnes gab sie ein schnelles Handzeichen, dass alles in Ordnung wäre. Die beiden Elfinnen schlenderten hinter das Gebäude, und nachdem Noriel sich versichert hatte, dass sie weitgehend ungestört waren, sprach sie endlich: »Tut mir leid für den Umstand. Am liebsten hätte ich dich mit nach Hause genommen, um wirklich alleine mit dir zu sein.«

      Elanor runzelte die Stirn. Aufkommende Angst gepaart mit Nervosität verdrehte ihr den Magen. »Was ist los, Noriel? Stimmt etwas nicht?«

      »Es ist nichts, worüber du dir ernsthaft Sorgen machen müsstest. Allerdings fühle ich mich unwohl dabei, wenn zu viele neugierige Ohren uns belauschen würden. Es fällt mir nicht leicht, über diese Geschichte zu reden, aber ich denke, sie wird dir helfen zu verstehen. Als ich mit Taris schwanger war, bin ich in einen Hinterhalt geraten«, erzählte Noriel bedächtig. »Eine Gruppe von Straßenräubern hat Meira und mir aufgelauert. Sie verlangten Gold, Schmuck und …« Sie stoppte und rang fahrig die Hände. »Meira hat sich angeboten, um mich zu beschützen. Bei den Göttern, ich habe die Güte dieser Frau nicht verdient.«

      Etwas Schweres sackte in Elanors Magen. Sie berührte Noriel sanft am Unterarm.

      Die Hochelfin lächelte tapfer. »Ich konnte nicht zulassen, dass sie Meira schänden. Weglaufen war uns nicht möglich. Also habe ich beschlossen zu kämpfen, mit allen Mitteln. Einer der Widerlinge hat mich gepackt und mit seinem Messer auf meinen Unterleib gezielt. Plötzlich habe ich diese Wärme gefühlt, die auch du beschrieben hast, und einen Augenschlag später wurden die Räuber durch die Luft gewirbelt. Meira hat schnell reagiert und mich mit sich in Sicherheit gezogen.«

      »Ich bin froh, dass euch nichts geschehen ist.« Elanor drückte ihr sacht den Unterarm. »Was, glaubst du, ist in diesem Moment passiert?«

      Noriel