Waypoint FiftyNine. Sandra Florean. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sandra Florean
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783945230503
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als die Weltraumpest.« Er setzte sich wieder. »Du hast Glück. Ich bin ein Veteran im Schleusenreisen. Dir schuldet doch bestimmt jemand ein Bier.«

      Ich überlegte kurz. »Ja schon. Von Laurence bekomme ich noch zwei, drei Flaschen Schlabberstöffsche. Aber ich würde mir auch was von dir ausgeben lassen.«

      »Siehst du den Einarmigen dahinten? Das ist Sam. Ich hab gerade alles an ihn verloren. Beim 3D-Billard. Und das nicht zum ersten Mal.« Er legte seine Hand auf meine Schulter und sah mich mit glasigen Augen an. »Ich brauche auch ein Bier. Wo finden wir diesen Laurence?«

      »Keine Ahnung. Aber ich weiß, dass er beim letzten Buchmesse Convent war. Dreieich. Erde. 2019. Da sind alle meine Schreibkumpels.«

      »Kein Problem!« Ziggy klopfte sich stolz auf die Brust. »Mit mir kommst du, wohin du willst, und zwar in jede Zeit. Ich kann Dimensionsschleusen kurzschließen.«

      »Ich auch«, sagte ich und seufzte. »Aber Security-Jack lässt mich nicht gehen.«

      »Du hast ihn beleidigt?«

      Ich nickte.

      »Das renke ich schon wieder ein, Frischling.«

      »Wir müssen auf Günther warten.« Ich blickte an ihm vorbei zum Eingang. »Der kahlköpfige Headbanger lernt bestimmt das Klopapier auf der Bordtoilette auswendig. Hab gehört, da sollen Weltraumwitze aufgedruckt sein.«

      »Die sind wirklich gut«, bestätigte Ziggy. »Habe selbst mal drei Stunden dort verbracht.«

      »Da fällt mir ein, letztes Silvester hab ich einen Fleischkäse gegessen, der abgelaufen war. Günther hat mir einen Eimer gebracht und meine damals noch langen Haare beim Kotzen gehalten.«

      »Das grenzt an Lebensrettung«, mischte sich Virginio ein, der scheinbar unser Gespräch belauscht hatte und nun mit einem Lappen den Tresen abwischte.

      Ziggy beugte sich zu mir und flüsterte: »Kannst Günther doch ein Bier von diesem Laurence mitbringen.«

      »Tolle Idee!« Aufgeregt hüpfte ich vom Hocker und legte den Arm um Ziggy. »Auf geht’s zum BuCon! Aber erst noch ein Wir-sind-unterwegs-Selfie für meine Spacebook-Seite!«

      Vor dem Waffencheck zu den Dimensionsschleusen wimmelte es von Leuten. Menschen, Aliens und andere fantastische Wesen liefen uns im Korridor grüppchenweise über den Weg. Obwohl es mehrere Räume gab, mussten wir warten. Neuankömmlinge hatten Vorrang gegenüber Abreisenden.

      »Sieh mal«, flüsterte Ziggy und deutete auf ein Schott, aus dem ein Außerirdischer entstieg, dem der Schnurrbart schief über der Oberlippe hing. Als der Typ mein Grinsen bemerkte, zog er eine Sonnenbrille aus der Brusttasche seines Hawaiihemdes und setzte sie auf. Erschrocken rückte er den falschen Bart gerade und versuchte, ihn unter der Nase anzudrücken, doch der Klebstoff wollte nicht mehr halten. Nun riss er die Rotzbremse ganz ab, steckte sie hastig in die Hosentasche und lief mit schnellen Schritten an uns vorbei in Richtung Bar.

      Ziggy lachte. »Hast du ihn erkannt?«

      »Den ehemaligen Finanzminister des Alterta Mondes? Bei der Verkleidung könnte er auch gleich ein T-Shirt mit seinem Fahndungsfoto tragen.«

      Mein Begleiter trat aus der Schlange heraus und sah dem Minister nach. »Wollen wir uns ein paar Credits verdienen?«

      »Seh ich so aus, als würde ich eine pandamorianische Rüstung unter meinem Pullover tragen?« Ich zerrte ihn zurück in die Reihe. »Kopfgeldjäger gibt es hier genug. Denen will ich nicht in die Quere kommen.«

      Opferbereitschaft (von Lea Baumgart)

      Der um Anonymität bemühte ehemalige Finanzminister des Alterta Mondes starrte niedergeschlagen auf den Bierbrunnen. Das Bier schmeckte nicht schlecht, aber er hätte etwas Stärkeres vertragen können. Was er dringender benötigte als einen Alkoholrausch, war jedoch ein klarer Kopf.

      Misstrauisch hob er den Blick und sah sich prüfend in der Kneipe um.

      Es war ein fragwürdiger Laden, den er auf dem Höhepunkt seiner Karriere niemals frequentiert hätte – es sei denn, die Übergabe von Bestechungsgeldern hätte ihn dazu genötigt.

      In der Nähe der Theke lungerten drei Gestalten herum, die überaus zwielichtig wirkten. Doch in einer Kneipe wie dieser war die Klientel von Natur aus dubios. Kein Grund in Panik zu geraten. Allerdings schauten diese drei auffällig oft in seine Richtung und die Bevölkerung des Alterta Mondes hatte einen beträchtlichen Finderlohn auf den Kopf ihres ehemaligen Finanzministers ausgesetzt. Ob der Kopf dabei am Ende seines Halses gefunden wurde, oder einige Meter davon entfernt, blieb dem Finder überlassen.

      Der ehemalige Finanzminister empfand die Hetze der Medien, die seit dem Einsatz der neuen Regierung auf dem Alterta Mond gegen ihn betrieben wurde, als überaus ungerecht. Zunächst hatte sich seine eigene Bevölkerung gegen ihn gewandt, und dann der ganze Rest des Universums. Dabei hatte er die Finanzen seiner Bürger aufopferungsvoll verwaltet. Nicht nur während seiner Arbeitszeit hatte er die Steuereinnahmen betreut, sondern auch in seiner Freizeit. Er war sogar so weit gegangen, sich nicht nur im Namen der Regierung um die ihm unterstellten Finanzmittel zu kümmern, sondern sich ihrer auch auf seinem Privatkonto anzunehmen. Derart in seiner Arbeit aufgegangen, hatte er sie eines Tages nicht einmal mehr von seinem Privatleben unterscheiden können. Mehr Engagement konnte man von einem Minister doch nun wirklich nicht erwarten.

      Eine der Gestalten an der Theke nickte jetzt in seine Richtung. Sie trug Hörner. Der ehemalige Finanzminister hatte natürlich keine Vorurteile. Seiner offiziellen Philosophie zufolge war er ein aufgeschlossener Alterta, der an Chancengleichheit glaubte und keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Rassen sah. Davon abgesehen hatte er allerdings noch nie eine Spezies mit Hörnern getroffen, die sich nicht als Bande von ausgemachten Mistkerlen herausgestellt hätte.

      Er warf einen Blick auf den Roboter – Modell KRAWUMM! – neben sich und wurde augenblicklich ruhiger. Selbstverständlich war Roboter nicht der politisch korrekte Terminus. Heutzutage bevorzugte man außerhalb der Stammtische den Begriff künstliche Intelligenz. Seiner offiziellen Philosophie zum Trotz, lag dem ehemaligen Finanzminister jedoch wenig an politischer Korrektheit. Seiner inoffiziellen Meinung nach verhielt es sich mit politischer Korrektheit ebenso wie mit Mord, Steuerhinterziehung und Erpressung – er duldete sie nur, solange sie von ihm selbst ausging und ihm einen Vorteil vor der Konkurrenz verschaffte. Hinzu kam in diesem Fall, dass das Wort Intelligenz nun wirklich nicht auf KRAWUMM! zutraf.

      Der Stahlriese mit der Schlagkraft eines kleinen Meteoriten und einer entsprechend potenten Leibwächterfunktion hatte den ehemaligen Finanzminister ein kleines Vermögen gekostet. Glücklicherweise nicht sein eigenes Vermögen.

      Beim Waffencheck hatte es natürlich Probleme gegeben, allerdings war die Androidenrechtebewegung derzeit so stark im Kommen, dass es sich jeder Ladeninhaber lieber zweimal überlegte, bevor er einem Roboter den Zutritt zu seinen Räumlichkeiten verwehrte. Vor allem auch deshalb, weil Androiden leichter Ersatzteile für sich beschaffen konnten, als Prothesen für organische Lebewesen verfügbar waren, da die Vernetzung der Algorithmen untereinander ganz hervorragend funktionierte. Wer seinem Staubsauger nicht mit genügend Respekt begegnete, der erhielt vielleicht bald schon Besuch von einem autonomen Panzerbataillon. Davon abgesehen hatte man am Waffencheck darauf bestanden, KRAWUMM! einen Gewaltblocker zu installieren. Seine Leibwächterfunktion wurde dadurch stark eingeschränkt, aber trotzdem fühlte der ehemalige Finanzminister sich mit dem Roboter an seiner Seite wohler. Er baute auf den psychologischen Abschreckungseffekt.

      Die Gestalt mit den Hörnern starrte mittlerweile ganz offenkundig zu ihm hinüber.

      Der ehemalige Finanzminister rutschte unruhig hin und her. Vielleicht wurde es Zeit, sich möglichst dezent abzusetzen. Eigentlich war er davon ausgegangen, dass er tief genug im Orkus des Universums versunken war, um unauffindbar zu werden, aber diese Blicke ließen auf etwas anderes schließen. Wenn ihm sein Leben teuer war – und es war ihm teuer, wie die Bürger des Alterta Mondes bezeugen konnten, die es jahrelang finanziert hatten – wäre ein rascher Abgang ratsam.