Wächter der Runen (Band 3). J. K. Bloom. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J. K. Bloom
Издательство: Bookwire
Серия: Wächter der Runen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783038961604
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so grauenvoll leiden, wie sie es tat. Dafür sorge ich.«

      Ihre Worte hinterlassen auf meinem Körper eine eisige Gänsehaut, und Angst um Finns Leben erfüllt mich. Ich weiß, wie grausam Kora sein kann, wenn sie Wut für ihr Opfer empfindet. Auch ich habe sie oft verspottet, wenn mein Verstand für den Moment durchdrehte oder ich meine Sinne nicht mehr zusammenbekam. Dafür hat sie mich nur noch mehr gehasst, was ich jedes Mal spürte, wenn sie eines ihrer Folterinstrumente an meinem Körper einsetzte.

      Doch zu wissen, dass sie eine noch viel abscheulichere Methode anwendet, um Finn zu brechen, bringt alles in mir zum Einsturz. Viel eher würde ich selbst diese Qualen auf mich nehmen, als zuzulassen, dass er diese erleiden muss.

      An meiner Schläfe rinnt der Schweiß hinunter, als Kora von Finn ablässt und dieser ihr spottend ins Gesicht spuckt.

      Doch statt Empörung folgt ein gehässiges Lachen. Sie drückt wieder die Rune in ihrer anderen Hand zusammen, sodass ein weiteres Mal das Runensymbol an Finns Hals wie Glut aufleuchtet. Sein Körper krampft, während er sich wegen der Männer, die ihn festhalten, nicht krümmen kann.

      Ich halte das nicht mehr aus. Wenn es einen Schmerz gibt, der schlimmer ist als der körperliche, dann ist es genau der Moment, wenn die Seele brennt. Und sie brennt, wenn ich Finn leiden sehe.

      Ein Schrei löst sich aus meiner Kehle und ich wehre mich erneut gegen die Fixierungen der Soldaten. Tatsächlich verpassen mir der Anblick und Finns Wehklage einen Energieschub, der durch all meine Muskeln schießt. Wie elektrisiert entwickle ich eine ungeahnte Kraft, mit der ich mich sogar aus der Fixierung befreien kann. Meine geballte Hand trifft dabei erschütternd den Helm meines Hintermanns, wodurch dieser benommen rückwärts taumelt.

      Ich ergreife die Chance und schlage mit Wut und all meiner Entschlossenheit auf den noch übrig gebliebenen Mann ein. Er schützt sich, indem er seine Arme vor das Gesicht hält. Ich greife nach dem Schwert an seinem Gürtel, ziehe es aus der Scheide und ramme ihm dieses in die Seite. Mit nur wenig Widerstand gleitet die Klinge durch Gewebe und schabt an einem Knochen.

      Der Soldat gibt gurgelnde Geräusche von sich, während ich das Schwert wieder aus seinem Körper ziehe.

      Finns qualvoller Schrei verstummt, als sich Kora von ihm abwendet und sich ihre Augen auf mich fokussieren. Sein Körper sinkt kraftlos in die Arme der Soldaten, während ich mit erhobener Waffe auf die Kommandantin losstürme.

      Gerade als ich für den Moment die Hoffnung schöpfe, uns aus der Gefangenschaft zu befreien, fällt mir erst viel zu spät ein, dass auch auf meiner Haut das neuartige Runenzeichen prangt.

      Kora benutzt die Magie der Plakette, und ein unvorstellbarer, bohrender Schmerz dringt durch all meine Glieder. Wie die dünne Klinge eines Stiletts gräbt sich ein Stechen bis zu meinem Knochen.

      Reflexartig lasse ich das Schwert los, und es fällt klirrend zu Boden. Meine rechte Hand drücke ich auf das brennende Runenzeichen an meinem Hals, das dafür verantwortlich ist, dass Kora mich mit Magie quälen kann.

      Die Pein lässt meine Sicht verschwimmen und bringt meine Beine zum Beben. Mir entweicht ein schmerzerfüllter Schrei, während ich zusammenbreche und mit einem harten Knall auf dem Holzboden lande.

      Oh großer Schöpfer, was ist das für eine grausame Macht? Wie kann man einen Menschen nur mit solchen Qualen versehen?

      »Lass sie in Ruhe! Ich bin es doch, den du foltern willst«, höre ich Finn verzweifelt rufen.

      Ich kriege kaum Luft, der Schmerz nimmt mir jegliche Möglichkeit, einen Atemzug zu tun.

      Gerade als ich glaube, einer Ohnmacht nahe zu sein, zieht Kora die Magie zurück und ich drehe mich auf die Seite. Meine Muskeln zucken, und obwohl der Schmerz längst verebbt sein sollte, pocht er noch immer leicht unter der Haut.

      Diese Folter übertrifft beinahe alles, was ich bisher gespürt habe. Tun sie das, damit sie die Möglichkeit haben, zu herrschen? Ihre Untertanen das Fürchten zu lehren? Dabei weiß ich, dass man auch mit Weisheit und Güte ein Land regieren kann.

      »Rave«, dringt Finns besorgte Stimme zu mir und ich schaue zu ihm auf.

      Er versucht sich mit den Armen loszureißen, doch die Soldaten ziehen ihn in Richtung der Treppe. Mein Bruder ist nirgends zu sehen, sodass ich davon ausgehe, dass er bereits an Deck ist.

      Männer kommen die Stufen heruntergelaufen und umstellen mich, als ich mich gerade erheben will.

      »Zerrt sie auf die Beine«, befiehlt Kora und ich werde grob an den Schultern gepackt.

      Als ich wieder, so gut es geht, aufrecht stehe, kommt die Kommandantin mit erhobenem Kinn auf mich zugeschritten. In ihrem Ausdruck liegen Spott und Hass, die ich bis ins Mark spüre.

      Sie hebt ihre rechte Hand und verpasst mir eine so harte Ohrfeige, dass sich mein Kopf schmerzhaft zur Seite dreht. »Probier das noch einmal und ich werde deine Zeit hier noch qualvoller gestalten.«

      Blut tritt aus meinem Mundwinkel, und mein Hals fühlt sich rau an. Statt ihr eine Antwort zu geben – so gern ich ihr diese auch ins Gesicht geschleudert hätte –, schaue ich sie nur feindselig an.

      Meine Wange pocht und brennt von ihrem wuchtigen Schlag, sodass es mir wirklich schwerfällt, meine Schmerzen nicht nach außen dringen zu lassen.

      Kora befiehlt den Wachen mit einer Kopfbewegung, mich nach oben zu bringen. Bevor sie sich uns anschließt, sagt sie einem einsam herumstehenden Soldaten, dass er die Leiche wegschaffen soll. Die Kommandantin würdigt den Toten keines Blickes, als wäre es ihr gleich, dass einer ihrer Männer starb. Für sie ist jemand mit solch niedrigem Rang vollkommen unbedeutend.

      Genauso unmenschlich geht das Imperium jedoch mit seinem Volk um und schuld daran ist nur ein wahnsinniger Mann gewesen, der sich vor fünfhundert Jahren an der Macht der Runenquelle bereicherte. Wäre es niemals dazu gekommen, müssten wir heute keine Kriege führen und das Land Kallem sowie die Königsinseln wären noch Gebieter über ihr eigenes Reich.

      Oben auf dem Deck umringen uns beinahe über hundert Soldaten. Ganz gleich, wohin ich auch blicke, die silberne Rüstung des Imperiums reflektiert das Licht der hoch am Himmel stehenden Sonne. Auf den Schulterklappen und der Brust prangt die weiße Lotusblüte, das Wappenzeichen des Imperiums.

      Noch nie habe ich so viele Wachen gesehen, die in unsere Richtung gewandt stehen und auf das Kommen der Kommandantin warten.

      Kora tritt mit kalter Miene an Deck und erst im Schein des Lichtes erkenne ich nun die Details der furchtbaren Brandnarbe, die die Hälfte ihres Gesichtes entstellt. Die einst blasse Haut schillert nun rosa, und hässliche wulstige Stellen lassen den Anblick beinahe monströs wirken.

      Iain hat ihr wirklich ein Geschenk vermacht, das sie so schnell nicht vergessen wird.

      Doch ihren Makel lässt sich die Kommandantin nicht anmerken. Stolz und selbstbewusst geht sie zur Planke, mit der wir das Luftschiff verlassen können. »Lieutenant Risp und Offizier Leuß, Ihr begleitet mich zum Imperator. Sorgt dafür, dass keiner unserer Gefangenen entkommt.«

      Zwei Soldaten, die mit ihrer kaiserblauen Rüstung hervorstechen, treten nach vorne und befehlen den rangniedrigeren Blechköpfen, zu uns aufzurücken. Kora will sichergehen, dass Rave keinen weiteren Versuch wagt, sich zu befreien.

      Mein Blick gleitet zu ihren blonden Haaren, die über ihre Schultern fallen und mich an das Sonnenlicht erinnern. Rave beobachtet das Szenario auf Deck. Auf ihren hohen Wangen erkenne ich graue Spuren. Sie müssen von dem Ruß in Tallel stammen, wo wir gekämpft haben, während ein Teil der Stadt in Flammen stand. Doch bei ihrem Anblick zieht sich mein Herz zusammen. Die Angst um ihr Leben wird mit jedem Schritt größer, den wir auf den Palast zu machen.

      Was ist, wenn sie doch bei der Folter sterben sollte? Dann werde ich sie nie wiedersehen, und Danev …

      Ich darf nicht daran denken. Um Rave und ihren Bruder hier rauszuholen, muss ich einen kühlen Kopf bewahren und den richtigen Moment abpassen, um eine Fluchtmöglichkeit