Psychotherapie und Psychosomatik. Michael Ermann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Ermann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Медицина
Год издания: 0
isbn: 9783170368026
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Realitätsverkennungen, Beziehungsabbrüche und Verfolgungserlebnisse verweisen auf den regressiven Ichzerfall.

      • Kompensatorische Symptombildung: Dissoziation und Entfremdung sind Notreaktionen gegen unerträgliche Wahrnehmungen der Desintegration. Selbstbeschädigung und Suchtverhalten, perverses und aggressives Agieren sind Versuche, Leerstellen im Selbsterleben aufzufüllen und den Kontakt zu sich zurückzugewinnen. Das Agieren hat außerdem die Funktion, den verlorenen Anderen zurückzugewinnen und wieder unter Kontrolle zu bringen.

      Je stärker die Desintegration, umso vielfältiger werden die klinischen Bilder, d. h. umso umfassender ist die Komorbidität. Sie können von einem Syndrom, das mehr oder weniger auf ein Symptom begrenzt ist (z. B. einem Zwangssyndrom, der Selbstbeschädigung oder einer Depersonalisation) bis hin zu komplexen und vielgestaltigen Krankheitsbildern reichen. Letztere sind typisch für die Borderline-Persönlichkeitsorganisation und werden als Borderline-Syndrom (image Kap. 8.4) bezeichnet.

      Als weitere Folge der Desintegration werden körperliche Prozesse in den Desintegrationsprozess einbezogen. Wie das im Einzelnen geschieht, ist noch nicht genau geklärt. Entscheidend sind wahrscheinlich körperliche Dispositionen, z. B. eine ererbte Bereitschaft zu maladaptiven psychoimmunologischen Reaktionen. Auf diese Weise wird die Desintegration des niederen Strukturniveaus zum bevorzugten psychischen Kofaktor bei der Entstehung von Psychosomatosen. Die Dekompensation wird zumeist durch Verlust- und Trennungserlebnisse ausgelöst, die Verlassenheitsgefühle, Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit hervorrufen und das Sicherheitsgefühl und die Funktionsfähigkeit des Ich bedrohen (image Kap. 12.2.3).

      Ähnlich kann man sich den Einfluss psychischer Krankheitsfaktoren auf die Entstehung von Psychosen vorstellen, die als vornehmlich körperlich begründet betrachtet werden (image Kap. 13).

      Klinische Manifestationen der Borderline-Persönlichkeitsorganisation

      • Persönlichkeitsstörungen

      – Borderline-Persönlichkeitsstörung (image Kap. 8.4)

      – Narzisstische Borderline-Persönlichkeitsstörung (image Kap. 8.3 und image Kap. 8.4)

      – Hysteriforme Borderline-Persönlichkeitsstörung (image Kap. 8.2 und image Kap. 8.4)

      – Schizoide Persönlichkeitsstörung (image Kap. 8.5)

      – Schizotypische Persönlichkeitsstörung (image Kap. 8.6)

      • Komplexe Störungen durch Komorbidität mit anderen Störungen

      – Borderline-Syndrom (image Kap. 8.4)

      – Persönlichkeitsstörungen mit komorbiden Symptomneurosen

      – Perversionen (image Kap. 11.4)

      – Psychosomatosen (image Kap. 12)

      • Verhaltensstörungen, die häufig auf dem niederen Strukturniveau vorkommen

      – Autoaggressives Verhalten (image Kap. 11.3)

      – Essstörungen (image Kap. 11.1)

      – Abhängigkeitsverhalten (image Kap. 11.2)

      • Symptomneurosen, die auch auf niederem Strukturniveau vorkommen können

      – Angststörungen (image Kap. 9.3)

      – Dissoziative Störungen (image Kap. 9.5)

      – Depressive Störungen (image Kap. 9.2)

      – Entfremdungsstörungen (image Kap. 9.6)

      – Konversionsstörungen (image Kap. 10.2)

      – Somatoforme Schmerzstörungen (image Kap. 10.4)

      – Zwangsstörungen (image Kap. 9.4)

      Zwischen psychodynamischer und biologischer Psychiatrie besteht Dissens über die Bedeutung psychogener Faktoren und ihre Beteiligung am Zustandekommen von Psychosen (image Kap. 13.2). Diese Thematik geht über den Rahmen dieses Lehrbuchs hinaus. Hier kann lediglich die phänomenologische Abgrenzung zwischen dem Borderline-Syndrom und schizophrenen Erkrankungen