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Nordafrikas liegt.

      Tétouan ist nicht nur für seine beeindruckende spanisch-maurische Architektur, sondern – ähnlich wie die Königsstadt Fès – auch als Stadt der Künstler und Handwerker bekannt. Der spanische Maler Mariano Bertucci gründete bereits 1945 die Hochschule für Schöne Künste, die seit 1994 Institut der Schönen Künste (Institut National des Beaux-Arts) heißt. Hier lernen Studenten u.a. die Kunst des Comiczeichnens. Seit 2004 ist Tétouan zudem Veranstaltungsort eines internationalen Comicfestivals (Festival International de la Bande Dessinée). Die Kunsthandwerksschule École des Métiers d’Arts im prachtvollen Palast Dar Sanaa zeigt in ihren Ausstellungsräumen die Vielfalt des marokkanischen Kunsthandwerks: Mosaikkunst (Zellij bzw. Zellige), Holzmalerei, Lederbearbeitung und Stickerei aus Tétouan zählen zu den besten und raffiniertesten des Landes.

      Wer länger in Nordmarokko weilt, sollte auch die Umgebung von Tétouan erkunden: Der nächste Sandstrand liegt nur etwa 11 km entfernt in der Nähe des Ferienortes Martil. Entlang der gesamten Mittelmeerküste zwischen Martil und Ceuta, bekannt als Tamuda Bay, entstanden in den letzten Jahren zahlreiche Ferienresorts für den Strandtourismus.

       Geschichte

      3. Jh. v.Chr.: Die Phönizier gründen Tamuda Oppidum, den Vorläufer Tétouans. Die Römer zerstören die Siedlung und richten dort im 2. Jh. ein Militärlager ein. Die Ruinenstätte von Tamuda liegt 5 km südlich von Tétouan.

      10. bis 12. Jh.: Verschiedene arabische Schriftsteller erwähnen eine Siedlung an der Stelle der heutigen Stadt.

      1286: Sultan Abu Youssouf Yacoub al Marini errichtet erstmals eine Kasbah (Festung), die noch heute an gleicher Stelle besteht.

      1307: Die Meriniden bauen oberhalb einer Berbersiedlung die befestigte Stadt Tétouan, um die Rebellen aus dem Rif-Gebirge zu kontrollieren. Wegen ihrer Nähe zum Meer entwickelt sich Tétouan zum Seeräuberstützpunkt.

      1399: Heinrich II. von Kastilien (1379–1406) zerstört die inzwischen als Piratennest berüchtigte Stadt fast vollständig. Die Bewohner werden gefangen genommen, getötet oder vertrieben.

      1492: Nach dem Fall von Granada verlassen viele Muslime und Juden Südspanien. Die andalusischen Flüchtlinge bauen unter Führung von Sidi Ali al Mandri die Stadt mit ihren Befestigungen (Kasbah, Stadtmauern) wieder auf. Es folgt ein wirtschaftlicher Aufschwung.

      16./17. Jh.: Die Stadt erlebt eine Blütezeit als Handelszentrum. Aus Spanien vertriebene Morisken (zum Christentum konvertierte Mauren) kommen nach Tétouan. Die Medina wird erweitert – die heutigen Altstadtviertel gehen auf diese Zeit zurück.

      1860–1862: Die Spanier besetzen Tétouan.

      1913: Die Stadt fällt erneut unter spanische Administration. Bis zur Unabhängigkeit Marokkos im Jahr 1956 ist Tétouan Residenzstadt des spanischen Protektorats in Nordmarokko. Der Nationalist Abdelkhalek Torres (1910–1970) kämpft gegen die spanische Kolonialmacht.

      1956: Ende des französischen Protektorats (seit 1912). Marokko wird unter König Mohamed V. unabhängig.

      1997: Die Medina von Tétouan wird von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

       Orientierung

      Tétouan gliedert sich grob in drei Teile: die Neustadt, das Ensanche-Viertel (das alte Kolonialviertel) und die Medina (arabische Altstadt). Die seit der Unabhängigkeit gewachsene Neustadt (Ville Nouvelle) erstreckt sich östlich und westlich der Medina. Sie wird von der Hauptstraße N 13 Richtung Martil bzw. N 16 Richtung Oued Laou sowie der Av. Hassan II. (am Südrand der Medina) durchzogen.

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      Tétouan zeigt viel andalusischen Einfluss

      Im Gegensatz zu vielen Ecken in Tanger wirkt Tétouan rundum sauber und aufgeräumt – die prächtigen Kolonialgebäude des spanisch geprägten Ensanche-Viertels erstrahlen in frischem Anstrich, die Kulturdenkmäler in der Medina wurden renoviert und mit mehrsprachigen Schildern versehen. Bis auf seltene Ausnahmen bleibt man in Tétouan meistens unbelästigt von aufdringlichen Händlern oder illegalen Stadtführern. Auch allein reisende Frauen fühlen sich in Tétouan mit großer Wahrscheinlichkeit auf Anhieb wohl.

      Verirrt man sich einmal im Gassengewirr der Medina – was Neuankömmlingen zwangsläufig passieren wird –, findet sich immer ein hilfsbereiter Stadtbewohner, der den richtigen Weg weist. Auf jeden Fall sollte man sich darauf einstellen, mit Zeichensprache zu kommunizieren, denn nur wenige Einheimische sprechen französisch oder gar englisch, vor allem in der Medina. Am besten kommt man mit Spanisch über die Runden – ansonsten nur mit Arabisch.

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      Wegen der Nähe zum Rif-Gebirge (Cannabisanbau) kann es durchaus vorkommen, dass junge Touristen von Haschischhändlern angesprochen werden. Vorsicht ist vor allem bei vermeintlich freundschaftlich gemeinten Einladungen von selbst ernannten „Studenten“ geboten.

      Die meisten Touristen, die Tétouan besuchen, kommen aus dem eigenen Land, nur ca. 30% aus dem Ausland, vorwiegend aus Spanien und Frankreich. Tétouan ist bis heute nicht touristisch geprägt, und genau das macht – neben der spanisch-maurischen Architektur – den besonderen Reiz der Stadt aus.

      In der Medina findet man, im Gegensatz zu beispielsweise Marrakesch, keine zu Souvenirmeilen umgewandelten Touristengassen. Hier kann man noch das ursprüngliche Alltagsleben einer arabischen Stadt beobachten: In den Souks verkaufen traditionell gekleidete Rifbäuerinnen Gemüse, um die Ecke drechseln Schreiner Fenstergitter, ein paar Schritte weiter in einer anderen Gasse kann man bergeweise Teekannen und Töpfe erstehen. Die Straße vor dem Centro Cultural Español und dem zugehörigen Cine Español verwandelt sich abends in einen riesigen Kleider- und Schuhmarkt. Und in den Cafés rund um den Place Hassan II. spielen die Männer Würfel- und Kartenspiele.

      Tétouan profitiert zwar vom wachsenden Mittelmeertourismus in der Tamuda Bay zwischen den Städten Martil und Ceuta, aber seine Wirtschaft beruht hauptsächlich auf dem Handel und der Industrie. Vorwiegend werden Textilien, Steine und Ziegel sowie Zement gefertigt. Das Umland wird landwirtschaftlich genutzt, dort wachsen vor allem Olivenbäume für die Olivenölproduktion.

      Die Ville Nouvelle bietet keine besonderen Sehenswürdigkeiten.

      Das Ensanche-Viertel mit spanischer Kolonialarchitektur liegt westlich der Medina, zwischen Place Moulay el Mehdi, Av. Mohamed V. und dem Königspalast. Vor dem Eingang zur Medina, am Place Hassan II., thront der Königspalast (Palais Royal, Dar el Makhzen), den der amtierende König Mohamed VI. mit seiner Gefolgschaft regelmäßig besucht. Vom Place Hassan II. spaziert man durch einen kleinen Torbogen rechts neben dem Königspalast – dem Bab er Rouah („Tor der Winde“) – ins Herz der arabischen Altstadt.

      Die kleine Medina von Tétouan ist eine der schönsten in Marokko und eine der beeindruckendsten in ganz Nordafrika. Seit 1997 gehört sie zum UNESCO-Weltkulturerbe. Sie ist umgeben von einer 5 km langen Stadtmauer mit sieben Toren. In den schmalen Gassen der Altstadt lässt man sich am besten einfach treiben – früher oder später verliert man ohnehin die Orientierung. Hier gilt es, das orientalische Leben, die bunten Märkte, das Stimmengewirr und die fremden Gerüche auf sich wirken zu lassen.