Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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mit Sebastian von dem Schicksal des kleinen Florian erfahren und keine Sekunde gezögert, sich in den Dienst dieser guten Sache zu stellen. Aber ganz still, ohne große Publicity. Lediglich in St. Johann, Engelsbach und Waldkirch wurden Plakate aufgehängt, die auf das Ereignis, das in Sebastians Kirche stattfand, hinwiesen.

      Schnell waren die Eintrittskarten ausverkauft, und als Frank Weilander, begleitet von einem Pianisten, sang, da saß in der ersten Kirchenbank die Frau, die er in St. Johann kennen- und liebengelernt hatte.

      Eine Woche später stand er noch einmal dort. Zusammen mit Christine Salinger, und Pfarrer Trenker traute sie.

      »Es ist schön, daß es noch solche Hilfsbereitschaft gibt«, sagte Daniela.

      »Ja, da weiß man auch genau, daß es sich lohnt, immer wieder dafür zu kämpfen«, stimmte Sebastian zu.

      Sie verabredeten sich für den übernächsten Tag. Als Daniela dann wenig später zu ihrer Pension zurückging, war sie noch ganz in Gedanken und achtete nicht auf den Fahrer des Wagens, der in einiger Entfernung am Straßenrand stand und ihr neugierig hinterher sah.

      *

      Andreas Waldner sprang vom Traktor herunter und streckte sich. Acht Stunden hatte er am Stück auf dem Fahrzeug zugebracht. Jetzt freute er sich auf die erste warme Mahlzeit des Tages.

      Hinter ihm lud Christian Landinger, der Altknecht, den vollgeladenen Hänger ab. Er war nicht weniger lange unterwegs gewesen und hatte die zwei großen Almwiesen abgemäht, die zum Hof gehörten. Gutes Futter für die kargen Wintermonate hatte er mit hergebracht.

      Der junge Bauer half beim Abladen. Andreas hatte den Hof vor drei Jahren geerbt, als sein Vater verstarb. Die Mutter war schon vor mehr als zehn Jahren von ihnen gegangen. Die Bilder der beiden hingen in der großen Diele. Auch sonst erinnerte vieles an die Eltern. Andreas hatte alles so gelassen, wie er es erbte, nur die Wände waren zwischendurch neu gestrichen worden.

      Als die beiden Männer in die Küche kamen, stand schon eine große Schüssel mit Bratkartoffeln auf dem Tisch. Therese Jacobs briet Eier dazu. Die Magd war schon seit mehr als vierzig Jahren auf dem Hof. Als junges Madel hatte sie hier anfgefangen und nie woandershin wechseln wollen.

      Andreas ging an den Kühlschrank und nahm zwei Flaschen Bier heraus. Eine reichte er Christian.

      »Prost. Die haben wir uns verdient!«

      Therese ging in die Speisekammer. Aus einem irdenen Topf fischte sie Gewürzgurken, die sie selber eingelegt hatte. In einem anderen Topf daneben standen Sauerkraut, das aber noch einige Zeit brauchte, ehe es gegessen werden konnte.

      »Morgen müssen wir uns noch das and’re Feld, oben beim Bergwald, vornehmen«, sagte der Bauer, während sie bei Tisch saßen.

      »Und der Zaun beim Hühnerhof muß geflickt werden«, warf die Magd ein. »In der letzten Nacht hat der Marder wieder ein armes Viech geholt.«

      Andreas seufzte.

      »Das mach’ ich am besten gleich nach dem Essen«, antwortete er. »Morgen komm’ ich net dazu.«

      Das gebräuntes Gesicht sah müde aus. Jetzt, im Sommer, war Hochsaison auf dem Bauernhof. Nicht nur die Felder mußten bewirtschaftet werden. Es gab auch vierzig Milchkühe, die versorgt werden wollten, zehn Mastschweine und von den Hühnern und Kaninchen nicht zu sprechen.

      Allerdings gehörte es zu Resl’s Aufgabe, sich um die Tiere zu kümmern. Nur morgens, beim Füttern und Ställe säubern, halfen der Bauer und Knecht mit.

      Auf Andreas wartete indes noch sein kleines Büro. In ein paar Tagen war Monatsende, und sein Steuerberater hatte schon pünktliche Abgabe der Unterlagen angemahnt. Doch dazu mußten sie erst einmal geordnet und vervollständigt werden. Ein Bauernhof war ein wirtschaftlicher Betrieb, und die Büroarbeit dementsprechend aufwendig.

      Magd und Knecht hatten sich schon schlafen gelegt, als der junge Bauer immer noch am Schreibtisch saß. Ungeduldig kramte er in der unteren Schublade und suchte nach einem alten Lieferschein. Dem Steuerberater war aufgefallen, daß der Beleg vom Vorjahr immer noch fehlte. Andreas fand das Papier in einer alten Keksdose, zusammen mit etlichen Zetteln und Umschlägen.

      Wenn ich schon dabei bin, kann ich den Kram ja gleich mal durchsehen, überlegte er und schüttelte den Inhalt der Dose auf den Schreibtisch. Vieles von dem, was er fand, war unwichtig und konnte getrost in den Papierkorb wandern, doch zwischen all den anderen Sachen fand er einen Stapel Briefe, an die er schon lange nicht mehr gedacht hatte.

      Andreas nahm sie in die Hand. Dabei spürte er, wie sein Herz schneller klopfte.

      Danielas Briefe – wie hatte er sie nur vergessen können?

      Er sah die Umschläge durch, das Datum des obersten Briefes war vom vergangenen Herbst. Der junge Bauer nahm das Blatt heraus und las. Daniela teilte ihm darin noch einmal mit, daß sie doch nicht kommen könne. Andreas erinnerte sich an das letzte Telefongespräch, das sie daraufhin geführt hatten. Natürlich war er enttäuscht gewesen, aber er merkte auch, daß es die Lehrerin nicht weniger war. Und natürlich hatte er dafür Verständnis, daß sie ihre kranke Tante nicht alleine lassen wollte.

      Nachdenklich blickte er zum Fenster. Der Tisch, an dem er arbeitete, stand direkt davor. Draußen war es inzwischen dunkel geworden, lediglich die Laterne über dem Eingang zum Stall beleuchtete einen Teil des Hofes.

      Andreas Waldner schloß einen Moment die Augen und erinnerte sich an die Wochen, die er und Daniela zusammen verbracht hatten. Es war das erste Mal, daß er bei einer Frau gespürt hatte, wieviel sie ihm bedeutete. All die anderen vorher – bei ihnen war nie das Gefühl so stark gewesen.

      Einige Male waren sie sich begegnet, ehe sie sich auf dem Tanzabend im Löwen näherkamen. An diesem Abend begann die schönste Zeit seines Lebens. Daniela zeigte ihm, wie sehr sie ihn liebte, und Andreas fühlte sich wie ein anderer Mensch.

      Ach, könnte man die Wochen doch nur zurückholen!

      Wie selbstverständlich hatte die schöne Lehrerin auf dem Hof mit angepackt, und wenn sie zunächst auch nicht viel von Landwirtschaft verstand, so lernte sie schnell und besonders Resl schloß die junge Frau ganz in ihr Herz.

      »Die wär’ schon recht als Bäuerin auf dem Hof«, hatte sie zu Andreas gesagt.

      Der Bauer nickte nur dazu, denn das wußte er selber. Aber es war ja viel komplizierter, als es auf den ersten Blick aussah. Daniela lebte und arbeitete weit entfernt vom Wachnertal. Die Zeit mußte zeigen, ob ihre Liebe Bestand haben würde. Zunächst schien es so, denn die Briefe, die sie sich schrieben, waren voller Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft. Doch dann schlief ihre Beziehung allmählich ein. Die Briefe wurden weniger, und auch die Telefonate. Andreas konnte nicht einmal sagen, bei wem die Schuld daafür lag. Es waren wohl die Umstände, die verhinderten, daß daraus mehr als nur ein Urlaubsflirt wurde.

      Er legte den Briefstapel zurück in die Keksdose und stellte sie wieder in die Schublade. Dann löschte er das Licht und ging müden Schrittes hinauf in seine Kammer.

      Über die Arbeit an der Buchführung war es spät geworden, und wenn auch morgen der Wecker recht früh klingelte, fand Andreas Waldner noch lange keine Ruhe. Schlaflos wälzte er sich in seinem Bett und versuchte, die quälenden Gedanken an seine einstige große Liebe abzuschütteln.

      *

      Mit dem ersten Sonnenstrahl schlug Daniela die Augen auf. Sie war es ohnehin gewohnt früh aufzustehen, und jetzt im Urlaub wollte sie keine Minute länger als nötig im Bett bleiben. Sie sprang auf und lief zum Fenster hinüber. Es ging nach Osten hinaus, und sie konnte sehen, wie die Sonne langsam vollends aufging. Glutrot stand sie am Morgenhimmel und bot einen wunderschönen Ausblick.

      ›Nutze den Tag‹, dieses Motto hatte die junge Lehrerin sich zu eigen gemacht. Sich an wunderbaren Dingen zu freuen, und das Leben mit all seinen Schönheiten zu genießen.

      Nachdem sie eine Weile hinausgeschaut, und ihre Gedanken hatte schweifen lassen, lief sie in das kleine Duschbad und stellte sich unter die Dusche. In ein leichtes Sommerkleid geschlüpft, ging sie wenig später