Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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er hat sich bei mir nach dem Weg erkundigt.«

      »Na, das freut mich aber für Elena und Toni, daß das so schnell mit dem Herrn Urban geklappt hat«, sagte der Geistliche. »Vielleicht haben s’ dann ein bissel mehr Freizeit. Vor allem für Elena würd’ ich’s mir wünschen.«

      Sophie Tappert hatte unterdessen das Dessert aufgetragen, eine Beerengrütze mit Nockerln aus Vanillecreme darauf. Max leckte sich die Lippen.

      »Und der Maria ist wirklich nichts passiert?« vergewisserte Sebastian Trenker sich noch einmal.

      »Net einen Kratzer hat sie abgekriegt«, schüttelte der Polizist den Kopf. »Allerdings hätt’s bös’ ausgeh’n können, wenn der Herr Urban net so umsichtig gefahren wär. Ich hab’ sie ermahnt, künftig besser aufzupassen, wenn sie eine Straße überqueren will.«

      »Na, wenn ich am Nachmittag etwas Zeit find, werd’ ich sie besuchen und mich erkundigen, wie’s ihr geht.«

      Der Bergpfarrer sah auf die Uhr.

      »So, eine Stund’ geh ich noch ins Arbeitzimmer, dann muß ich hinüber nach Waldeck, ins Altenheim.«

      Dort fand einmal in der Woche ein gemütlicher Nachmittag statt, an dem der Seelsorger regelmäßig teilnahm – wenn andere Amtsgeschäfte ihn nicht daran hinderten. Es war eine schöne Pflicht, der er gerne nachkam. Und die alten Menschen freuten sich immer darauf, ihn zu sehen.

      Allerdings ging ihm der Vorfall mit Maria Erbling nicht aus dem Kopf. Sebastian hatte schon um mehrere Ecken erfahren, daß die Witwe sich mit ihrer besten Freundin zerstritten habe.

      Mal seh’n überlegte er, vielleicht gelingt’s mir, die Sache aus der Welt zu schaffen.

      Doch das würde nicht ganz einfach sein, bei diesen zwei Frauen…

      *

      In der Wohnung des Dorfarztes saß man ebenfalls beim Mittagessen. Elena Wiesinger hatte ihren neuen Mitarbeiter in einem der Gästezimmer einquartiert, Jörg Urban genoß sozusagen Familienanschluß.

      Toni, der Mann der Tierärztin, begrüßte Jörg nach seiner Sprechstunde. Seine Praxis befand sich hier im Haus, eine Etage tiefer. Seit einem halben Jahr gab es auch eine Haushälterin. Nachdem die Arbeit immer mehr geworden war, sah Elena sich gezwungen, sie einzustellen. Es war unmöglich geworden, ihren Pflichten als Tierärztin nachzukommen und gleichzeitig den Haushalt zu führen.

      Frau Brandmayr, so hieß die Perle, hatte ein Begrüßungsessen für Jörg Urban gekocht. Zuvor hatte der junge Tierarzt sein Zimmer bezogen.

      »So, auf daß Sie sich bei uns wohl fühlen«, sagte Toni Wiesinger und bot dem Gast ein Glas Wein an.

      Elena richtete ein paar Worte an Jörg.

      »Es wird net immer leicht sein«, meinte sie augenzwinkernd. »Besonders im Umgang mit den Bauern, aber das werden S’ schon selbst noch merken. Ich will Ihnen aber auch keine Angst machen, die Wachnertaler sind eben ein Völkchen für sich, man muß sie nur zu nehmen wissen. Ich selbst hatte zu Anfang auch meine Schwierigkeiten. Also, dann auf gute Zusammenarbeit.«

      Sie prosteten sich zu, dann bat Frau Brandmayr zu Tisch. Dort dampfte schon eine leckere Leberknödelsuppe in der Terrine.

      Während des Essens erzählte Jörg ein bißchen aus seinem Leben. Er stammte aus einem kleinen Dorf in Oberfranken und hatte in München studiert. Seine Eltern lebten beide noch und erfreuten sich des Lebensabend.

      »Tja, und mehr gibt’s eigentlich net zu berichten«, schloß er.

      Er bediente sich noch einmal von dem herzhaften Wildragout, zu dem es Blaukraut und Nudeln gab.

      »Übrignes hab’ ich schon Bekanntschaften geschlossen, hier in St. Johann«, sagte er.

      Elena und Toni sahen ihn erstaunt an.

      »So schnell? Wer ist es denn?«

      »Oh, eine freundliche, ältere Dame. Sie ist mir fast ins Auto gelaufen.«

      »Um Himmels willen!« entfuhr es Elena. »Es ist doch hoffentlich nix passiert?«

      »Nein, nein«, beruhigte Jörg Urban seine Chefin. »Ich hab’ sie später noch nach Haus’ gefahren. Sie war wohl ganz in Gedanken, als sie über die Straße wollte.«

      »Wer war sie denn?« wollte Toni Wiesinger wissen. »Kennen Sie ihren Namen?«

      »Warten S’, Erbling, glaub’ ich. Ja, Maria Erbling heißt die Dame.«

      Elena prustete unwillkürlich los, während ihr Mann eher sauertöpferisch dreinblickte. Jörg sah zwischen ihnen hin und her und verstand überhaupt nicht, was los war.

      »Was ist denn daran so lustig«, fragte der die Tierärztin schließlich.

      »Da haben S’ die Bekanntschaft einer Person gemacht, die mit Vorsicht zu genießen ist«, antwortete der Arzt anstelle seiner Frau. »Maria Erbling ist ein dorfbekanntes Tratschweib, die mit ihren Lügengeschichten schon so manches Unglück heraufbeschworen hat.«

      Der junge Praktikant sah Toni mit Bestürzung an. Tatsächlich hatte Dr. Wiesinger mehr als einmal eine unliebsame Begegnung mit der Witwe gehabt, die es immer wieder darauf anlegte, sich auf Kosten anderer wichtig zu machen. Der Höhepunkt war erreicht, als Maria einem anderen Arzt gegenüber behauptete, von Dr. Wiesinger mit einer obskuren Heilsalbe behandelt worden zu sein, die in Wahrheit vom Brandhuber-Loisl stammte, dem selbsternannten Wunderheiler von St. Johann. Pfarrer Trenker war es zu verdanken, daß die Vorwürfe gegen den Arzt später vor dem Standesgericht aufgeklärt und seine Unschuld bewiesen werden konnte.

      »Also, Sie sollten schon vorsichtig sein, mit dem, was Sie der Frau Erbling gegenüber äußern«, meinte Elena Wiesinger. »Man weiß net, was sie d’raus macht.«

      »Gut zu wissen«, schmunzelte Jörg. »Ich seh’ schon, daß ich noch viel zu lernen hab’.«

      »Wen S’ aber unbedingt kennenlernen müssen, ist unseren Herrn Pfarrer«, lenkte Toni vom ledigen Thema ab. »Der Mann wird Ihnen gefallen, ich hab’ ihm viel zu verdanken.«

      Der junge Arzt erzählte von seiner Anfangszeit in St. Johann. Als er gerade die Praxis des verstorbenen Dorfarztes übernommen hatte, war es nicht leicht für ihn gewesen, hier Fuß zu fassen. Die Leute trauten ihm offentsichtlich nicht zu, trotz seiner Jugend ein gestandener Arzt zu sein. Und damals bedienten sich noch viel mehr der obskuren Heilmittel, die der Brandhuber für ein Heidengeld unter die Leute brachte. Auch hier hatte Sebastian Trenker eingegriffen und sowohl auf der Kanzel, als auch in Gesprächen mit den starrköpfigen Bauern, gegen die Machenschaften des »Wunderheilers« gewettert. Inzwischen war das Wartezimmer in der Arztpraxis immer voll, und die Dörfler brachten Toni ihr Vertrauen entgegen.

      Der Doktor erhob sich.

      »Also, mich müßt ihr jetzt entschuldigen«, sagte er. »Aber die Sprechstunde fängt gleich wieder an.«

      »Und wir werden ein bissel in der Gegend umherfahren«, erklärte Elena. »Damit Sie alles kennenlernen. Außerdem hab’ ich noch einen Patientenbesuch zu machen.«

      *

      Kurze Zeit später saßen sie im Wagen der Tierärztin und fuhren los. Elena erklärte ihrem Begleiter unterwegs die verschiedenen Sehenswürdigkeiten und wies ihn auf diese oder jene Gegebenheit hin.

      »Da drüben geht’s zum Tannenhof«, deutete sie auf einen schmalen Weg, der vor ihnen abzweigte. »Da werden wir auch noch mal hinfahren. Ich hab’ die Herde erst in der letzten Woche geimpft und will mich noch davon überzeugen, daß das Serum angeschlagen hat. Heut’ müssen wir aber zum Wendlerhof hinauf. Gestern morgen ist dort ein Kälbchen geboren, und außerdem ist Hubert erkrankt.«

      Jörg Urban machte ein fragendes Gesicht.

      »Der Bauer?«

      »Nein«, lachte Elena, »ein Zuchtbulle. Der ganze Stolz seines Besitzers.«

      »Ich hätt’ mich