Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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      Sebastian war weit davon entfernt, sich darüber zu ärgern. Mit solchen Unannehmlichkeiten mußte man im Leben immer rechnen. Er zog seine Jacke aus, krempelte die Ärmel hoch und öffnete den Kofferraum.

      Nachdem er zusätzlich das Warndreieck aufgestellt hatte, machte er sich daran, Wagenheber, Radkreuz und Reserverad herauszuholen.

      Natürlich fragte er sich, wie es dazu kommen konnte. Der Wagen wurde regelmäßig zur Inspektion gebracht, allerdings fuhr der gute Hirte von St. Johann ihn nur selten. Am liebsten wanderte er, hatte er in der näheren Umgebung zu tun, benutzte er auch gerne sein Fahrrad und nur, wenn die Strecke gar zu lang war, wurde das Auto aus der Garage geholt.

      Wahrscheinlich hab’ ich mir irgendwo einen Nagel in den Reifen gefahren, dachte er.

      Daß er damit richtig lag, sah Sebastian Trenker wenig später, als er das Rad abnahm und genauer untersuchte. Ein recht dicker Nagel steckte im Mantel.

      Der Geistliche legte das Rad in den Kofferraum und setzte das Reserverad auf. Er war gerade dabei, die Muttern anzuziehen, als neben ihm ein Wagen hielt.

      »Können wir helfen, Hochwürden?« rief Elena Wiesinger aus dem geöffneten Seitenfenster.

      »Dank’ schön«, winkte Sebastian zurück. »Ich hab’s gleich, nur noch festziehen.«

      Die Tierärztin stieg dennoch aus. Jörg Urban folgte ihr.

      Der Seelsorger hatte sich aufgerichtet und nickte ihnen lächelnd zu.

      »Sie sind also der Herr Urban, der uns’re Elena tatkräftig unterstützen will«, sagte er und reichte dem Tierarzt die Hand.

      Jörg versuchte, sein Erstaunen zu verbergen. Daß dieser Mann der Pfarrer von St. Johann war, mochte er auf den ersten Blick gar nicht glauben. Lediglich der Priesterkragen wies ihn als solchen aus. Ansonsten ähnelte der Geistliche eher einem Filmschauspieler, so groß und schlank, wie er war, das markante Gesicht leicht gebräunt und den sympathischen Augen darin.

      »Ich will mir jedenfalls die größte Mühe geben«, lachte der Tierarzt.

      Er schaute sich die Bescherung an.

      »Warten S’, ich mach das eben«, sagte er und hatte Sebastian auch schon den Schraubenschlüssel aus der Hand genommen.

      »Wir woll’n heut abend eine kleine Begrüßungsparty für den Herrn Urban geben«, flüsterte Elena dem Seelsorger zu. »Allerdings weiß er nix davon, es soll ja eine Überraschung sein. Ich hoffe doch, daß Sie auch kommen werden.«

      Sebastian nickte.

      »Natürlich, sehr gern«, antwortete er ebenso leise.

      Jörg hatte die letzte Mutter festgezogen und richtete sich wieder auf.

      »So, Hochwürden, das wär’s«, meinte er. »Ich bin sicher, daß die Schrauben recht fest sitzen, aber vielleicht lassen S’ noch mal überprüfen, wenn S’ den and’ren Reifen zur Reparatur geben.«

      »Dank’ schön, Herr Urban, das werd ich machen.«

      Der Bergpfarrer erkundigte sich, woher sie gerade kamen. In der Richtung lag der Wendlerhof.

      »Richtig«, bestätigte Elena Wiesinger. »In den nächsten Tagen wird einer von uns öfters hochfahren müssen.«

      Sie erzählte von dem erkrankten Zuchtbullen und der Behandlung.

      »Na, dann kann man ja dem Xaver nur wüschen, daß das Mittel anschlägt«, sagte Sebastian und verabschiedete sich.

      »Vielleicht seh’n wir uns bald wieder«, rief Jörg Urban, ehe er in das Auto stieg, in dem Elena schon hinter dem Lenkrad saß.

      Sebastian lächelte.

      »Ganz bestimmt sogar, Herr Urban, recht bald schon.«

      »Was meint er denn damit?« fragte Jörg, als sie losgefahren waren.

      Die Tierärztin schmunzelte.

      »Ach, wohl nix besond’res«, schwindelte sie. »Manchmal denk’ ich, Hochwürden kann hellsehen.«

      »Hellsehen?« wunderte sich ihr Beifahrer. »Das ist für einen Gottesmann aber eher ungewöhnlich…«

      Elena atwortete nicht darauf. In Gedanken war sie schon bei der abendlichen Überraschung von der Jörg noch nichts ahnte.

      *

      Christine und Kathie waren in der Wäschekammer. Während die Magd die kleineren Stücke mit dem Eisen bügelte, saß die Bauerntochter an der Bügelmaschine und hantierte dort mit den großen Laken und Bettbezügen. Das Gespräch der beiden Madln drehte sich um den neuen Tierarzt, der am Nachmittag auf den Hof gekommen war.

      »Fesch schaute er ja aus«, meinte Kathie Wendler. »Aber ehrlich gesagt, ist mir mein Flori lieber.«

      Sie hatte Florian Kreuzner auf dem letzten Tanzabend kennen- und liebengelernt. Der Sohn eines Bauern, dessen Hof in der Nähe von Egelsbach lag, war mit einem Spezi in den Saal des Löwen gekommen. Florian hatte gerade seine Zeit bei der Bundeswehr beendet. Da er der jüngste Sohn war, verpflichtete er sich für vier Jahre. Tobias, der Älteste, unterstützte den Vater auf dem Hof. Später einmal würde er ihn erben, und Florian war ganz dankbar gewesen, daß sich ihm die Möglichkeit geboten hatte, für ein paar Jahre der Heimat den Rücken zu kehren. Lediglich im Urlaub war er nach Hause gekommen, aber auch dann hatte sich das Verhältnis zwischen ihm und Tobias nicht gebessert. Der Hoferbe neidete dem Jüngeren, daß dieser nicht den Landwirtberuf ergreifen mußte, sondern es sich aussuchen konnte, wie sein späterer Lebensweg einmal aussehen sollte.

      Auf dem Tanzabend war ihm Kathie Wendler schnell aufgefallen und nach ein paar Gläsern Sekt waren sie sich schnell nähergekommen. Seither trafen sie sich regelmäßig, und das Madel wartete auf den rechten Augenblick, in dem es Florian seinen Eltern vorstellen konnte.

      Da sie eines Tages den Hof erben solllte, stellte ihr Vater natürlich hohe Ansprüche an einen etwaigen Heiratskandidaten…

      Kathie war sich gewiß, daß ihr Florian diesen Ansprüchen genügen würde. Zwar hatte er den Beruf des Maschinenbauers gelernt, aber da er von einem Bauernhof stammte, beherrschte er dieses Handwerk ebenfalls.

      Christine hingegen hatte einen ganz verklärten Blick, als sie an Jörg Urban dachte. Den ganzen Nachmittag hatte sie an ihn denken müssen, und sie hoffte, daß er bald wieder auf den Hof kommen möge. Glücklicherweise hatte Kathie ihr erzählt, daß der Zuchtbulle regelmäßig behandelt werden müsse, und daß aus diesem Grund jeden zweiten Tag jemand aus der Tierarztpraxis herkommen würde. Natürlich hoffte die Magd, daß es der fesche junge Mann sein möge.

      »Was ist eigentlich mit dir und Franz?« unterbrach die Bauerntochter ihre Gedanken.

      Christine sah irritiert von ihrer Arbeit auf.

      »Was soll da sein? Nix!«

      Kathies Schmunzeln ärgerte sie.

      »Hat er etwa etwas bei dir

      verlauten lassen«, wollte sie wissen.

      Die Bauerstochter zuckte die Schulter.

      »Vielleicht…«

      Die Stirn der hübschen Magd zog sich in Falten. Sie stellte das Bügeleisen auf die Ablage und stemmte die Fäuste in die Hüften.

      »Was hat er gesagt?«

      Kathie merkte, wie ungehalten die Magd war, und biß sich auf die Lippen.

      »Hätt’ ich besser den Mund halten soll’n?«

      »Also?« forderte Christine sie auf.

      »Ja mei, daß er dich halt gern’ hat eben«, antwortete das Madel hinter der Bügelmaschine.

      »Und sonst noch…?«

      »Nix weiter, ehrlich«, sagte Kathie. »Ich hab’ gedacht, ihr zwei seid euch einig, so wie ihr auf dem letzten Tanzabend…«

      »Wie