Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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in einer Senke. Auf den Wiesen standen die Kühe und labten sich an den saftigen Gräsern und würzigen Kräutern. Ein paar von ihnen trugen schwere Glocken um den Hals, deren lauter Klang von den Felsen widerhallte, wenn die Tiere die Köpfe neigten, um das Futter abzuzupfen. Bewacht wurde die Herde von zwei Hütehunden, die auch ein Auge auf die zahlreichen Ziegen hatten, die unbekümmert zwischen den Kühen hin und her sprangen. Robert Feldmann genoß das Idyll, das so ganz anders war, als die Welt aus der er kam.

      Sein Leben war in erster Linie von der Arbeit und geschäftlichem Erfolg bestimmt. Hinzu kamen Empfänge und Einladungen von Geschäftsfreunden und Kunden, geprägt von der Hektik und der Jagd nach Ruhm und Geld.

      Wobei es nicht ganz stimmte – zumindest nicht für Robert. Der zwar beides hatte. Er war als Senkrechtstarter in der Branche berühmt, und der finanzielle Erfolg hatte nicht lange auf sich warten lassen. Allerdings war für ihn Geld nie wirklich wichtig gewesen. Gewiß war es schon beruhigend, ein finanzielles Polster im Rücken zu haben, das einem eine gewisse Unabhängigkeit garantierte, aber Robert protzte nicht damit herum. Er besaß eine kleine Eigentumswohnung, fuhr kein besonders teures Auto, und das meiste Geld gab er für die Eltern aus, denen er ein kleines Häuschen finanzierte.

      Natürlich hatte er auch die andere Seite kennengelernt, die Gesellschaft der jungen und erfolgreichen Leute, die in kürzester Zeit eine Menge Geld verdienten und es genauso schnell wieder mit offenen Händen ausgab. Teure Autos, schicke Villen, exklusive Partys – Robert hatte sich in dieser Welt nie besonders wohl gefühlt, und eigentlich war Melanie Wehmann der Grund, warum er überhaupt dort hingeraten war.

      Die wunderschöne Frau war die Tochter eines Kunden. Robert hatte sich nach Beendigung einer erfolgreichen Werbekampagne, die er für die Wehmann KG entwickelt und durchgeführt hatte, kennengelernt. Für beide schien es Liebe auf den ersten Blick zu sein. Melanie war von dem gutaussehenden und erfolgreichen Werbefachmann fasziniert, und Robert fiel ihrem unglaublichen Charme zum Opfer. Die schönste Zeit ihres Lebens begann, voller glücklicher Zukunftsträume, die dann ein jähes Ende fand.

      Von der Erinnerung überwältigt schlug Robert Feldmann die Hände vor dem Gesicht zusammen und schluchzte unwillkürlich auf. Franzi, die ihn heimlich beobachtete, sah diese Geste und fragte sich, was der junge Mann, in den sie sich verliebt hatte, für ein schweres Los mit sich herumschleppte.

      Die letzten Gäste waren eben gegangen, und als habe er ihren forschenden Blick bemerkt, nahm Robert die Hände herunter und lächelte sie an.

      Doch es war kein freudvolles Lächeln, das ihm gelang. Gequält wirkte es und stimmte das Madel nur noch nachdenklicher.

      »So, jetzt gibt’s gleich was zu essen«, sagte Franzi, um die Verlegenheit des Augenblicks zu überbrücken.

      Zwischendurch hatte sie Robert schon einmal gefragt, ob er Hunger habe und schon essen wolle. Er hatte geantwortet, daß er gerne warten wolle, bis sie und ihr Onkel ebenfalls dazu Zeit fanden.

      Der alte Senner trat aus der Hütte, in den Händen Schüsseln, aus denen es dampfte. Franzi sprang hinzu und nahm sie ihm ab. Nachdem auch Salat und Getränke aufgetischt waren, setzten sie sich zu Robert Feldmann und ließen es sich schmecken. Der junge Mann kam nicht umhin, die Kochkunst des Thurecker-Franzls zu bewundern und ließ sich schwärmerisch über das Essen aus. Der Alte freute sich über das Lob und forderte den Gast auf, nochmals zuzugreifen.

      »Wenn S’ Lust haben, zeig’ ich Ihnen nachher gern’ noch die Käserei«, bot Franz an, nachdem er sich noch einmal nach dem Befinden von Roberts Fuß erkundigt hatte.

      Der Werbefachmann versicherte, daß er keinerlei Schmerz mehr verspürte und versprach, dennoch dem Rat des Senners zu folgen und den Fuß in den nächsten Tagen nicht zu sehr zu strapazieren.

      Daß ihn die Kunst des Käsemachens interessierte, tat er ebenfalls kund, und nach dem Essen marschierten sie zu dritt in die Hütte. Natürlich wußte Robert, wie Käse gemacht wurde, doch die kleinen Kniffe, die Franz Thurecker im Laufe der Jahre herausgefunden hatte, um seinen Käse noch besser zu machen, konnte er natürlich nicht kennen. Sie probierten von diesem und jenem Laib, und Robert lernte die verschiedenen Reifestadien kennen. Besonders gut schmeckte ihm ein acht Monate alter Bergkäse, der in Würze und Geschmack dem berühmten Parmesankäse aus Italien in nichts nachstand. Aber auch der, von frischen Kräutern beinahe grüne Frischkäse fand seine Bewunderung.

      Später saßen sie wieder draußen vor der Hütte, und als Franzi schließlich zum Aufbruch mahnte, war Robert erstaunt, wie schnell die Zeit vergangen war.

      »Kommen S’ gern’ wieder«, lud Franz Thurecker ihn beim Abschied ein.

      Der junge Mann bedankte sich noch einmal für die Hilfe und die schönen Stunden, die er auf der Kandereralm verbringen durfte, und versprach, bestimmt nicht das letzte Mal oben gewesen zu sein.

      Daß er das auch in Hinsicht auf das hübsche Madel sagte, war ihm in diesem Moment gar nicht so bewußt…

      *

      Auf der Fahrt, hinunter ins Tal, saß Robert stumm neben Franzi. Das junge Madel lenkte den Wagen den Wirtschaftweg hinunter, und mit jedem Meter, den sie sich dem Dorf näherten, bedauerte es, daß es sich schon bald von dem Mann an seiner Seite trennen mußte. Für Franzi stand fest, daß sie sich in Robert Feldmann verliebt hatte. Nie zuvor war ihr junges Herz in solch eine Aufregung versetzt worden, und sie überlegte hin und her, wie sie es anstellen sollte, sich mit ihm zu verabreden.

      »Was macht der Fuß?« fragte sie schließlich, um überhaupt etwas zu sagen und das Schweigen zu unterbrechen.

      Er sah sie von der Seite her an und lächelte.

      »Wunderbar geht’s ihm«, erwiderte er. »Ich merk’ nix mehr davon, daß er überhaupt verletzt war. Ihr Onkel sollte sich die Salbe patentieren lassen.«

      »Und Sie übernehmen die Werbekampagne, was?« lachte sie.

      »Warum net?« stimmte er ein. »Ich seh’s schon richtig vor mir: ›Onkel Franz’ Wundersalbe, nach jahrhundertealtem Rezept. Garantiert chemiefrei!‹ – so müßt’s eigentlich bei den Leuten ankommen.«

      So und ähnlich spannen sie die Idee fröhlich weiter und merkten gar nicht, daß sie längst vor dem Hotel angekommen waren.

      »Tja, ich glaub’, ich muß mich verabschieden«, sagte Robert endlich.

      Franzi nickte, und er konnte deutlich das Bedauern sehen, das ihr ins Gesicht geschrieben stand.

      »Darf ich mich morgen erkundigen, wie es Ihrem Fuß geht…?« fragte das Madel.

      »Ich würd’ mich sehr darüber freu’n«, gestand er und reichte ihr die Hand.

      Für einen Moment sah es so aus, als wolle er sie an sich ziehen und küssen, doch dann ließ er sie los und öffnete die Wagentür.

      »Vielen Dank, für alles«, rief er ihr zu und ging ins Hotel hinein.

      Franzi Burger blieb sitzen und sah ihm nach, bis er verschwunden war. Dann startete sie seufzend den Motor und fuhr zur Hütte ihres Onkels zurück.

      Robert Feldmann trat durch die Drehtür in die kleine Halle. Sepp Reisinger stand hinter der Rezeption und händigte ihm den Zimmerschlüssel aus.

      »Hatten S’ etwa einen Unfall?« erkundigte er sich teilnahmsvoll, als er das Pflaster auf Roberts Stirn sah, das Franzi am Morgen dorthin geklebt hatte.

      Der junge Mann berichtete, was ihm widerfahren war und wer ihm Erste Hilfe geleistet hatte.

      »Durch ein bissel Glück im Unglück hab’ ich sehr nette Menschen kennengelernt.«

      Er beugte sich vor. Schon auf der Herfahrt hatte er darüber nachgedacht, wie er sich bei dem Madel erkenntlich zeigen sollte. Natürlich konnte es ein schöner Blumenstrauß sein, aber der erschien ihm zu banal. Außerdem – die schönsten Blumen hatte Franzi oben, vor der Hütte auf den Wiesen stehen.

      Der freundliche Gastwirt brauchte indes nicht lange zu überlegen, als Robert ihn um Rat fragte.

      »Also,