Ziel sollte immer sein, gemeinsame Reflexionen zu erleben, um eine erweiterte und differenzierte Sichtweise zu ermöglichen. Die Gruppenmitglieder geben unbewusst wichtige Impulse für jeden Einzelnen. Diese inspirierende Saat regt automatisch Gedanken an, welche im Nachgang den Erkenntnisgewinn auslösen oder beschleunigen. Aus Führungssicht bietet sich eine einfache Intervention an. Erkennen Sie Potenziale in Meetings, dann lohnen sich einfache Reflexions-Fragen, wie „Was ist hier gerade passiert?“, um das Wahrnehmen des Geschehenen zu fördern und Schlüsse daraus zu ziehen. Reflexion ist relativ einfach, sie muss nur manchmal moderierend angestoßen werden.
Retrospektive. Im SCRUM ist es ein festes Element, nach einem Prozess in die Retrospektive zu gehen. Die Beteiligten blicken zurück und stellen sich Fragen zu ihren Arbeitsprozessen. Mit diesen Reflexionsfragen wird der Prozessablauf Schritt für Schritt verfeinert. Dadurch sinkt das Risiko, bestehende Abläufe beizubehalten, obwohl diese schon lange nicht mehr auf das Team, den Markt oder den Kunden passen. Die rückblickende Reflexion ist ein wertvolles Hilfsmittel und lässt sich einfach umsetzen − für Prozesse und Abläufe jeder Art. Die Anordnung der Kacheln in der Abbildung steht symbolhaft für ein STOP und PLAY Button.
Reflexion
Was bedeutet positive Kraft bezogen auf Haltung?
Wenn wir auf die wesentlichen Entwicklungsebenen von Permantier blicken, dann wird uns klar: Wertschätzende Organisationsentwicklung = Haltungsentwicklung. Eine menschengerecht ausgeprägte Haltung einzunehmen fördert die zwischenmenschlichen Beziehungen in Organisationen. Das Anerkennen von Unterschiedlichkeit, verbunden mit einer offenen Neugier, vermindert das Konfliktpotenzial − nicht nur gegenüber anderen, sondern auch in uns selbst. Wir erreichen mehr Ruhe und Zufriedenheit und dieser positive Kern strahlt nach außen, wo er wiederum andere beflügeln kann.
Was bedeutet Komplexitätsbewusstsein bezogen Haltung?
Durch die Einnahme von multiplen Perspektiven erhalten wir eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten für Probleme oder Herausforderungen. Komplexität in Prozessen, auch in Menschen, erkennen wir an, anstatt sie zu unterdrücken. Wir verstehen, dass nicht nur eine Wahrheit existiert, sondern verinnerlichen konstruktivistische Weltanschauungen. Das Ablegen gewohnter Bewertungsmuster aktiviert demokratische Prozesse und steigert deren Wirksamkeit. Einzelne Perspektiven werden nicht mehr unterdrückt, sondern gemeinschaftlich anerkannt und berücksichtigt. Einmal verinnerlicht, beziehen wir ganz automatisch die Werte und Wünsche unserer Kollegen und Mitarbeiter in den Organisationsalltag mit ein. Das schafft ein wertvolleres und glücklicheres Miteinander.
Was bedeutet experimentelle Erkundung bezogen auf Haltung?
Einer reflexiven und humanistischen Haltung kann reine Neugier entspringen − das Wissen-Wollen, was andere bewegt. Zudem wird uns klar, dass nur wir selbst unserem Denken und Handeln einen Sinn geben können. Dieses konstruktivistische Weltbild erleichtert es uns, mit anderen Meinungen in den Dialog zu treten. Wir sind eher bereit, Umwege in Kauf zu nehmen, zum Wohle einer höheren und ganzheitlichen Erkenntnis. Somit werden wir zu Forschern − für uns selbst und die gesamte Organisation.
Reflexionsfragen
Welche Haltungen liegen meinem Handeln zugrunde?
Welche Kultur wird in meiner Organisation gelebt?
Wurde bei uns jemals über Kultur gesprochen?
Welche Haltung liegt unserer Führung zugrunde?
Was ist mir wichtig? => Was ist ihm/ihr wichtig? => Was ist uns wichtig?
Was für Gedanken kommen mir, wenn ich eine Haltungsbeschreibung lese?
Im Alltag: Was war mein wirklich erster Gedanke zu dieser Situation und was verbirgt sich dahinter?
THOMAS ENGEL
Principal Key Expert Research Scientist bei Siemens und Inhaber der Innovationsberatung ennovare
Hallo Thomas! Was macht deine Arbeit bedeutsam?
TE: Ich habe keine Grenzen. Ich darf eigentlich sowohl in meiner eigenen Firma wie auch bei Siemens extrem frei arbeiten. Das heißt, wenn mir neue Ideen kommen, ich etwas besser machen will, kann ich es ausprobieren und umsetzen. Ich muss das auch nicht wirklich abstimmen. Ich glaube, das sind die beiden Sachen, die bei Menschen meistens ziehen: etwas machen dürfen, was einem Spaß macht und bei dem man auch dahintersteht. Ein Selbstläufer wird es, wenn man dann auch dafür wertgeschätzt wird durch das, was über andere zurückkommt.
Du bist einerseits Experte aber auch Prozessberater. Kann man Expertenwissen mit Prozessberatung gut verknüpfen?
TE: Wenn man Beratung macht, muss man den Experten stark im Zaum halten. Gute Fragen sind immer gut. Aber man darf − wenn überhaupt − nicht zu früh mit einer Lösung kommen. Mir hilft mein Wissen meistens aber, um „provokante“ Thesen oder unbequeme Fragestellungen in den Raum zu werfen. Man muss aufpassen, dass man anderen nichts überstülpt. Da gibt es immer ein bisschen die Gefahr, dass vorgestellte Lösungen zu vorschnell adaptiert werden. Gerade in Bezug auf Nachhaltigkeit hilft es, weit über den Tellerrand blicken zu können. Manchmal geht es aber auch darum, den Leuten bei Detail-Problemen zu helfen, bei denen der Experte dann wieder hilft.
Eine herrschende These, die am MIT unterrichtet wird, ist, dass man in der Komplexität eigentlich keine Lösungen anbieten kann, sondern nur einen Lösungsprozess. Spielt das Thema Komplexität in deiner Beratungstätigkeit eine Rolle?
TE: Ich möchte nicht „das Orakel“ sein: Man ruft an, schildert ein Problem und es kommt die Antwort und dann die Rechnung. Ich glaube, das bekommt man nicht hin, weil die Probleme und Fragestellungen zu divers sind. Der Kunde erzählt ja sowieso nur das, was er selbst vom Problem sieht. Liebend gerne möchte ich die Komplexität des Themas verstehen. Aber das ist erst möglich, wenn man vor Ort ist und die Themen mit eigenen Augen und Ohren erfassen kann. Von daher ist Komplexität ein Problem. Die Kunden kommen nicht mit einfachen Fragen. Sie kommen oft erst, wenn aus vielschichtigen Fragen ein Problem geworden ist. Das heißt also, die Komplexität beherrscht das Feld. Meine Leistung ist meist, den Leuten entsprechende Fragen zu stellen, um gemeinsam anhand dieser Fragen in Richtung der Antwort zu gehen. Es ist wirklich eher das Prozessuale, was du angesprochen hast. Einstein hat einen sehr schönen Satz geprägt, und den finde ich auch sehr wahr: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Das beschreibt ja auch dieses Über-den-Tellerrand-Denken, es braucht eine zusätzliche Dimension.
Fällt dir ein praktisches Beispiel aus deiner Arbeitswelt ein, das den Gedanken visualisieren kann?
TE: Da ging es mal um ein Drehgelenk mit einer pneumatisch betriebenen Rasteinheit zum Feststellen. Da waren die Ausfall- und Rücklaufquoten sehr hoch. Das ist für einen Fertigungsleiter eine Vollkatastrophe. Das Problem lag in der Dichtungsmembran. Ein