Traumprotokolle. Christof Wackernagel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christof Wackernagel
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783866747821
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gehen noch einen Kaffe trinken, und dann müssen die beiden weiter, während die anderen in eine Bibliothek wollen, ich aber plötzlich wahnsinnig dolle scheißen muss, schon denke, dass es hier in Afrika ja nur dreckige stinkende Löcher gibt, aber mir ist das egal, wenn ich nur schnell eins finde, aber dann gibt es tatsächlich am Rande der Vorhalle dieser Bibliothek, die wie ein großes Hotel ist, ganz normale Klos mit normalen Türen über denen bei einem auch ein Männchen gezeichnet ist, ich gehe rein und da sind wieder viele Türen zu den eigentlichen Scheißräumen, aber die verengen sich immer mehr zur Wand, bis zu einer nicht mehr durchquerbaren Lücke, hinter der das Fenster ist und ich denke schon, dass ich hier nicht mehr rauskomme, es ist wie in diesen Träumen manchmal, nur jetzt in Realität, und auch die Türen zu den Klos sind so dicht, aber man kann sie aufschieben, ich will sie aber nicht mehr zumachen, weil ich Angst habe, dass wenn ich drin bin, ich vielleicht nicht mehr rauskomme und mich wie in den Träumen ganz heftig konzentrieren muss, um wieder wegzukommen, aber dann kommt der Besitzer, ein gemütlicher, Vertrauen erweckender Typ mit einem Polizisten und zeigt mir, dass man die aufgeschobene Tür tatsächlich offen lassen, aber einen Vorhang, der auch oben offen bleibt, zuschieben kann, so dass man in Ruhe scheißen kann, woraufhin er freundlich lächelnd wieder geht und der Polizist, der eine schnieke Uniform anhat, auch dick, gemütlich und Vertrauen erweckend ist, sich noch seine Kappe aufsetzt, mich nochmal nett ansieht, bevor er abdampft – wobei ich denke, dass das alles so scharf und genau zu sehen ist, dass es kein Traum sein kann, beziehungsweise man mal wieder sehen kann, wie genau ein Traum sein kann, aber als ich dann alleine bin und endlich in Ruhe scheißen will, schaut ein kleiner Junge zum Fenster rein und sagt: »ach, das ist doch so schön, wenn man jeden Tag in Ruhe scheißen kann« und ich sage ja: »stengeln«, woraufhin der kleine Junge sagt: »ja, jeden Tag ein Weihnachtsbaum fällt« und ich mir vorstelle wie es aus einer schwanzartiges Kerze spritzt, Sperma rausläuft –

      – eine neue Drucktechnik, bei der man das Ergebnis, wenn man es genau anguckt, dreidimensional sehen kann, sogar mit ein bisschen Geschichte, Verlauf der jüngsten Vergangenheit, wobei der Druck etwas wolkig aussieht, aber man muss genau hinsehen und dann wird es klar und deutlich • lauter kleine Päckchen und Tüten, also in Tüten verpackte Päckchen von Lizenzen und Kommunikationsgenehmigungen, Einteilungen, wann und wie viel man miteinander zu tun hat, wobei man den Zeitpunkt allerdings selber bestimmen kann, über den man sich auch gegenseitig informiert, und gerade ist jemand gekommen, der ein Päckchen mitgebracht hat, das wir verteilen, also jedem seinen Anteil von den Päckchen geben, also von den Tütchen, in denen drinsteht, mit wem man wann weiterredet, und es war dann keine Überraschung mehr, dass eine größere Sache aufgeteilt wurde; es sind viele kleine, verschiedenfarbige, aber gleich große und mit der gleichen Menge des Inhalts versehene beziehungsweise gefüllte Tütchen – in Puddingtütenform –, die in oben offenen Kartons verpackt sind und daraus verteilt werden • auf Seite zweihundertundirgendwas ist rechts oben in der dritten Spalte ein Block zerfetzt und in der Zeile danach ein Wort nur halb • ich beherrsche ein neues Übertragungssystem, das durch Gedanken ausgelöst oder ausgeführt wird und nicht über den Rechner, aber dann fehlen teilweise zwischen den Absätzen beziehungsweise Abschnitten, also jeweils neuen Nächten, die Trennstriche • ich gehe am See, Meer oder Fluss entlang und komme zu einer Luxusferienhotelanlage, frage mich noch kurz, ob es dieses einzige hohe hellrotbraune Hotel ist, das man von überall sieht, merke aber gleich, dass es das nicht ist, sondern nur unten rum so aussieht, und im unteren Eingangsbereich – das ganze Ding beginnt erst im ersten Stock und steht auf Stelzen – ist ein Juweliergeschäft, das gerade jemand betritt, was wieder mal ein Beweis dafür ist, wie viel Geld in diesem angeblich so armen Land in Umlauf ist, was einem keiner glaubt, aber dann gehe ich eine ganz steile Treppe hoch, eine sehr enge, quadratische, und stelle oben fest, dass es gar nicht rausgeht {wo ich sonntags in das offene Büro kam, in dem niemand war, aber man die Geräte benutzen durfte}, stelle dann aber fest, dass es doch rausgeht, und bin dann in einem Kleinbus, einem viereckigen, schmalen Ding, das haargenau in den Gang passt, durch den es fährt, außerdem fährt diese Kiste seitlich, nicht vorwärts, und es gibt tatsächlich auch hier eine Tür, die ich bitte aufzumachen, aber es wird eine andere Tür aufgemacht und ich komme raus und es laufen zwei Straßen am Fluss Niger schräg seitlich zusammen, auf denen viel Verkehr ist, was wieder mal eine Bestätigung dafür ist, was für einen Luxus es hier gibt in Afrika, und wie sie wohnen, die Weißen, aber ich komme dann in ein Büro von drei weißen Männern, durch das ich auf die Straße gehen kann, wo ich aber zum Abschied frage, ob ich ein Papier haben kann, um mir Notizen zu machen, wozu der eine ganz entschieden sagt: »also das gibt es hier nicht!«, aber ein anderer gibt mir heimlich einen kleinen Zettel mit, auf dem, wie ich draußen lesen kann, zwar handschriftlich, aber gedruckt, steht: »Alles für die Rechnung«, es ist also ein Rechnungsprüfungsbüro, und dann bekomme ich Putzzeug von einer Frau, lauter kleine Tütchen mit Putzpulver, das zum Teil auch Knut gehört, und ich überlege, ob ich jetzt schon anfangen soll zu putzen, gleich • ich erfahre, dass ich sofort zum Arzt muss, weil meine Diät dringend zurückgewiesen wird, das heißt, ich bin irgendwie krank und in dem Ständer mit den CDs mit den Programmen ist oben drauf eine CD mit den Rezepten, zwei sortiere ich schon in meine Schublade rein, aber Assa fragt lachend, ob ich die wirklich nehmen will, und die Medikamente liegen in einem glänzend bedruckten A5-Umschlag aus Karton • drei Arbeiter reißen den letzten Baum am Steinbruch oben ab • eine Maus läuft quer durch den Salon, ist schon unten durch und zum anderen zurück – ich springe in Zeitlupe von einem sehr hohen Schrank runter und ein Kleiderbügel segelt in Zeitlupe vom Schrank runter, ich mache alles in Zeitlupe • ich komme in einen Kollektivbetrieb und rede erstmal mit den Leuten, dann geht aber einer von denen weg, um etwas für meinen Rechner zu kaufen, weil der mir aus der Hand gerutscht ist und unten ein wenig angestoßen, wodurch vielleicht etwas kaputt gegangen sein könnte, da klingelt das Telefon, ich geh dran und jemand will den Typen sprechen, der eben gegangen ist, weswegen ich sage: »nee, der ist nicht da«, woraufhin der Anrufer sagt: »ja, da muss aber endlich mal geklärt werden, wann genau die Zeiten sind, an denen jemand da ist, das geht so nicht«, und ich sage: »ja, ich werd’s ausrichten« und frage, wer am Apparat ist, er sagt seinen Namen, und ich sage: »ja, ich glaube, ich weiß, wer Sie sind«, woraufhin er im Brustton der Wichtigkeit sagt: »ja, ich bin Schriftsteller«, was er so betont, als müsste man gleich vor Ehrfurcht erstarren, aber ich sage auch brav: »ich glaube, ich habe den Namen schon gehört«, woraufhin er sofort sagt: »ja, ich bin ein sehr bekannter Schriftsteller!«, woraufhin ich auflege und es den anderen erzähle, die inzwischen wieder da sind und sich totlachen über den und lästern, was für ein arroganter Typ das ist, und der Typ, der mit mir geredet hat, erzählt, dass sie alle so froh waren, als der endlich weg war – er war morgens dagewesen –, weil das so anstrengend gewesen war und er dann mit mir reden konnte, und dann kommt der wieder, der was für meinen Rechner geholt hat, und bringt eine angeblich ganz moderne Mauskonstruktion, die aber ein ziemlich großes mechanisches Ding mit drei Drucktasten ist, das man irgendwie auf den Rechner draufpacken kann, das mir aber viel zu teuer ist, dann ist auch Klaus Kahmann da, und die beiden unterhalten sich über dieses neue Gerät, wie man das anschließen kann und dass es im Grunde völlig überflüssig ist, und dann sitzen wir in diesem Kollektivbetrieb, der Nautilus sein könnte oder eine dazugehörige Druckerei, an einem großen Tisch, wir sind ja gekommen, um ein Buch zu besprechen, das wir dort rausbringen wollen, ich sitze ganz hoch am Tisch, die anderen vier aber schräg unter mir in einem Karton, dessen obere Klappen nach innen geschlagen sind, so dass nur ein kleiner Spalt offen bleibt, und ich höre, wie sie über mich reden, auch über die RAF und ich ärgere mich sowieso schon ein bisschen, dann kommt aber auch noch ein Kind, ein kleiner fetter Junge, und sagt {über mich}: »und dann fing er an mit Hitler«, so als ob ich irgendwie Sympathien mit Hitler {gehabt} hätte, und ich bin ziemlich sauer und frage: »was soll das?«, woraufhin die anderen abwiegeln und sagen: »das kommt darauf an, wie es gemeint ist«, aber das akzeptiere ich nicht und sage: »nein, da will ich Frage und Antwort sehen, also was angeblich gefragt wurde, um darüber reden zu können«, aber es wird weiter von allen Seiten abgewiegelt, und dann treffe ich Heiner am Rande einer Veranstaltung, wir reden über die »Weiße Rose« und über die Frage, dass behauptet wurde, es habe die Möglichkeit gegeben, Hitler sofort umzubringen, und dass sie das eben nicht gemacht haben aus politischen oder moralischen Rücksichten, oder um es später zu machen, und ich sage: »dadurch war es irgendwie zu spät