... denn alles ist Vorherbestimmt. Elisabeth Schmitz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elisabeth Schmitz
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783967526776
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es gibt Marmorkuchen. Den mochtest du doch auch immer so gerne.« Sie hielt den Teller mit dem Kuchen in Richtung der Orchidee. Marie versuchte, ob sie den Kuchen berühren konnte, aber es ging nicht. Sie setzte sich auf die Bettkante und schaute Tina beim Essen zu.

      Martha meinte, dass sie mal nach ihrem Mann sehen wolle und war auch schon weg. Was hatte Peter mit Tina gemacht? Das wollte sie nun rausfinden.

      Ach Tina, ich wusste doch, dass etwas nicht stimmt, dachte Marie. Niemals hätte ihre beste Freundin einen selbst gemachten Kranz so achtlos fort geworfen.

      Das Tablett wurde wieder abgeholt, und Tina war wieder alleine. Jedenfalls dachte sie das. Sie hob das Oberbett etwas an und schaute an sich herunter. So ein Nachthemd! Sie wollte nun noch mehr als vorher wieder nach Hause. Es klopfte an die Tür, und eine Schwester kam mit einer Tüte herein. Sie lächelte fröhlich und meinte, dass sie was eingekauft hätte und so sehr hoffen würde, dass es das Richtige wäre.

      Tina öffnete die Plastiktüte und holte zwei Nachthemde hervor, einen Jogginganzug und Unterwäsche. Dann war noch in einer kleineren Tüte Zahnbürste, Seife, Haarshampoo und Zahnpasta. Sie hätte ja lieber Schlafanzüge gehabt, aber besser als dieses Totenhemd war es allemal.

      An dem Jogginganzug hing ein rotes Schild.

      Sonderangebot. 29.90 Euro. Na ja, aber besser als nichts. Sie wollte auch nicht undankbar sein.

      »Wie viel Geld bekommen Sie nun von mir?«, frage Tina. Die Schwester winkte ab.

      »Ist alles schon bezahlt. Dr. Bergheim hat mir das Geld mitgegeben. Gefällt es Ihnen denn?«

      »Ja«, meinte Tina, »es ist ganz wunderbar. Können Sie mir helfen, dass ich dieses scheußliche Zeug ausbekomme?«

      »Ja, natürlich«. Sofort machte das Mädel sich daran, die Schleife des OP-Hemdes aufzumachen.

      »Woher wussten Sie denn meine Größe?«, fragte Tina. Die Schwester freute sich ganz offensichtlich.

      »Die hat mir Dr. Bergheim gesagt. Er meinte, das könnte wohl stimmen.« Alles passte perfekt. Tina lächelte.

      »Das haben Sie ganz toll eingekauft. Vielen herzlichen Dank. Und alles war so günstig!«

      Sie öffnete ihre Geldbörse und gab dem jungen Mädchen fünf Euro. Sie wollte sie zunächst nicht annehmen, aber Tina bestand darauf. Das war ihr die Sache ganz bestimmt wert.

      Wenn auch nicht alles ihrem Geschmack entsprach, so war es doch im Moment die schönste Kleidung der Welt. Ob sie ihm auch wohl gefallen würde?

      Lächelnd schaute Tina an die Decke. Marie rümpfte die Nase. Was hat die denn?, dachte sie. Noch immer lächelnd legte sich Tina in die Kissen zurück und schlief ein. Marie konnte gar nicht verstehen, dass sich ihre Freundin über diese Klamotten so sehr freuen konnte. Sie waren schrecklich! Nun ja, von einem Dr. Bergheim wusste sie ja auch nichts.

      Marie ging hinaus auf den Flur und schaute nach, wo denn wohl ihre Freundin abgeblieben war.

      Sie ging in den nächsten Flur und entdeckte dort eine Tür mit dem Schild »Dr. Weber. Chefarzt. Neurologie.«

      Ja, das musste er sein.

      Als Marie eintrat, da sah sie, dass Martha in einem sehr bequemen Sessel Platz genommen hatte. Ihr Lichtschatten spiegelte sich im Leder des Sessels wider.

      Sie war damit beschäftigt, ihr Foto anzustarren. Ihr Mann war offensichtlich nicht da.

      »Was tust du da?«, fragte Marie.

      »Sei still. Ich muss das Foto umkippen. Ich muss ihn dazu bringen, die ganze Geschichte zu erzählen. Was ist hier denn bloß passiert? Wenn er das Foto anfasst, wird er vielleicht was sagen.« Sie setzte ihre ganze Energie ein, aber es wollte nicht klappen.

      »Ich mache mit«, sagte Marie.

      »Bei drei versuchen wir es. Eins, zwei, drei.«

      Und tatsächlich fiel der schwere Fotorahmen mit ihrem Bild um. Es dauerte eine ganze Weile, bis Peter sein Zimmer wieder aufsuchte. Sofort sah er, dass das Bild umgefallen war.

      »Wer war denn an meinem Schreibtisch?« Er schaute nach, ob etwas angerührt wurde, aber alles war wie vorher. Er stellte das Bild wieder an seinen Platz.

      »Mensch Peter, nimm es wieder hoch. Erzähle mir, was hier los ist. Was ist mit Tina passiert? Was hast du mit ihrem Fuß zu tun. Rede!«

      Peter schaute auf das Foto seiner verstorbenen Frau.

      »Ach Martha«, sagte er, »was ist aus mir geworden? Ich kann nicht mehr operieren, ich verletze eine Frau auf dem Friedhof und bin ruppig zu meinen Leuten und am meisten zu mir selber. Gut, dass es Andreas noch gibt. Er steht mir zur Seite, wenn es nicht mehr geht. Ich glaube, ich gebe meinen Beruf auf und ziehe nach Spanien. In das kleine Dorf, wo wir waren, nachdem wir geheiratet hatten.«

      Martha saß da und konnte nichts sagen. Sie hatte geglaubt, dass ohne sie alles so weiter gehen würde wie mit ihr.

      Aber dieses war offensichtlich nicht der Fall. Sie musste es wieder hinbekommen und würde alles tun, was in ihrer Macht stand, damit ihr Mann wieder operieren würde. Er kann so viele Menschen retten, dachte sie.

      Sie teilte Marie ihren Entschluss mit, und dann machten die beiden sich wieder auf den Weg zu Tina.

      Als sie in das schöne Zimmer ankamen, das mehr einem Hotel glich als einem Krankenzimmer, saß an Tinas Bett ein Arzt. »Andy«, sagte Martha, »schau Marie, das ist Andy. Er ist der allerbeste Freund von Peter und mir. Er hat das Herz auf dem rechten Fleck.« Marie sah zu Tina hinüber und sah das Leuchten in ihren Augen.

      »Hupps«, sagte sie, »da hat sich aber jemand ein bisschen verliebt. Ich kenne Tina. Die lässt den nicht los. Wenn sie schon so schaut, dann weiß ich, wie es weiter geht.« Martha lachte laut los.

      »Ja, er ist ein toller Mann. Aber er ist stockschwul. Er hat auch eine Beziehung, aber das ist nicht mein Fall. Der betrügt Andy nach Strich und Faden, und mein guter Freund merkt es nicht einmal. Ist schon schade, den hätte ich deiner Tina wirklich gegönnt.«

      Tina bedankte sich für die Sachen, die er ihr schicken ließ. Sie wäre ihm für alles dankbar, sagte sie und möchte ihm das Geld dafür gerne zurückgeben.

      »Nein, nein, Sie denken falsch«, meinte Andy.

      »Die Sachen hat Dr. Weber bezahlt. Und das ist auch recht so. Er ist ja schuld an Ihrer Misere. Sie sagten mir, dass Sie gerne die Kleidung Ihrer verstorbenen Freundin gehabt hätten.

      Würden Sie auch etwas von meiner besten, verstorbenen Freundin tragen? Ich hatte nämlich die Idee, dass Peter Ihnen etwas zum Anziehen von seiner Frau bringt. Sie war wirklich eine Seelenverwandte von mir, und ich konnte alles mit ihr bereden. Er könnte Ihnen die Sachen leihweise überlassen. Es hängen die schönsten Kleidungsstücke noch immer im Schrank und teilweise sind sie noch neu. Hätten Sie damit ein Problem? Der Jogginganzug da gefällt mir nicht.«

      Martha und Marie schrien los.

      »Ja, das ist die beste Idee! Mensch Tina, sag Ja. Sag doch bitte Ja.

      Martha ist so eine liebe Frau. Du kannst den Jogginganzug bedenkenlos nehmen. Nimm ihn!«, schrien beide, so laut sie konnten.

      Tina schaute ihren Chirurgen lange an. Sie wollte nichts von dieser toten Frau, und sie wollte schon gar nichts von diesem Weber. Aber Dr. Bergheim lächelte sie so liebevoll an, dass sie nur mit dem Kopf nickte.

      »Wenn Sie es für richtig halten. Ich mache das, was Sie mir sagen, weil ich denke, ich fahre gut dabei.«

      »Na, dann will ich unserem Verursacher allen Übels das Ganze mal beibiegen«, meinte Andy. Marie und Martha jubelten.

      »Marie komm mit. Wir gehen zu meinem früheren Zuhause. Wir suchen was aus für Tina. Du wirst dich wundern, was für schöne Sachen sie nun bekommt. Ich habe vieles selber geschneidert. Wie schön ist das. Meine Kleidung findet eine gute Verwendung, und ich bin begeistert. Ob Peter allerdings mitspielt, das ist sehr fraglich. Ich hoffe, Andy